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Steuern für Kapitalgesellschaften

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Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welche Steuern für Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, UG oder AG) in Deutschland anfallen. Insbesondere Existenzgründer bzw. Start-ups, die eine Kapitalgesellschaft gründen wollen, müssen die steuerlichen Grundlagen kennen, auch da es erhebliche Besteuerungsunterschiede gegenüber Personenunternehmen (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) gibt.

Die Besteuerung von Kapitalgesellschaften basiert in Deutschland auf dem sog. „Trennungsprinzip“, welches eine getrennte Besteuerung der Gesellschaft einerseits und ihres Gesellschafters andererseits anordnet. Das resultiert aus dem Umstand, dass Kapitalgesellschaften als selbstständige Steuersubjekte behandelt werden und einer eigenen Steuerart, nämlich der Körperschaftsteuer unterliegen, § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG.

Dieses wichtige Besteuerungsprinzip wird uns noch im Laufe dieser Beitragsreihe begleiten. Wegen des Trennungsprinzips geht es in diesem Teil erst einmal nur um die Besteuerung der Kapitalgesellschaft selbst, im nächsten dann um die Besteuerung des dahinterstehenden Gesellschafters.

Fremdvergleich zwischen Kapitalgesellschaften und Gesellschaftern

Der wesentlichste Unterschied zur Besteuerung von Personenunternehmen besteht darin, dass sich die Kapitalgesellschaft und der Gesellschafter wie fremde Dritte gegenüber stehen und genauestens darauf geachtet werden muss, dass dieser Fremdvergleichsgrundsatz auch eingehalten wird.

Das wird bspw. am Vergleich mit den Entnahmen und Einlagen bei Personenunternehmen deutlich. Damit können Einzelunternehmer oder Gesellschafter von Personengesellschaften (Mitunternehmer) flexibel Betriebsvermögen (bspw. Geld, Waren und Dienstleistungen) in ihr Privatvermögen überführen. Entnahmen und Einlagen gibt es in dieser Form bei Kapitalgesellschaften jedoch nicht. Denn ein fremder Dritter würde auch nicht zulassen, dass sich eine andere Person ohne Gegenleistung am eigenen Betriebsvermögen bedient. Umgekehrt würde ein fremder Dritter ohne Gegenleistung auch nichts in ein fremdes Betriebsvermögen einbringen.

Steuern für Kapitalgesellschaften Fremdvergleich
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Immer wenn also die Frage „Würden fremde Dritte unter vergleichbaren Umständen genauso handeln?“ verneint wird, liegt meistens auch eine unangemessene Vermögensverschiebung zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter vor. Das Körperschaftsteuerrecht erkennt unangemessene Vermögensverschiebungen in der Regel nicht an. Stattdessen werden die Steuerfolgen fingiert, die sich ergeben hätten, wenn alle Beteiligten sich wie fremde Dritte zueinander verhalten hätten. Man spricht in diesem Fällen von „verdeckten Gewinnausschüttungen“ und „verdeckten Einlagen“, § 8 Abs. 3 Satz 2 und 3 KStG.

Es gibt zahlreiche Konstellationen, die Anlass für die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen (bspw. Gesellschaft trägt private Kosten, zu hohe Gehaltszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer) oder verdeckter Einlagen (bspw. Gesellschafter trägt Kosten der Gesellschaft) sind. Es gibt aber aufgrund der theoretischen Konzeption dieser Rechtsinstitute auch einige Ausnahmen. Ohne steuerliche Auswirkung bleibt bspw., wenn der Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft Wirtschaftsgüter verbilligt  oder kostenfrei zur Verfügung stellt oder der Gesellschafter-Geschäftsführer ein zu geringes Gehalt vereinbart. Das Thema ist jedoch komplex und streitanfällig bei den Finanzbehörden. Auf die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes muss stets geachtet werden.

Relevante Steuern für Kapitalgesellschaften

Die relevanten Steuern für Kapitalgesellschaften setzen sich im Wesentlichen aus der Körperschaft- und der Gewerbesteuer zusammen.

Die Körperschaftsteuer beträgt 15% vom zu versteuernden Einkommen, § 23 Abs. 1 KStG. Das zu versteuernde Einkommen ist wirtschaftlich gesehen der steuerliche Gewinn, der nach den besonderen  Vorschriften für Kapitalgesellschaften modifiziert wurde. Zum Körperschaftsteuersatz fällt zusätzlich Solidaritätszuschlag i.H.v. 5,5% an, sodass sich insoweit eine zusätzliche Steuerbelastung von 0,825% des zu versteuernden Einkommens ergibt (= 15% x 5,5%).

Daneben unterliegen Kapitalgesellschaften auch der Gewerbesteuer, § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 GewStG. Der Gewerbeertrag ist die Ausgangsgröße für die Gewerbesteuer, wirtschaftlich gesehen also der steuerliche Gewinn, der nach den gewerbesteuerlichen Vorschriften modifiziert wurde. Die Gewerbesteuer berechnet sich auf Basis eines Steuermessbetrags, der 3,5% des Gewerbeertrags beträgt, § 11 Abs. 1 und 2 GewStG. Während die Ermittlungsweise des Steuermessbetrags bis hierhin für alle Gewerbebetriebe identisch ist, hängt die endgültige Höhe der Gewerbesteuer dann noch von dem Gewerbesteuer-Hebesatz ab, der von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich ist, § 16 Abs. 1 GewStG. Bei einem Hebesatz von 400% beträgt die Gewerbesteuer nominell 14% (= 3,5% Gewerbeertrag x 400%), was lange Zeit auch in etwa dem durchschnittlichen Gewerbesteuer-Hebesatz in Deutschland entsprach.[1]

Der kumulierte nominelle Steuersatz einer Kapitalgesellschaft beträgt damit insgesamt rund 29,825% (15% Körperschaftsteuer + 0,825% Solidaritätszuschlag + 14% Gewerbesteuer).

Hinweis: Kapitalgesellschaften sind Formkaufleute i.S.d. § 6 HGB, d.h. sie sind schon von Gesetzes wegen zur Erstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet, der mindestens aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung besteht (s. unser Blog-Beitrag zur Rechtsformwahl unter Punkt 5.3). Damit ist eine doppelte Buchführung nach den gesetzlichen Vorschriften erforderlich, die Gründer keinesfalls unterschätzen dürfen (s. unser Blog-Beitrag zu Steuern für Personenunternehmen unter Punkt 2.2). Der Gewinn / Verlust gem. Handelsbilanz ist Ausgangsgröße für den steuerlichen Gewinn, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 1 KStG.

