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Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften

Körperschaftsteuer Besteuerung Kapitalgesellschaft Gesellschafter
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Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welche Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften in Deutschland anfallen. Insbesondere Existenzgründer bzw. Start-ups, die eine Kapitalgesellschaft gründen wollen, müssen die steuerlichen Grundlagen kennen, auch da es erhebliche Besteuerungsunterschiede gegenüber Personenunternehmen (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) gibt. Die Besteuerung von Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften wird in Deutschland durch das sog. „Trennungsprinzip“ geprägt, das eine getrennte Besteuerung der Gesellschaft einerseits und ihres Gesellschafters andererseits anordnet.

Welche Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften anfallen, wird hauptsächlich durch die Rechtsform des Gesellschafters (z.B. natürliche Person, Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft) sowie durch dessen wirtschaftliche Beziehungen zu seiner Kapitalgesellschaft bestimmt (z.B. Dienst-, Miet- oder Darlehensverträge). Deswegen thematisierte der letzte Teil die Besteuerung der Kapitalgesellschaft. Folglich geht es in diesem Beitrag um die nicht weniger komplizierte Besteuerung des dahinterstehenden Gesellschafters.

Bei Kapitalgesellschaft angestellter Gesellschafter-Geschäftsführer

Ein angestellter Gesellschafter-Geschäftsführer wird seiner Kapitalgesellschaft gegenüber wie ein angestellter Fremd-Geschäftsführer behandelt. Das bedeutet, dass auch der angestellte Gesellschafter-Geschäftsführer wie ein regulärer Arbeitnehmer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 Abs. 1 EStG erzielt und mit dem persönlichen Steuersatz versteuern muss.

Selbstständig für die Kapitalgesellschaft tätiger Gesellschafter-Geschäftsführer

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer muss sich von seiner Kapitalgesellschaft nicht anstellen lassen und auch keine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Er kann auch selbstständig für seine Kapitalgesellschaft tätig werden, bspw. aufgrund eines Beratervertrags.

Die Geschäftsführer-Tätigkeit kann in diesem Fall eine gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes darstellen. Das ist hauptsächlich für die Frage relevant, ob auch Gewerbesteuer zu zahlen ist oder nicht. Handelt es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG, ist keine Gewerbesteuer zu zahlen. Handelt es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG, dagegen schon (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Als selbständige Arbeit erachtet der BFH bspw. eine betriebswirtschaftliche Beratungstätigkeit gegenüber der Kapitalgesellschaft.[1] Einkünfte aus Gewerbebetrieb liegen dagegen vor, wenn keine selbständige Arbeit vorliegt (zur Definition vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Auch wenn die Tätigkeit gewerbesteuerrelevant ist, fällt Gewerbesteuer normalerweise erst dann an, wenn der Gewerbeertrag den Freibetrag von 24.500 € überschreitet, § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG. Die Gewerbesteuer wird größtenteils auf die Einkommensteuer angerechnet, § 35 EStG.

Gesellschafter von Kapitalgesellschaft
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Überlassung von Geld und Wirtschaftsgütern an Kapitalgesellschaften

Steuerliche Anerkennung von Rechtsgeschäften mit Gesellschaftern

Besondere Sorgfalt ist bei Rechtsgeschäften zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft geboten, da hier schnell unerwünschte Steuerfolgen eintreten können. Generell ist es nämlich so, dass das Steuerrecht hohe Anforderungen an die Anerkennung dieser Rechtsgeschäfte stellt. Denn Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften sind zum einen davon abhängig, ob die Rechtsgeschäfte dem Fremdvergleich standhalten.

Zum anderen müssen bei beherrschenden Gesellschaftern eine Reihe weiterer Voraussetzungen erfüllt sein. Ein Gesellschafter gilt in der Regel als beherrschend, wenn er zu mehr als 50% an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und damit einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann, H 8.5 EStH „Beherrschender Gesellschafter – Begriff“. Deswegen wird ein Vertrag mit der Kapitalgesellschaft bei einem beherrschenden Gesellschafter nur dann anerkannt, wenn der Vertrag zivilrechtlich wirksam, klar, eindeutig und im Voraus abgeschlossen sowie tatsächlich durchgeführt wird.[2] Erfüllt der Vertrag diese Kriterien nicht, liegt entweder eine verdeckte Gewinnausschüttung oder eine verdeckte Einlage vor.