Gewinnausschüttungen an Gesellschafter von Kapitalgesellschaften

Die erzielten Unternehmensgewinne gelangen erst durch Gewinnausschüttungen auf die Ebene des Gesellschafters. Das kann sowohl offen als auch verdeckt (s. Einführung) erfolgen. Offene Gewinnausschüttungen sind Ausschüttungen, die auf den gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsvorschriften beruhen.[2] Verdeckte Gewinnausschüttungen sind Vermögensminderungen oder verhinderte Vermögensmehrungen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst (d.h. nicht fremdüblich) sind, sich auf den Gewinn ausgewirkt haben und nicht auf den gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsvorschriften beruhen, R 8.5 Abs. 1 KStR. Egal ob offen oder verdeckt, Gewinnausschüttungen sind bei der Kapitalgesellschaft nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig und dürfen das Einkommen nicht mindern, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 KStG. Dies gilt auch für den Gewerbeertrag, § 7 Satz 1 GewStG.

Die Kapitalgesellschaft ist dazu verpflichtet, für Rechnung des Gesellschafters 25% der Gewinnausschüttung (zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) als Kapitalertragsteuer einzubehalten, anzumelden und an das Finanzamt abzuführen.

Steuern für Kapitalgesellschaften Gewinnausschüttung an Gesellschafter
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Umgang mit Verlusten bei Kapitalgesellschaften

Die Gesellschafter dürfen die Verluste der Kapitalgesellschaft nicht nutzen, das würde gegen das Trennungsprinzip verstoßen. Nur die Kapitalgesellschaft selbst darf die Verluste nutzen, die sie erlitten hat. In Verlustsituationen ist diese Sperrwirkung ein Nachteil gegenüber Personenunternehmen, insbesondere wenn der Gesellschafter selbst einkommensteuerpflichtige Einkünfte erzielt.

Entstehen in einem Steuerjahr Verluste, können diese im Rahmen der Körperschaftsteuer bis zu einem Betrag von 10 Mio. EUR in das letzte Steuerjahr zurückgetragen und mit dortigen Gewinnen verrechnet werden (Verlustrücktrag), § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG. Dieser Verlustrücktrag gilt aber nicht für die Gewerbesteuer.

Danach noch nicht ausgeglichene Verluste werden vom Finanzamt gesondert festgestellt und können mit Gewinnen in den Folgejahren verrechnet werden (Verlustvortrag), § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG, § 10a Satz 6 GewStG. Dabei sind die besonderen Regeln der sog. „Mindestbesteuerung“ zu beachten. Demnach können Verlustvorträge nur bis zur Höhe von 1 Mio. € (Sockelbetrag) unbegrenzt mit Gewinnen verrechnet werden, darüber hinaus nur in Höhe von maximal 60% des den Sockelbetrag noch übersteigenden Restgewinns, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG, § 10a Satz 6 GewStG.

Das Trennungsprinzip wird nur in Ausnahmefällen wie bei Gesellschafterwechseln durchbrochen. Nicht genutzte Verluste können vollständig untergehen, wenn ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt, also insbesondere wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50% des gezeichneten Kapitals auf einen neuen Gesellschafter übergehen, § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG, § 10a Satz 10 GewStG. Diese Norm ist jedoch sehr umstritten, da die Rechtfertigungsgründe des Gesetzgebers für eine so tiefgreifende Ausnahme vom Trennungsprinzip als nicht ausreichend angesehen werden.

Ausblick zu Steuern für Kapitalgesellschaften

Der Bundestag hat am 21.05.2021 beschlossen, das Körperschaftsteuerrecht zu modernisieren. Die daraus zu erwartenden Änderungen sind in diesem Blog-Beitrag nicht enthalten, da die Änderungen zum Redaktionsschluss noch nicht final fest standen.[3]


[1] S. hier.

[2] Vgl. Rengers, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 156. EL 2021, § 8 KStG Rn. 190.

[3] Vgl. https://dserver.bundestag.de/btd/19/286/1928656.pdf.

Steuern für Personenunternehmen

Steuern für Personenunternehmen, Einkommensteuer, Gewerbesteuer
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Welche Steuern für Personenunternehmen anfallen, d.h. Einzelunternehmen und Personengesellschaften, ist eine der häufigsten Fragen von Start-ups. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften sind die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer relevant. Wer Einzelunternehmer ist, erzielt höchstpersönlich einen Gewinn oder Verlust aus seinem Unternehmen und muss diesen auch selbst versteuern.

Bei Personengesellschaften ist das anders. Denn sie sind keine Steuersubjekte und deswegen auch nicht selbst einkommensteuerpflichtig. Personengesellschaften sind ertragsteuerlich transparent. Das bedeutet, dass sie nur für die Qualifikation und Ermittlung der Einkünfte erforderlich sind, welche den Mitgesellschaftern (sog. Mitunternehmer) anteilig zugerechnet werden. Das erfolgt im Rahmen der sog. „einheitlichen und gesonderten Feststellung“, §§ 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AO. Diesen anteiligen Gewinn und Verlust versteuern die Mitunternehmer im Rahmen der eigenen Einkommensteuererklärung selbst (Transparenzprinzip). Lediglich die Gewerbesteuer zahlt die Personengesellschaft selbst, § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG.

Dieser Blogpost verschafft einen Überblick darüber, welche Steuern für Personenunternehmen bei den Ertragsteuern relevant sind und welche Steuer-Aspekte zu beachten sind.

Qualifikation der Einkünfte von Personenunternehmen

Ob für eine Tätigkeit nur Einkommensteuer oder auch Gewerbesteuer anfällt, ist von der erzielten Gewinneinkunftsart abhängig, die sich wiederum aus der Qualifikation der Einkunftsart ergibt. Ausgangspunkt dieser Frage ist § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG, wo die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs definiert sind:

  • Selbstständige Tätigkeit (d.h. weisungsfrei),
  • nachhaltige Tätigkeit (d.h. mit Wiederholungsabsicht),
  • Gewinnerzielungsabsicht,
  • Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (d.h. mit Außenwirkung),
  • Tätigkeit zählt nicht als Land- und Forstwirtschaft i.S.d. § 13 EStG, Ausübung eines freien Berufs oder als selbständige Arbeit i.S.d. § 18 EStG.

Während Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die Ausnahme sind, kommen Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG häufiger vor. Als selbständige Arbeit werden grundsätzlich nur wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten angesehen, welchen eine gewisse akademische oder schöpferische Gestaltungshöhe zugesprochen wird. Das betrifft in aller Regel die sogenannten „Katalogberufe“ oder vergleichbare Tätigkeiten, zu welchen bspw. Steuerberater, Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten, Journalisten etc. zählen, § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Eine dieser Alternativen muss vorliegen, wobei im Zweifelsfall immer Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzunehmen sind. Dafür gibt es auch kein Wahlrecht, diese Einstufung nimmt das Finanzamt vor. Ein Steuerberater kann hier bei Zweifelsfällen argumentativ unterstützen, jedoch geben hier die Finanzämter den Takt vor. Die Frage der Einkünftequalifikation ist zentral bei den Steuern für Personenunternehmen.

Gewinnermittlung und Buchführung für Personenunternehmen

Buchführung für Personenunternehmen

Die Einkünfte sind bei einem Unternehmen immer der Gewinn, § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dafür müssen besondere Aufzeichnungen geführt werden, wobei es

  • die „doppelte Buchführung“ mit umfassendem Regelwerk und
  • die „einfache Buchführung“ mit erheblichen Vereinfachungen gibt.

Warnung: Viele Gründer sind der Auffassung, dass es sich hierbei um sehr einfache Tätigkeiten handelt, die man selbst übernehmen kann. Diese Auffassung ist jedoch eher ein Ergebnis des gelungenen Marketings der Anbieter von Buchführungs-Software. Richtig ist, dass die Buchführungstechnik („Wie muss ich buchen?“) einfach erlernt werden kann. Entscheidend für den Buchungsvorgang ist jedoch nicht die Buchungstechnik, sondern das Verständnis der Rechtslage („Was muss ich buchen?“). Das Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Einkommensteuer-, Gewerbe- und Körperschaftsteuerrecht, vor allem aber das Umsatzsteuerrecht (Umsatzsteuer-Voranmeldungen basieren auf der Buchführung) wirklich zu verstehen, die Rechtsänderungen zu verfolgen und die richtigen Konsequenzen zu ziehen, unterschätzen Start-ups leider regelmäßig erheblich.

Steuern für Personenunternehmen, Buchführung, Buchhaltung
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Doppelte Buchführung

Grundsätzlich wird der Gewinn durch einen Betriebsvermögensvergleich ermittelt, § 4 Abs. 1 EStG. Dafür ist die sogenannte „doppelte Buchführung“ erforderlich, d.h.

  • entweder es besteht wegen der Kaufmannseigenschaft nach den handelsrechtlichen Vorschriften gem. §§ 238 ff HGB i.V.m. § 140 AO eine Buchführungspflicht
  • oder es besteht eine eigenständige steuerrechtliche Buchführungspflicht nach § 141 AO für Nicht-Kaufleute.

Eine doppelte Buchführung ist aufwändiger als die einfache Buchführung, da sie explizit gesetzlich geregelt ist und eigenen Regeln folgt, die sich aus unterschiedlichen Gesetzen ergeben (insb. handelsrechtliche Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung wie etwa Periodenabgrenzung, Vorsichtsprinzip, Stichtagsprinzip etc.). Die doppelte Buchführung schließt mindestens mit der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ab.

Praxishinweis: Kleinunternehmen mit einem Gewinn bis 60.000 € bzw. Umsatzerlösen bis 600.000 € sind grundsätzlich nicht zu einer doppelten Buchführung verpflichtet, § 241a HGB, § 141 Abs. 1 AO. Darauf lässt sich manchmal gezielt Einfluss nehmen.

Einfache Buchführung

Besteht keine Pflicht zur doppelten Buchführung, wird der Gewinn durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, d.h. eine „einfache Buchführung“, § 4 Abs. 3 EStG. Auch für die einfache Buchführung gibt es eigene Regeln (insb. Zufluss-Abfluss-Prinzip) und auch hier müssen Aufzeichnungen geführt werden. Wie diese Aufzeichnungen zu führen sind, ist jedoch nicht geregelt, sodass im Grunde auch eine Excel-Tabelle hierfür reicht.

Praxishinweis: Bei der doppelten Buchführung wäre eine Excel-Tabelle hingegen ein so gravierender Mangel, dass sie direkt verworfen würde. Daran zeigen sich die Erleichterungen der einfachen Buchführung.

Grundsatz der zeitnahen Besteuerung

Steuern für Personenunternehmen fallen grundsätzlich unabhängig davon an, ob Gewinne aus dem Unternehmen entnommen werden (Grundsatz der zeitnahen Besteuerung). Auch bei Personengesellschaften werden Gewinnanteile ungeachtet dessen ob sie entnommen oder in der Gesellschaft belassen werden, im Jahr der Entstehung auf Ebene der Gesellschafter versteuert.[1]

Besonderheiten für Personengesellschaften

Gewerblichkeit ist der Regelfall

Steuern für Personenunternehmen werden dann kompliziert, wenn Personengesellschaften betroffen sind. Die Gesellschafter einer gewerblich tätigen GbR, OHG oder KG (sogenannte Mitunternehmerschaft) erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Die Gesellschafter müssen nach vorgegebenen steuerlichen Kriterien unternehmerisch tätig sein, damit sie als Mitunternehmer zählen:

  • Mitunternehmerinitiative: Die Gesellschafter entfalten Mitunternehmerinitiative, wenn sie unternehmerischen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Personengesellschaft nehmen können, z.B. durch Mitwirkungs-, Informations- und Kontrollrechte.
  • Mitunternehmerrisiko: Die Gesellschafter tragen Mitunternehmerrisiko, wenn sie an den Chancen und Risiken ihres Gewerbebetriebs wirtschaftlich teilhaben,

Personengesellschaften sind im Regelfall gewerblich tätig, wenn sie nicht nur ihr eigenes Vermögen verwalten. Das zeigt sich auch daran, dass es für Personengesellschaften Sondervorschriften gibt, durch die Einkünfte aus anderen Einkunftsarten in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden:

  • Abfärbetheorie: Wird nur teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, gelten sämtliche Einkünfte als gewerblich, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
  • Gewerblich geprägte Personengesellschaft: Die Tätigkeit einer GmbH & Co. KG gilt dagegen stets als gewerblich, wenn die GmbH Komplementärin ist und nur diese oder Nichtgesellschafter zur Geschäftsführung befugt sind, § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.
Steuern für Personenunternehmen, Gewerbe, Gewerbebetrieb
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Umfang des Betriebsvermögens

Das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft umfasst das Gesamthandsvermögen und das Sonderbetriebsvermögen, R 4.2 Abs. 2 Satz 1 EStR. Das steuerliche Gesamthandsvermögen umfasst grundsätzlich das handelsrechtliche Betriebsvermögen.[2] Zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen zählen Wirtschaftsgüter, die im zivilrechtlichen Eigentum der Mitunternehmer stehen und unmittelbar dem Betrieb der Mitunternehmerschaft (Sonderbetriebsvermögen I) bzw. unmittelbar der Begründung oder Stärkung der Mitunternehmerstellung  (Sonderbetriebsvermögen II) dienen, R 4.2 Abs. 2 Satz 2 EStR.