Häufig überlässt der Gesellschafter entweder Geld oder Wirtschaftsgüter an seine Kapitalgesellschaft. Vergibt der Gesellschafter ein Darlehen, muss die Vereinbarung typische Elemente eines Darlehensvertrages enthalten, so wie sie auch unter fremden Dritten vereinbart worden wären.[3] Auch wenn das formlos möglich ist, aus Gründen der Beweisvorsorge sollte eine solche Vereinbarung immer schriftlich geschlossen werden. Ein fremdunüblich hoher Zinssatz wird nur in Höhe des angemessenen Teils steuerlich anerkannt, der erhöhte Teil stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar. Beim Gesellschafter werden die Vergütungen korrespondierend besteuert, d.h. als Zinsertrag in Höhe des angemessenen Teils und als verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des unangemessenen Teils. Ausnahmsweise ist ein fremdunüblich geringer Zinssatz steuerlich unproblematisch (unbeachtlicher Gesellschafterbeitrag). Für zu mindestens 10% beteiligte Gesellschafter ist zu beachten, dass der gesonderte Abgeltungsteuertarif keine Anwendung findet, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG.

Betriebsaufspaltung zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft

Überlässt der Gesellschafter Wirtschaftsgüter an seine Kapitalgesellschaft, stellt sich schnell die Frage, ob hier eine sogenannte „Betriebsaufspaltung“ vorliegt. Eine solche liegt u.a. vor, wenn der Gesellschafter (Besitzunternehmen) eine wesentliche Betriebsgrundlage an seine Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zur Nutzung überlässt (sachliche Verflechtung) und sowohl im Besitzunternehmen als auch im Betriebsunternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen kann (personelle Verflechtung), H 15.7 Abs. 4 EStH „Allgemeines“.

Ein in der Praxis häufig anzutreffender Fall ist das im Privateigentum des Gesellschafters stehende Büro- und Geschäftsgebäude, das an die eigene Kapitalgesellschaft vermietet wird. Folge der Betriebsaufspaltung ist insbesondere, dass der Gesellschafter nicht etwa Vermietungseinkünfte erzielt, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Damit stellt das überlassene Grundstück Betriebsvermögen des Besitzunternehmens dar und kann – anders als wenn es weiterhin noch Privatvermögen wäre – nicht nach 10 Jahren ab Anschaffung noch steuerfrei verkauft werden (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Häufig entstehen Betriebsaufspaltungen unbewusst und werden erst im Nachhinein erkannt, was schnell zum Nachteil des Gesellschafters ausfällt. Eine bewusst in Kauf genommene Betriebsaufspaltung kann hingegen sinnvoll sein, insbesondere um Privatvermögen vom haftenden Vermögen der Kapitalgesellschaft zu trennen und somit vor dem Zugriff Dritter zu schützen.

Gewinnausschüttungen an Gesellschafter von Kapitalgesellschaften

Gesellschafter mit Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen

Gewinnausschüttungen führen bei dem Gesellschafter grundsätzlich zu Einkünften aus Kapitalvermögen, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG. Befindet sich die Beteiligung im Privatvermögen, sind die Einnahmen bei Zufluss zu erfassen, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Hierfür ist entscheidend, dass der Gesellschafter die wirtschaftliche Verfügungsmacht erhält, H 11 EStH.

Bei beherrschenden Gesellschaftern findet der Zufluss abweichend im Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses statt.[4] Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung können nicht als Werbungskosten abgezogen werden, § 20 Abs. 9 EStG. Die Einkünfte unterliegen vielmehr dem gesonderten Abgeltungsteuertarif von 25% (ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer), § 32d Abs. 1 EStG. Die Einkommensteuer ist in diesem Fall mit dem Kapitalertragsteuerabzug durch die ausschüttende Kapitalgesellschaft abgegolten, § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG.