Beispiel: A und B sind Mitunternehmer der AB-OHG. Die AB-OHG betreibt eine Unternehmensberatung in einer Gewerbeimmobilie, die A gehört. B hat der AB-OHG ein Darlehen zur weiteren Geschäftsexpansion gewährt. Die Wirtschaftsgüter Immobilie und Darlehen dienen unmittelbar dem Betrieb der AB-OHG. Sie stellen Sonderbetriebsvermögen I der Gesellschafter A (Immobilie) und B (Darlehen) dar.

Gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen können alle Wirtschaftsgüter sein, die objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, den Gewerbebetrieb der Mitunternehmerschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder die Mitunternehmerstellung (Sonderbetriebsvermögen II) zu fördern, R 4.2 Abs. 2 Satz 3 EStR. Im Rahmen der Steuerbilanz sind die gesamthänderisch gebundenen Wirtschaftsgüter in einer Gesamthandsbilanz und das Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer in Sonderbilanzen als Betriebsvermögen auszuweisen.[3]

Von den Sonderbilanzen sind die Ergänzungsbilanzen zu unterscheiden. In bestimmten Konstellationen ist es möglich, dass das Kapitalkonto eines Mitunternehmers in der Gesamthandsbilanz nicht mit seinem tatsächlichen steuerlichen Eigenkapital übereinstimmt.[4] In diesen Fällen werden Ergänzungsbilanzen gebildet, um die Wertansätze einzelner Wirtschaftsgüter für den betreffenden Mitunternehmer wertmäßig zu korrigieren.[5]

Beispiel: B hatte sich vor einigen Jahren in das Unternehmen des A eingekauft, woraus die AB-OHG entstanden ist. B hatte dem A einen Kaufpreis gezahlt, der vollständig auf einen Geschäftswert (Kundenbeziehungen) entfallen ist. Da B alleine einen Teil des Geschäftswerts gekauft hat, ist dieser wertmäßig in der Ergänzungsbilanz des B zu erfassen.

Steuern für Personenunternehmen, Betriebsvermögen
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Zweistufige Gewinnermittlung

Der Gewinnanteil eines Mitunternehmers umfasst seinen Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 HS 1 EStG.[6] Daneben gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Sondervergütungen, welche die Mitunternehmer für Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen haben, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 HS 2 EStG.[7] Zivilrechtliche Austauschverträge zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern sind steuerlich nicht anzuerkennen, weshalb die Sondervergütungen den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft nicht mindern dürfen.[8]

Beispiel: Die AB-OHG aus dem obigen Beispiel erzielt einen handelsrechtlichen Jahresüberschuss von 100 TEUR. Davon abgezogen sind bereits Geschäftsführungsvergütungen von jeweils 50 TEUR für A und B. Handelsrechtlich bleibt es zwar beim Jahresüberschuss von 100 TEUR, steuerlich erhöht sich der Gewinn aber um die Tätigkeitsvergütungen, da diese nicht abzugsfähig sind. Der steuerliche Gewinn beträgt 200 TEUR (= 100 TEUR + 50 TEUR + 50 TEUR) und entfällt je zu 50% auf A und B.

Die mitunternehmerischen Einkünfte umfassen daneben alle Einnahmen und Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers (Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben).[9]

Beispiel: Die AB-OHG hat A 20 TEUR für die Immobilienmiete an B 5 TEUR für die Darlehenszinsen gezahlt. A sind im Zusammenhang mit seiner Immobilie 10 TEUR Kosten entstanden, B hatte keine Kosten. Da die Vergütungen an A und B aus ihrem Sonderbetriebsvermögen I resultieren, erhöhen diese als Sonderbetriebseinnahmen den steuerlichen Gewinn der Mitunternehmerschaft (A 20 TEUR + B 5 TEUR). A darf dafür auch seine Kosten als Sonderbetriebsausgaben abziehen (A ./. 10 TEUR). Der Gewinnanteil von A erhöht sich per Saldo um 10 TEUR (20 TEUR ./. 10 TEUR) und der Gewinnanteil von B um 5 TEUR).

Die Gewinnermittlung erfolgt zweistufig. Auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung wird der gesamthänderisch erzielte Steuerbilanzgewinn entsprechend der Beteiligungsverhältnisse einschließlich etwaiger Ergänzungsbilanzen auf die Mitunternehmer verteilt.[10]

Beispiel zur 1. Stufe: Der steuerliche Gewinn der AB-OHG aus dem obigen Beispiel beträgt 200 TEUR, wovon jeweils 50% auf A und B entfallen. B sind durch die Abschreibung seines Geschäftswerts aus der Ergänzungsbilanz Aufwendungen von ./. 10 TEUR entstanden. Die Gewinnanteile aus der ersten Stufe lauten: A 100 TEUR und B 90 TEUR (100 TEUR ./. TEUR).

Auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung werden die Sondervergütungen, Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben bei den einzelnen Mitunternehmern berücksichtigt.[11]

Beispiel zur 2. Stufe: Die Gewinnanteile von A und B erhöhen sich um die o.g. Sonderbilanzergebnisse, d.h. bei A um + 10 TEUR auf insgesamt 110 TEUR und bei B um 5 TEUR auf insgesamt 95 TEUR. Diese Gewinne müssen A und B versteuern.

 Beträge in TEURAB-OHGdavon Adavon B
+Jahresüberschuss Handelsbilanz1005050
+Tätigkeitsvergütung Geschäftsführung1005050
./.Abschreibung Geschäftswert B10010
=1. Stufe19010090
+Mieteinnahmen A20200
./.Aufwendungen Immobilie A10100
+Zinseinnahmen B505
=2. Stufe15105
=Steuerlicher Gewinn20511095
Zusammenfassendes Beispiel Gewinnermittlung Mitunternehmerschaft

Verlustnutzung nur beim Mitunternehmer

Sollte dem Mitunternehmer kein Gewinn, sondern ein Verlust zugerechnet werden, so kann auch ein Verlustabzug i.S.d. § 10d EStG nur in der Einkommen- / Körperschaftsteuererklärung des Gesellschafters selbst berücksichtigt werden.[12] Der einem Kommanditisten zuzurechnende Verlustanteil darf hingegen nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen oder nach § 10d EStG abgezogen werden, soweit für ihn ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG. Die Verlustverrechnung bei Kommanditisten ist also nicht uneingeschränkt möglich.

Unterliegt der Gesellschafter selbst der Gewerbesteuer, werden Verlustanteile aus Mitunternehmerschaften für den Gewerbeertrag nicht berücksichtigt, § 8 Nr. 8 GewStG.

Gewerbesteuer für Personenunternehmen

Freibetrag für Personenunternehmen

Bei den Steuern für Personenunternehmen ist meistens auch die Gewerbesteuer wichtig. Denn ob eine gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes vorliegt, ist hauptsächlich für die Frage relevant, ob auch Gewerbesteuer zu zahlen ist oder nicht. Handelt es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG, ist keine Gewerbesteuer zu zahlen. Handelt es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG, dagegen schon, § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Das umfasst auch die gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft, deren Gesamtgewinn Ausgangsgröße für die Ermittlung der Gewerbesteuer ist.[13] Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ist bei Personenunternehmen ein Freibetrag von 24.500 € zu berücksichtigen, § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG.

Besonderheiten für Gewerbeverluste bei Personengesellschaften

Ein Gewerbeverlust i.S.d. § 10a GewStG kann hierbei nur dann berücksichtigt werden, wenn die Personengesellschaft im Verlustabzugsjahr im Vergleich zum Verlustentstehungsjahr Unternehmensidentität aufweist.[14] Eine weitere Voraussetzung ist die Unternehmeridentität, wonach ein Mitunternehmer nur dann Verluste nutzen darf, wenn ihm diese selbst entstanden sind.[15]

Gewerbesteueranrechnung für Personenunternehmen

Ist der Gesellschafter eine natürliche Person, kann die vom Einzelunternehmer oder der Personengesellschaft gezahlte Gewerbesteuer auf die tarifliche Einkommensteuer angerechnet werden, soweit sie anteilig auf gewerbliche Einkünfte entfällt, § 35 Abs. 1 EStG. Es wird die Gewerbesteuer zugrunde gelegt, welche sich bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 400% auf Basis des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags für den Gesellschafter ergeben würde, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG. Die Gewerbesteueranrechnung  ist  auf  die  tatsächlich  zu  zahlende  Gewerbesteuer beschränkt, § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG.

Unterliegt der Gesellschafter selbst der Gewerbesteuer, so werden Gewinnanteile an einer Mitunternehmerschaft bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht berücksichtigt, § 9 Nr. 2 GewStG.

Veräußerung / Aufgabe von Personenunternehmen

Die Veräußerung eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Daneben führt auch die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Die Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Mitunternehmeranteils ist der Veräußerung gleichgestellt, § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG. Der Veräußerungsgewinn wird jeweils nach Maßgabe von § 16 Abs. 2 EStG ermittelt. Ist der Veräußerer eine natürliche Person, ist der Veräußerungsgewinn unter den Voraussetzungen der §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 1 und 3 EStG steuerlich begünstigt. Entsteht dabei ein Veräußerungsverlust, so kann dieser nach § 10d EStG auf Ebene des Gesellschafters mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden. Der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils zählt nicht zu dem Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft, soweit er auf eine natürliche Person entfällt, § 7 Satz 2 Nr. 1 und 2 EStG.

Steuern für Personenunternehmen, Veräußerung, Aufgabe
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Fazit für Personenunternehmen

Steuern für Personenunternehmen unterliegen anderen Regeln als bei Kapitalgesellschaften. Tatsächlich sind die Steuern für Personenunternehmen vergleichsweise einfach beherrschbar, wenn es sich um Einzelpersonen handelt, die ein Einzelunternehmen betreiben. Reicht die Gewinnermittlung in Form einer einfachen Buchführung im Rahmen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung, ist der steuerliche Verwaltungsaufwand geringer, da weniger Sonderregelungen zu beachten sind. Für Gründer ist das die einfachste Rechtsform, um ihr Unternehmen zu betreiben.

Komplizierter werden Steuern für Personenunternehmen, wenn Personengesellschaften vorliegen und / oder die Gewinnermittlung in Form einer doppelten Buchführung inklusive Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung vorzunehmen ist. Gründer sollten eine doppelte Buchführung nicht selbst übernehmen, da sie die Vielzahl der rechtlichen Hintergründe des Handels-, Gesellschafts- und Steuerrechts nur selten überblicken können. Hier hilft ein Steuerberater, genauso wie bei Steuererklärungen für Personengesellschaften. Diese weisen eine ganze Reihe an steuerlichen Besonderheiten auf und zählen ertragsteuerlich zu den kompliziertesten Rechtsformen in Deutschland.

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[1] Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Personengesellschaften, 2013, S. 34.

[2] Vgl. Zimmermann/Hottmann/Kiebele et al., Personengesellschaft, 2013, S. 111.

[3] Vgl. Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 15 EStG Rz. 242.

[4] Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Personengesellschaften, 2013, S. 91.

[5] Vgl. ebenda.

[6] Vgl. Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 15 EStG Rz. 486.

[7] Vgl. ebenda.

[8] Vgl. Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 15 EStG Rz. 487.

[9] Vgl. Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 15 EStG Rz. 529.

[10] Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Personengesellschaften, 2013, S. 62.

[11] Vgl. ebenda.

[12] Vgl. Schlenker, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 10d EStG Rz. 47.

[13] Vgl. Zimmermann/Hottmann/Kiebele et al., Personengesellschaft, 2013, S. 384.

[14] Vgl. Drüen, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 10a GewStG Rz. 45.

[15] Vgl. Drüen, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 10a GewStG Rz. 61.

Besteuerung von Twitch-Donations

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Die Frage nach der Besteuerung von Twitch-Donations wird ausgesprochen häufig gestellt. Es kursieren dazu leider viele Halbwahrheiten im Netz. Konkrete Antworten gibt es nur selten und wenn, dann wird regelmäßig die Umsatzbesteuerung außer Acht gelassen. Dafür gibt es auch einen guten Grund. Die Frage nach der Besteuerung von Twitch-Donations ist deswegen so spannend, da sie nicht pauschal beantwortet werden kann und insbesondere bei der Umsatzsteuer zahlreiche Probleme aufwirft.