Auf Antrag kann die Anwendung des Abgeltungsteuertarifs unterbleiben, wenn der Gesellschafter zu mindestens 25% an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1% beteiligt und beruflich für diese tätig ist sowie einen maßgeblichen unternehmerischen Einfluss nehmen kann, § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG. Wird dieser Antrag gestellt, unterliegen die Gewinnausschüttungen dem sogenannten „Teileinkünfteverfahren“, d.h. sie sind zu 60% steuerpflichtig, damit zusammenhängende Aufwendungen aber auch zu 60% abzugsfähig,       § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG. Dieser Antrag lohnt sich vor allem dann, wenn dem Gesellschafter hohe Werbungskosten entstanden sind.Der steuerpflichtige Teil von 60% wird vom Gesellschafter mit dem persönlichen Steuersatz versteuert. Der Kapitalertragsteuerabzug hat zwar keine Abgeltungswirkung, die Kapitalertragsteuer kann jedoch auf die Einkommensteuer angerechnet werden, § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG.

Alternativ können die Gewinnausschüttungen auch der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, wenn dies zu einer niedrigeren Steuer führt, § 32d Abs. 6 EStG. Weitere Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften fallen in dieser Variante nicht an.

Kapitalertragsteuer für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften
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Gesellschafter mit Anteilen an Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen

Bei Beteiligungen im Betriebsvermögen zählen die Gewinnausschüttungen zur zutreffenden Gewinneinkunftsart, § 20 Abs. 8 EStG. Die Betriebseinnahmen sind bei Realisation zu erfassen, wenn der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung, §§ 4 Abs. 1, 5 EStG) wird. Die Betriebseinnahme ist mit Zufluss zu erfassen, wenn der Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt wird. Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung können als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Ist der Gesellschafter eine natürliche Person (unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft), bestimmt sich der steuerpflichtige Teil nach dem o.g. Teileinkünfteverfahren, §§ 3 Nr. 40 Satz 2 i.V.m. 20 Abs. 8 EStG.

Ist der Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft, bleiben die Beteiligungserträge grundsätzlich steuerfrei, § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG. Aufwendungen in Zusammenhang mit der Beteiligung können dennoch vollständig als Betriebsausgaben abgezogen werden, § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG. Allerdings gelten 5% der Bezüge als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG. Bleibt die Dividende damit effektiv zu 95% steuerfrei, spricht man vom sogenannten „Schachtelprivileg“.

War der Gesellschafter zu Jahresbeginn allerdings nicht zu mindestens 10% am Grund- oder Stammkapital der Kapitalgesellschaft beteiligt, tritt grundsätzlich keine Steuerbefreiung ein, § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG. Eine fast identische Regelung besteht auch bei der Gewerbesteuer, nur dass hier eine Mindestbeteiligung von 15% zu Jahresbeginn vorgesehen ist, §§ 8 Nr. 5 i.V.m. 9 Nr. 2a und 7 GewStG. Sind die Beteiligungserträge voll steuerpflichtig, weil die Mindestbeteiligungsquoten nicht eingehalten werden, spricht man von sogenannten „Streubesitzdividenden“.

Der Kapitalertragsteuerabzug hat im Betriebsvermögen zwar keine Abgeltungswirkung, die Kapitalertragsteuer kann jedoch auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer angerechnet werden, § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG bzw. § 31 Abs. 1 KStG i.V.m. § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG. In dieser Variante besteht also zumindest die Möglichkeit, dass kaum Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften anfallen, wenn die Anteilseigner selbst Kapitalgesellschaften sind und wesentlich beteiligt sind.

Veräußerung der Anteile an Kapitalgesellschaften

Gesellschafter mit Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen

Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bei einer Beteiligungsquote von < 1% zählen im Privatvermögen grundsätzlich zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und unterliegen dem Abgeltungsteuertarif von 25% (ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer), § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32d Abs. 1 EStG. Nicht in allen Fällen unterliegen Veräußerungsgewinne der Kapitalertragsteuer. Wurde der Steuerabzug vorgenommen, hat er eine Abgeltungswirkung, § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG. Folglich ist der Veräußerungsgewinn zwingend in der Einkommensteuererklärung anzugeben, wenn kein Steuerabzug vorgenommen wurde, § 32d Abs. 3 EStG.

Ein Veräußerungsverlust kann nur mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden, § 20 Abs. 6 EStG. Bei Bedarf muss für eine depotübergreifende Verlustverrechnung (d.h. Aktien-Verlusttöpfe einer deutschen Bank) bis spätestens zum 15.12. des betreffenden Jahres eine Verlustbescheinigung bei der depotführenden Bank beantragt werden, § 43a Abs. 3 Satz 5 EStG.