Donations gibt es nicht nur bei Twitch, sondern bspw. auch bei YouTube, doch zum besseren Verständnis bleiben wir bei diesem Beispiel. Die Idee von Twitch ist, dass die Nutzer Videospiele online spielen und die Community das Gameplay live und hautnah miterleben kann. Die Plattform ist interaktiv ausgestaltet und erlaubt

  • Gruppenchats mit dem Streamer,
  • kostenpflichtige Kanal-Abonnements,
  • freiwillige „Spendenzahlungen“ (Donations) an den Streamer.

Der Twitch-Streamer freut sich darüber zwar, aber hier fangen die ersten steuerlichen Irritationen an. Freiwillige Geldzahlungen könnten vielleicht eine Schenkung sein, sind aber bestimmt nicht einkommensteuer- oder gewerbesteuerpflichtig und ganz sicher nicht umsatzsteuerpflichtig, oder?

Die schlechte Nachricht vorweg: Die Besteuerung von Twitch-Donations richtet sich nach den allgemeinen Regelungen. Denn hier gelten keine besonderen Ausnahmen gegenüber anderen Einnahmen auch. Wie das konkret stattfindet, dazu gibt es sicher nicht nur eine Meinung, zumal Twitch-Donations in der Fachliteratur bislang nicht ernstzunehmend diskutiert wurden. Ebenso fehlt Rechtsprechung zu diesem Thema. Unsere Praxiserfahrungen aus einer Betriebsprüfung sind in diesen Beitrag eingeflossen.

Sind Twitch-Donations eine Schenkung oder eine Betriebseinnahme?

Erhält ein inländischer Twitch-Streamer eine Donation, könnte diese grundsätzlich eine Schenkung unter Lebenden sein (sog. freigebige Zuwendung, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), wenn sie keine einkommen- und gewerbesteuerpflichtige Betriebseinnahme darstellt. Diese „Entweder-Oder“-Schlussfolgerung ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz, dass keine unzulässige Doppelbesteuerung vorliegen darf.

In diesem Fall lässt sich die Frage jedoch eindeutig beantworten. Wer eine Donation zahlt, will den Streamer nicht beschenken, sondern dessen Unterhaltungswert würdigen. Wer als Streamer einen Weg dafür einrichtet, Geldzahlungen über eine Plattform entgegenzunehmen, will sich auch nicht „beschenken“ lassen, sondern Geld damit verdienen. Der Twitch-Streamer bietet Entertainment und überlässt es dem Zuschauer, ob und wie viel dieser dafür zahlt, das gehört zum Geschäftsmodell der Plattform. Kaum ein Twitch-Streamer könnte es sich auf Dauer leisten, ganz ohne Gegenleistung umfassenden Content anzubieten. Im Ergebnis nimmt ein Twitch-Streamer Donations also zur Einkünfteerzielung an und erzielt damit Betriebseinnahmen.

Echte Spenden darf zudem nur entgegennehmen, wer beim Finanzamt das dafür vorgesehene Anerkennungsverfahren erfolgreich durchlaufen hat. Gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke lassen sich mit Twitch kaum verwirklichen.

Trinkgelder können einkommensteuerfrei sein, Twitch-Donations auch?

Da nun geklärt ist, dass Donations eine Betriebseinnahme darstellen, stellt sich die Frage nach der Ertragsbesteuerung. Die Tätigkeit von Twitch-Streamern ist als gewerblich zu klassifizieren, d.h. sie erzielen einkommen- und gewerbesteuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG.

Wer sich im Einkommensteuerrecht etwas näher auskennt, hat aber vielleicht schon einmal davon gehört, dass Trinkgelder steuerfrei sein können. Nicht unberechtigt ist also die Frage, ob auch Donations steuerfrei sein können, immerhin handelt es sich hier ja auch um freiwillige Geldleistungen, die über die erforderliche Gegenleistung hinaus gezahlt werden. Dazu lohnt es sich, den Gesetzestext zu lesen:

§ 3 Nr. 51 EStG: „Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;“

Der Gesetzestext macht es schon deutlich, die Steuerbefreiung für Trinkgelder gilt nur für Arbeitnehmer, nicht aber für Unternehmer. Nur in Ausnahmefällen wird es angestellte Twitch-Streamer geben, die für Ihren Arbeitgeber streamen und die Donations behalten dürfen. In einem solchen Fall wäre die Steuerbefreiung unseres Erachtens zu gewähren. Für einen gewerblich tätigen Twitch-Streamer gilt das jedoch nicht. Hier stellen auch „Trinkgelder“ voll steuerpflichtige Betriebseinnahmen dar.[1] Die Besteuerung von Twitch-Donations ist bis hierhin eindeutig.

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Hinweis: In Einzelfällen ist sicher denkbar, dass ein nicht über Twitch tätiger Streamer mit Donation-Einnahmen auch eine Tätigkeit aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG ausübt.

Die Umsatzsteuer bei Twitch-Donations ist ein heikles Thema

Zweifel an der Steuerbarkeit von Twitch-Donations

Die Besteuerung von Twitch-Donations wird bei der Umsatzsteuer kompliziert. Denn es gibt Zweifel an der Steuerbarkeit. Demnach setzt ein umsatzsteuerrelevanter Vorgang voraus, dass ein Leistungsaustausch vorliegt, d.h. eine innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, Abschn. 1.1 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStAE. Leistung in diesem Sinne wäre der Content des Streamers, Gegenleistung die Donation des Spenders. Wenn jedoch jemand freiwillig Geld zahlt und dafür nicht mehr erhält als jemand, der überhaupt nichts zahlt, drängt sich ein solcher wechselseitiger Zusammenhang und eine innere Verknüpfung nicht zwangsläufig auf.

Auch der EuGH hatte einmal in einer ähnlichen Konstellation zu entscheiden. Hier ging es um das Straßenmusiker-Urteil in der Sache „Tolsma“.[2] Der EuGH hielt die Zahlungen der Passanten jedoch für keine Gegenleistung an den Straßenmusiker für dessen musikalische Darbietung. Begründet wurde das damit, dass die Zahlungen freiwillig waren und dass nicht zwangsläufig ein wechselseitiger Zusammenhang gegeben war. Manche Passanten legten nämlich bspw. aus sozialen Gründen zwar Geld in die Sammelbüchse, gingen jedoch weiter. Manche Passanten zahlten nichts, hörten sich die Musik aber an. Deswegen ist es unseres Erachtens auch zweifelhaft, ob Donations für sich genommen überhaupt umsatzsteuerbar, sprich umsatzsteuerrelevant sind.

Im Ergebnis wird jedoch in vielen Fällen trotzdem eine Umsatzsteuerpflicht der Donations gegeben sein, da der Twitch-Streamer im Regelfall noch kostenpflichtige Zusatz-Leistungen anbietet, insbesondere Subs (Kurzform für „Subscriptions“, d.h. kostenpflichtige Abonnements des Channels). Der Anreiz für einen Abonnenten, hierfür Geld auszugeben, besteht darin, dem Twitch-Streamer näher zu sein als andere. Der Streamer muss dafür aber auch Zusatz-Leistungen anbieten, bspw. durch bessere Interaktionsmöglichkeiten zwischen Abonnenten und Streamer gegenüber Nicht-Abonnenten (bspw. Zusatz-Rechte im Chat, exklusive Community-Events).

In so einem Fall besteht unzweifelhaft eine innere Verknüpfung zwischen Leistung (Abo) und Gegenleistung (Abo-Gebühr). Werden dann zusätzlich noch Donations von Abonnenten geleistet, muss dieses freiwillige Zusatz-Entgelt grundsätzlich auch in die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage der Abo-Gebühr einbezogen werden, § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Die Finanzverwaltung stellt das unter Verweis auf die BFH-Rechtsprechung ausdrücklich klar.[3] Wenn jedoch Nicht-Abonnenten Donations leisten, ist hier keine solche Verknüpfung gegeben.

Heißt das jetzt, dass Donations von Abonnenten umsatzsteuerrelevant sind und Donations von Nicht-Abonnenten nicht? Unseres Erachtens ja. Allerdings muss der Streamer seine Twitch-Donations auch so sauber auftrennen können, um dem Finanzamt gegenüber einen Nachweis zu führen. Die Besteuerung von Twitch-Donations hängt deswegen bei der Umsatzsteuer sehr von den vorhandenen Nachweisen ab.

Ort der Leistungsausführung für Twitch-Donations und elektronische Leistungen

Ob ein Leistungsaustausch und damit eine Umsatzsteuerrelevanz vorliegt, hängt nicht nur vom Leistungsaustausch ab, sondern von weiteren Tatbestandsmerkmalen. Wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, spricht man von der sogenannten „Steuerbarkeit“:

  1. Leistung (Streaming-Leistungen sind sonstige Leistungen),
  2. durch einen Unternehmer (Streamer sind im Regelfall Unternehmer),
  3. im Inland (das ist nach umsatzsteuerlichen Regeln zu bestimmen),
  4. gegen Entgelt (Leistungsaustausch erforderlich, s.o.),
  5. im Rahmen seines Unternehmens (liegt vor).

Probleme bereitet hier das Kriterium „im Inland“, denn die Ortsbestimmung ist komplex und nur wenn eine Leistung auch in Deutschland als ausgeführt gilt, kann ein Steueranspruch des deutschen Fiskus bestehen. Es ist ein wesentliches Merkmal von Livestreams und Videos, dass diese auf elektronischem Wege über das Internet abgerufen werden. Gerade im Bereich von Gameplay-Inhalten darf unterstellt werden, dass diese von Privatpersonen (bzw. Unternehmern außerhalb ihres Unternehmens, d.h. ebenso privat) konsumiert werden. Das steht auch in Übereinstimmung mit dem geltenden EU-Recht. Denn nach Art. 18 Abs. 2 MwStVO darf der Streamer davon ausgehen, dass der Zuschauer eine Privatperson ist, solange keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vorgelegt wird.

Daher wäre als Ortsbestimmung der sonstigen Leistung der Wohnsitz, gewöhnliche Aufenthaltsort oder Sitz des Zuschauers maßgebend, § 3a Abs. 5 Satz 1 und 2 Nr. 3 UStG. Sprich, sitzt der Zuschauer eines deutschen Streamers in Österreich, müsste der Streamer sich normalerweise in Österreich umsatzsteuerlich registrieren und dort österreichische Umsatzsteuer zahlen. Glücklicherweise wurde dies innerhalb der EU mit der Einführung des sog. MOSS-Verfahrens (Mini One Stop Shop, § 18h UStG) vereinfacht. Im Inland ansässige Unternehmer können Ihre ausländischen Umsatzsteuerpflichten durch eine besondere Steuererklärung beim deutschen Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erfüllen.[4]

Regelmäßig besteht jedoch keine verlässliche Möglichkeit nachzuvollziehen, wo die Zuschauer ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthaltsort oder Sitz haben. Typischerweise treten die Zuschauer zudem mit einem Pseudonym auf.

Wenig hilfreich ist es da auch, dass die oben zitierte Rechtsnorm in § 3a Abs. 5 Satz 3 UStG noch einen Schwellenwert für die Ortsbestimmung definiert. Die Norm wurde gerade erst im Rahmen der Neuregelungen zum MOSS-Verfahren erweitert. Sie regelt im Kern Folgendes:

  • Der Twitch-Streamer versteuert sämtliche Twitch-Umsätze in Deutschland, wenn
  • er nur in einem EU-Staat steuerlich ansässig ist
  • und sämtliche elektronisch erbrachten Leistungen (d.h. nicht nur Donations) an Zuschauer im EU-Ausland im letzten Jahr weniger als 10.000 € netto betragen haben,
  • und der Schwellenwert von 10.000 € netto im aktuellen Kalenderjahr nicht überschritten wird.
  • Innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 UStG (bspw. aus Merchandise-Verkäufen) sind in die Schwellenwert-Berechnung einzubeziehen.

Die Norm legt damit in einer unnötig komplizierten Art und Weise fest, dass sich die Ortsbestimmung für Streaming-Leistungen nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG richtet, wenn die Ortsbestimmung für auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen nicht angewandt wird. Mit anderen Worten: Betreibt der Twitch-Streamer sein Unternehmen von Deutschland aus, muss er die elektronisch erbrachten Umsätze auch in Deutschland versteuern, solange diese 10.000 € netto nicht überschreiten.

Der Twitch-Streamer kann auch beim Finanzamt darauf verzichten, den Schwellenwert anzuwenden, ist dafür dann aber mindestens zwei Kalenderjahre an diese Entscheidung gebunden, § 3a Abs. 5 Satz 4 und 5 UStG. Der Twitch-Streamer würde damit direkt von Anfang an zum MOSS-Verfahren optieren.