Der Abgeltungsteuertarif findet keine Anwendung, wenn ein Veräußerungsgewinn nach § 20 Abs. 8 EStG einer Gewinneinkunftsart zuzuordnen ist, § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG. Dies kann auch bei Beteiligungen im Privatvermögen der Fall sein. Der Veräußerungsgewinn zählt zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1% an der Kapitalgesellschaft beteiligt war, § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG. Die Ermittlung der Steuerauswirkungen ist in diesem Fall etwas diffiziler.

Einerseits kann für einen Veräußerungsgewinn ein begünstigender Freibetrag gewährt werden (vgl. § 17 Abs. 3 EStG), andererseits ist ein entstehender Veräußerungsverlust ggf. nicht steuerwirksam (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG). Der Veräußerungsgewinn und damit zusammenhängende Aufwendungen bzw. ein abzugsfähiger Veräußerungsverlust sind jeweils zu 60% zu berücksichtigen, §§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a, 3c Abs. 2 EStG. Der steuerpflichtige Teil unterliegt dem persönlichen Steuersatz. Ein Veräußerungsverlust kann im Normalfall nach den allgemeinen Regeln mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden. In dieser Variante fallen also Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften an.

Veräußerungsgewinn Gesellschafter von Kapitalgesellschaften
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Gesellschafter mit Anteilen an Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen

Darüber hinaus zählen Veräußerungsgewinne im Betriebsvermögen im Regelfall zu den laufenden Einkünften i.S.d. § 15 EStG. Bei natürlichen Personen (unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft) bestimmt sich der steuerpflichtige Teil nach dem Teileinkünfteverfahren (Gewinne 60% steuerpflichtig, Verluste 60% steuerwirksam), §§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a, 3c Abs. 2 EStG.

Abweichend davon zählt die Veräußerung einer 100%-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Veräußerung eines Teilbetriebs, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Der Veräußerungsgewinn ist in diesem Fall ggf. steuerlich begünstigt (vgl. §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 1 und 3 EStG). Zudem kommt ebenfalls das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung, §§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b, 3c Abs. 2 EStG. Folglich unterliegt der steuerpflichtige Teil dem persönlichen Steuersatz und ein Veräußerungsverlust kann nach den allgemeinen Regeln mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden.

Demgegenüber bleibt der Veräußerungsgewinn insgesamt steuerfrei, wenn der Gesellschafter selbst eine Kapitalgesellschaft ist, § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG. Jedoch gelten 5% des Veräußerungsgewinns als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe, § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG. Der Veräußerungsgewinn bleibt damit effektiv zu 95% steuerfrei. Mit der Veräußerung im Zusammenhang stehende Aufwendungen bleiben hingegen vollständig abzugsfähig, § 8b Abs. 3 Satz 2 KStG. Ein Veräußerungsverlust wirkt sich steuerlich dagegen nicht aus, § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG.

Der Kapitalertragsteuerabzug hat im Betriebsvermögen zwar keine Abgeltungswirkung, die Kapitalertragsteuer kann jedoch auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer angerechnet werden, § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG bzw. § 31 Abs. 1 KStG i.V.m. § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG. In dieser Variante fallen also zumindest dann fast keine Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften an, wenn die Anteilseigner selbst Kapitalgesellschaften sind.


[1]               Vgl. BFH v. 20.10.2010, VIII R 34/08, BFH/NV 2011, S. 585.

[2]               Vgl. Rengers, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 156. EL 2021, § 8 KStG Rn. 110.

[3]               Vgl. BFH v. 29.10.1997, I R 24/97, BStBl. II 1998, S. 573.

[4]               Vgl. Ratschow, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 156. EL 2021, § 20 EStG Rn. 42.

Steuern für Kapitalgesellschaften

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Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welche Steuern für Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, UG oder AG) in Deutschland anfallen. Insbesondere Existenzgründer bzw. Start-ups, die eine Kapitalgesellschaft gründen wollen, müssen die steuerlichen Grundlagen kennen, auch da es erhebliche Besteuerungsunterschiede gegenüber Personenunternehmen (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) gibt.

Die Besteuerung von Kapitalgesellschaften basiert in Deutschland auf dem sog. „Trennungsprinzip“, welches eine getrennte Besteuerung der Gesellschaft einerseits und ihres Gesellschafters andererseits anordnet. Das resultiert aus dem Umstand, dass Kapitalgesellschaften als selbstständige Steuersubjekte behandelt werden und einer eigenen Steuerart, nämlich der Körperschaftsteuer unterliegen, § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG.

Dieses wichtige Besteuerungsprinzip wird uns noch im Laufe dieser Beitragsreihe begleiten. Wegen des Trennungsprinzips geht es in diesem Teil erst einmal nur um die Besteuerung der Kapitalgesellschaft selbst, im nächsten dann um die Besteuerung des dahinterstehenden Gesellschafters.

Fremdvergleich zwischen Kapitalgesellschaften und Gesellschaftern

Der wesentlichste Unterschied zur Besteuerung von Personenunternehmen besteht darin, dass sich die Kapitalgesellschaft und der Gesellschafter wie fremde Dritte gegenüber stehen und genauestens darauf geachtet werden muss, dass dieser Fremdvergleichsgrundsatz auch eingehalten wird.

Das wird bspw. am Vergleich mit den Entnahmen und Einlagen bei Personenunternehmen deutlich. Damit können Einzelunternehmer oder Gesellschafter von Personengesellschaften (Mitunternehmer) flexibel Betriebsvermögen (bspw. Geld, Waren und Dienstleistungen) in ihr Privatvermögen überführen. Entnahmen und Einlagen gibt es in dieser Form bei Kapitalgesellschaften jedoch nicht. Denn ein fremder Dritter würde auch nicht zulassen, dass sich eine andere Person ohne Gegenleistung am eigenen Betriebsvermögen bedient. Umgekehrt würde ein fremder Dritter ohne Gegenleistung auch nichts in ein fremdes Betriebsvermögen einbringen.

Steuern für Kapitalgesellschaften Fremdvergleich
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Immer wenn also die Frage „Würden fremde Dritte unter vergleichbaren Umständen genauso handeln?“ verneint wird, liegt meistens auch eine unangemessene Vermögensverschiebung zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter vor. Das Körperschaftsteuerrecht erkennt unangemessene Vermögensverschiebungen in der Regel nicht an. Stattdessen werden die Steuerfolgen fingiert, die sich ergeben hätten, wenn alle Beteiligten sich wie fremde Dritte zueinander verhalten hätten. Man spricht in diesem Fällen von „verdeckten Gewinnausschüttungen“ und „verdeckten Einlagen“, § 8 Abs. 3 Satz 2 und 3 KStG.

Es gibt zahlreiche Konstellationen, die Anlass für die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen (bspw. Gesellschaft trägt private Kosten, zu hohe Gehaltszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer) oder verdeckter Einlagen (bspw. Gesellschafter trägt Kosten der Gesellschaft) sind. Es gibt aber aufgrund der theoretischen Konzeption dieser Rechtsinstitute auch einige Ausnahmen. Ohne steuerliche Auswirkung bleibt bspw., wenn der Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft Wirtschaftsgüter verbilligt  oder kostenfrei zur Verfügung stellt oder der Gesellschafter-Geschäftsführer ein zu geringes Gehalt vereinbart. Das Thema ist jedoch komplex und streitanfällig bei den Finanzbehörden. Auf die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes muss stets geachtet werden.

Relevante Steuern für Kapitalgesellschaften

Die relevanten Steuern für Kapitalgesellschaften setzen sich im Wesentlichen aus der Körperschaft- und der Gewerbesteuer zusammen.

Die Körperschaftsteuer beträgt 15% vom zu versteuernden Einkommen, § 23 Abs. 1 KStG. Das zu versteuernde Einkommen ist wirtschaftlich gesehen der steuerliche Gewinn, der nach den besonderen  Vorschriften für Kapitalgesellschaften modifiziert wurde. Zum Körperschaftsteuersatz fällt zusätzlich Solidaritätszuschlag i.H.v. 5,5% an, sodass sich insoweit eine zusätzliche Steuerbelastung von 0,825% des zu versteuernden Einkommens ergibt (= 15% x 5,5%).