Praxishinweis: Kleinunternehmer haben hier kaum Vorteile. Die Kleinunternehmerregelung gilt nämlich nur für in Deutschland steuerpflichtige Umsatzerlöse. Das bedeutet, dass ein Twitch-Streamer unabhängig davon, ob er in Deutschland Kleinunternehmer ist, im Ausland zur Abführung von Umsatzsteuer verpflichtet sein kann, außer er gilt auch dort als Kleinunternehmer.[5]

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Konsequenzen für die Besteuerung von Twitch-Donations

Die vorangegangenen Ausführungen haben schon deutlich gemacht, wie komplex das Thema der Umsatzsteuer sein kann. Im Zweifel sollte bei der Besteuerung von Twitch-Donations in der Praxis der sichere Weg gewählt werden.

Es gibt berechtigte Zweifel an der Umsatzsteuerbarkeit von Donations in solchen Fällen, in welchen ein Zusammenhang mit umsatzsteuerpflichtigen Leistungen nicht gegeben ist. Wer kostenpflichtige Subs bzw. Zusatzleistungen anbietet, kann unter Umständen schon nicht mehr nachweisen, dass kein Zusammenhang mit umsatzsteuerpflichtigen Leistungen gegeben ist. In diesen Fällen kann es in einer Kosten-Nutzen-Abwägung sinnvoll sein, die Twitch-Donations vollständig der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Davon abzuweichen und bspw. durch Schätzung einen Teil der Twitch-Donations als nicht steuerbar zu behandeln, ist nur mit vollständiger und wahrheitsgemäßer Offenlegung gegenüber dem Finanzamt zu empfehlen. Eine steuerliche Beratung im Einzelfall ist hier dringend zu empfehlen.

Twitch-Donations sollten im Zweifelsfall in Deutschland der Umsatzsteuer unterworfen werden, wenn die Ortsbestimmung für die Zuschauer nicht verlässlich durchgeführt werden kann. Im Rahmen des MOSS-Verfahrens dem richtigen EU-Staat in der richtigen Höhe die Besteuerungsgrundlagen zuzuweisen, ist dann nämlich nicht sachgerecht möglich.

Es kann in bestimmten Situationen dennoch eine Chance sein, die Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen auf die verschiedenen Zuschauerländer zu schätzen oder auf den Schwellenwert zu verzichten, insbesondere wenn elektronisch erbrachte Dienstleistungen in Zuschauerländern umsatzsteuerlich begünstigt werden oder sogar umsatzsteuerfrei bleiben.

Eine solche Schätzung muss jedoch auch begründet werden können. Ein deutschsprachiger Streamer wird außerhalb der DACH-Region kaum Zuschauer haben, ein englischsprachiger Streamer schon eher. Im letzteren Fall lässt sich begründen, weshalb Umsatzerlöse auch oder sogar hauptsächlich auf Nicht-EU-Staaten entfallen und der deutsche Fiskus keinen Steueranspruch hat. Dann könnte ein Verzicht auf den Schwellenwert ggf. sogar zu Steuerersparnissen führen.

Denn für Nicht-EU-Staaten gilt das MOSS-Verfahren nicht. Lässt sich nicht zuverlässig feststellen, in welchen Ländern die Zuschauer ansässig sind, weiß der Streamer auch nicht, in welchem Drittland er sich ggf. umsatzsteuerlich registrieren müsste. Würde der Twitch-Streamer einen Teil seiner Einnahmen deswegen nicht einer ausländischen Umsatzsteuer unterwerfen, müsste das auch der deutsche Fiskus hinnehmen. Hier stößt das Umsatzsteuerrecht nämlich in der Praxis an seine Grenzen. Unabhängig davon würde die ersparte ausländische Umsatzsteuer beim Twitch-Streamer zu höheren Betriebseinnahmen führen, die wiederum in Deutschland der Einkommen- bzw. Gewerbesteuer unterliegen würde.

Für EU-Zuschauerländer gilt dann aber: Wer A sagt, muss auch B sagen, seine deutschen Umsatzsteuerpflichten vollständig erfüllen und die Besteuerungsgrundlagen durch Schätzung auf die EU-Länder aufteilen. Die so geschätzten Twitch-Donations sind dann im Wege des MOSS-Verfahrens in den anderen EU-Ländern der Umsatzbesteuerung unterwerfen.

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Fazit zur Besteuerung von Twitch-Donations

Twitch-Donations unterliegen bei selbständig tätigen Twitch-Streamern in vollem Umfang der Einkommen- und Gewerbesteuer. Die Rechtslage hierzu ist unseres Erachtens eindeutig.

Es gibt jedoch Zweifel daran, ob Twitch-Donations tatsächlich umsatzsteuerbar sind, wie auch die Parallelen zum Straßenmusiker-Urteil des EuGH zeigen. Treten jedoch kostenpflichtige Abonnements (Subs) dazu, sind unseres Erachtens auch die Twitch-Donations umsatzsteuerbar, soweit diese von Abonnenten stammen. Hier gibt es jedoch erhebliche Nachweisprobleme in der Praxis.

Steuerbare Umsatzerlöse können sowohl in Deutschland als auch im Ausland der Umsatzsteuer unterliegen. Dafür kann das spezielle MOSS-Verfahren zur Anwendung kommen. Ist ein Twitch-Streamer Kleinunternehmer, führt das zu Erleichterungen, soweit die Umsatzerlöse in Deutschland umsatzsteuerbar sind. Soweit die Umsatzerlöse im Ausland umsatzsteuerpflichtig sind, haben Kleinunternehmer keine Vorteile gegenüber regulären Unternehmern.

Die Rechtslage ist sehr komplex, es gibt kaum Rechtssicherheit und die Gefahr von Fehlern ist sehr hoch. Twitch-Streamer sollten hierfür steuerliche Beratung in Anspruch nehmen.

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[1] Vgl. Drüen, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 156. EL 2021, § 4 EStG Rn. 550 „Trinkgelder“.

[2] Vgl. EuGH v. 03.03.1994, C-16/93, HFR 1994, 357 “Tolsma”.

[3] Vgl. Abschn. 1.1 Abs. 1 Satz 8 UStAE; BFH-Urteil v. 17.02.1972, V R 118/71, BStBl. II 1972, S. 405.

[4] S. hier.

[5] Vgl. Schäfer, StB 2019, S. 271.