Daneben unterliegen Kapitalgesellschaften auch der Gewerbesteuer, § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 GewStG. Der Gewerbeertrag ist die Ausgangsgröße für die Gewerbesteuer, wirtschaftlich gesehen also der steuerliche Gewinn, der nach den gewerbesteuerlichen Vorschriften modifiziert wurde. Die Gewerbesteuer berechnet sich auf Basis eines Steuermessbetrags, der 3,5% des Gewerbeertrags beträgt, § 11 Abs. 1 und 2 GewStG. Während die Ermittlungsweise des Steuermessbetrags bis hierhin für alle Gewerbebetriebe identisch ist, hängt die endgültige Höhe der Gewerbesteuer dann noch von dem Gewerbesteuer-Hebesatz ab, der von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich ist, § 16 Abs. 1 GewStG. Bei einem Hebesatz von 400% beträgt die Gewerbesteuer nominell 14% (= 3,5% Gewerbeertrag x 400%), was lange Zeit auch in etwa dem durchschnittlichen Gewerbesteuer-Hebesatz in Deutschland entsprach.[1]

Der kumulierte nominelle Steuersatz einer Kapitalgesellschaft beträgt damit insgesamt rund 29,825% (15% Körperschaftsteuer + 0,825% Solidaritätszuschlag + 14% Gewerbesteuer).

Hinweis: Kapitalgesellschaften sind Formkaufleute i.S.d. § 6 HGB, d.h. sie sind schon von Gesetzes wegen zur Erstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet, der mindestens aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung besteht (s. unser Blog-Beitrag zur Rechtsformwahl unter Punkt 5.3). Damit ist eine doppelte Buchführung nach den gesetzlichen Vorschriften erforderlich, die Gründer keinesfalls unterschätzen dürfen (s. unser Blog-Beitrag zu Steuern für Personenunternehmen unter Punkt 2.2). Der Gewinn / Verlust gem. Handelsbilanz ist Ausgangsgröße für den steuerlichen Gewinn, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 1 KStG.

Gewinnausschüttungen an Gesellschafter von Kapitalgesellschaften

Die erzielten Unternehmensgewinne gelangen erst durch Gewinnausschüttungen auf die Ebene des Gesellschafters. Das kann sowohl offen als auch verdeckt (s. Einführung) erfolgen. Offene Gewinnausschüttungen sind Ausschüttungen, die auf den gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsvorschriften beruhen.[2] Verdeckte Gewinnausschüttungen sind Vermögensminderungen oder verhinderte Vermögensmehrungen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst (d.h. nicht fremdüblich) sind, sich auf den Gewinn ausgewirkt haben und nicht auf den gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsvorschriften beruhen, R 8.5 Abs. 1 KStR. Egal ob offen oder verdeckt, Gewinnausschüttungen sind bei der Kapitalgesellschaft nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig und dürfen das Einkommen nicht mindern, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 KStG. Dies gilt auch für den Gewerbeertrag, § 7 Satz 1 GewStG.

Die Kapitalgesellschaft ist dazu verpflichtet, für Rechnung des Gesellschafters 25% der Gewinnausschüttung (zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) als Kapitalertragsteuer einzubehalten, anzumelden und an das Finanzamt abzuführen.

Steuern für Kapitalgesellschaften Gewinnausschüttung an Gesellschafter
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Umgang mit Verlusten bei Kapitalgesellschaften

Die Gesellschafter dürfen die Verluste der Kapitalgesellschaft nicht nutzen, das würde gegen das Trennungsprinzip verstoßen. Nur die Kapitalgesellschaft selbst darf die Verluste nutzen, die sie erlitten hat. In Verlustsituationen ist diese Sperrwirkung ein Nachteil gegenüber Personenunternehmen, insbesondere wenn der Gesellschafter selbst einkommensteuerpflichtige Einkünfte erzielt.

Entstehen in einem Steuerjahr Verluste, können diese im Rahmen der Körperschaftsteuer bis zu einem Betrag von 10 Mio. EUR in das letzte Steuerjahr zurückgetragen und mit dortigen Gewinnen verrechnet werden (Verlustrücktrag), § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG. Dieser Verlustrücktrag gilt aber nicht für die Gewerbesteuer.

Danach noch nicht ausgeglichene Verluste werden vom Finanzamt gesondert festgestellt und können mit Gewinnen in den Folgejahren verrechnet werden (Verlustvortrag), § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG, § 10a Satz 6 GewStG. Dabei sind die besonderen Regeln der sog. „Mindestbesteuerung“ zu beachten. Demnach können Verlustvorträge nur bis zur Höhe von 1 Mio. € (Sockelbetrag) unbegrenzt mit Gewinnen verrechnet werden, darüber hinaus nur in Höhe von maximal 60% des den Sockelbetrag noch übersteigenden Restgewinns, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG, § 10a Satz 6 GewStG.

Das Trennungsprinzip wird nur in Ausnahmefällen wie bei Gesellschafterwechseln durchbrochen. Nicht genutzte Verluste können vollständig untergehen, wenn ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt, also insbesondere wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50% des gezeichneten Kapitals auf einen neuen Gesellschafter übergehen, § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG, § 10a Satz 10 GewStG. Diese Norm ist jedoch sehr umstritten, da die Rechtfertigungsgründe des Gesetzgebers für eine so tiefgreifende Ausnahme vom Trennungsprinzip als nicht ausreichend angesehen werden.

Ausblick zu Steuern für Kapitalgesellschaften

Der Bundestag hat am 21.05.2021 beschlossen, das Körperschaftsteuerrecht zu modernisieren. Die daraus zu erwartenden Änderungen sind in diesem Blog-Beitrag nicht enthalten, da die Änderungen zum Redaktionsschluss noch nicht final fest standen.[3]


[1] S. hier.

[2] Vgl. Rengers, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 156. EL 2021, § 8 KStG Rn. 190.

[3] Vgl. https://dserver.bundestag.de/btd/19/286/1928656.pdf.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen
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Die Frage nach der optimalen Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen und nicht nur Gründer, auch wenn das oft anders wahrgenommen wird. Richtig ist, dass jeder Gründer sich die Frage stellen muss, welche Rechtsform zu seinem Start-up passt. Vergessen wird dabei aber, dass eine einmal gewählte Rechtsform abhängig von der Unternehmensentwicklung im Zeitverlauf auch unpassend werden kann.

Entwickelt sich ein etabliertes Unternehmen aus den ursprünglichen Zielen und Rahmenbedingungen für die Rechtsformwahl hinaus, sollte ein Rechtsformwechsel in Betracht gezogen werden. Wächst ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft bspw. sehr schnell, steigen auch die Haftungsrisiken und der Wechsel in eine haftungsbeschränkte Rechtsform wird sinnvoll, um das Privatvermögen abzusichern. Umgekehrt kann es auch sinnvoll sein, ein geschrumpftes Unternehmen mit einer verwaltungsintensiven Rechtsform (z.B. GmbH & Co. KG, AG) in eine einfacher handhabbare Rechtsform zurückzuführen.

Hierbei gibt es Vorgänge innerhalb und außerhalb des Umwandlungsrechts bzw. Umwandlungssteuerrechts. Umgekehrt sollten sich aber auch schon Gründer von Anfang an diese Fragen stellen und für ihr Start-up die richtige Rechtsform wählen, damit vermeidbare spätere Umwandlungen verhindert werden. Die Rechtsformwahl betrifft also Gründer und etablierte Unternehmen. Auf die Besteuerung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften wird bewusst verzichtet, da hierzu künftig Blogposts folgen werden.

Leitungs- und Kontrollbefugnis bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Bei Personenunternehmen (d.h. Einzelunternehmen und Personengesellschaften wie GbR, OHG, KG) steht die Leitungsbefugnis grundsätzlich nur den vollhaftenden Inhabern zu, §§ 709 Abs. 1, 714 BGB und §§ 114 Abs 1, 115 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB. Der nur beschränkt haftende Kommanditist bei der KG ist hingegen von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen, §§ 164, 170 HGB. Diesem kann zwar aus steuerlichen Gründen eine Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis eingeräumt werden (sog. „entprägte KG“), gesetzlich vorgesehen ist das aber nicht. Dem Kommanditisten stehen jedoch Informations- und in besonderen Fällen auch Widerspruchsrechte zu, §§ 164, 166 HGB. Keinesfalls möglich ist bei Personenunternehmen aber, dass außenstehende Dritte die Geschäftsführung oder Vertretung übernehmen.[1]

Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, UG, AG) ist das anders, da sie eigenständige Rechtssubjekte sind und eigene Geschäftsführungs- und Vertretungsorgane benötigen. Die GmbH und die UG als Unterform (§ 5a GmbHG) werden im Außenverhältnis durch den Geschäftsführer vertreten, §§ 6, 35 GmbHG. Dies kann ein Gesellschafter oder ein Dritter sein.[2] Bei der AG nimmt der Vorstand die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse wahr, §§ 76 – 78 AktG.

Kontrollbefugnisse im eigentlichen Sinne sind besonders dann relevant, wenn Gesellschafter und Geschäftsführer nicht identisch sind. Das Institut der Gesellschafterversammlung gibt es zwar auch bei Personengesellschaften, ist jedoch nicht explizit gesetzlich geregelt, da hier die Inhaber normalerweise selbst alle Entscheidungen treffen. Bei Kapitalgesellschaften besteht hingegen ein größeres Kontrollbedürfnis, insbesondere wenn fremde Dritte die Geschäfte führen. Bei der GmbH und der AG gibt es deswegen ausdrückliche gesetzliche Regelungen zur Gesellschafterversammlung bzw. Hauptversammlung, die umfassende Kontroll- bzw. Mitbestimmungsrechte haben, § 119 AktG. Diese Organe bilden ihren Willen grundsätzlich durch die (qualifizierte) Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wofür wiederum grundsätzlich der Umfang der Geschäftsanteile bzw. Aktien maßgebend ist, §§ 46, 47 Abs. 1 und 2 GmbHG, §§ 133, 134 AktG.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, Leitungs- und Kontrollbefugnis
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Haftung bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Bei Personenunternehmen haften die Inhaber in vollem Umfang mit ihrem Betriebs- und Privatvermögen, §§ 128, 161 HGB. Die Haftung des Kommanditisten ist auf seine Einlage beschränkt, soweit diese tatsächlich geleistet ist, § 171 Abs. 1 HGB. Jedoch kann die Rückzahlung der Einlage eines Kommanditisten zum Wiederaufleben der persönlichen Haftung führen, § 172 HGB.

Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung hingegen auf das Eigenkapital beschränkt. Bei der GmbH beträgt das Mindeststammkapital 25.000 €, § 5 Abs. 1 GmbHG. Bei der AG beträgt das Mindestgrundkapital 50.000 €, 7 AktG. Ist dieses erbracht, entfällt die persönliche Haftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, § 13 Abs. 2 GmbHG. Haftungsrisiken bestehen hier hauptsächlich in der Phase bis zur Eintragung der GmbH oder AG in das Handelsregister, da diese solange noch nicht besteht, § 11 Abs. 1 GmbHG und § 41 Abs. 1 Satz 1 AktG.

  • Vorgründungsgesellschaft: Solange der notarielle Gesellschaftsvertrag (§ 2 Abs. 1 GmbHG) bzw. die notarielle Satzung (§ 23 Abs. 1 AktG) noch nicht geschlossen ist, liegt eine sog. „Vorgründungsgesellschaft“ vor, die ihrem Wesen nach ein Personenunternehmen ist. In dieser Phase besteht deswegen eine unbeschränkte Haftung mit dem Betriebs- und Privatvermögen.
  • Vorgesellschaft: Ist zwar der notarielle Gesellschaftsvertrag geschlossen, ist die GmbH oder AG aber noch nicht in das Handelsregister eingetragen, besteht eine sogenannte „Handelndenhaftung“ nach § 11 Abs. 2 GmbHG bzw. § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG. Wer vor der Handelsregistereintragung im Namen der Gesellschaft handelt, haftet persönlich.

Das Stammkapital ist bei der GmbH in Geschäftsanteile (§ 5 Abs. 2 und 3 GmbHG) und bei der AG in Aktien (§ 8 AktG) gegliedert. Der Gesellschafter übernimmt durch seine Einlage den Geschäftsanteil bzw. die Aktie, was grundsätzlich auch den Umfang seiner Rechte und Pflichten begründet. Neben Bareinlagen sind auch Sacheinlagen zulässig (§ 5 Abs. 4 GmbHG, § 27 Abs. 1 und 2 AktG), wobei diese wegen Bewertungsschwierigkeiten und des Risikos einer Differenzhaftung bei Überbewertung (§ 9 GmbHG, § 36a Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 AktG analog) häufig vermieden werden.

Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Bei Einzelunternehmen trägt der Geschäftsinhaber alleine alle Chancen und Risiken der Unternehmung. Bei Personengesellschaften haben hingegen alle Gesellschafter eine gemeinsame Zweckförderungspflicht, § 705 BGB i.V.m. §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB. Zur Eigenkapitalbildung werden deswegen regelmäßig Bar- oder Sacheinlagen geleistet.[3] Diese werden meist auf festen Kapitalkonten geführt, an welche die Vermögens- und Verwaltungsrechte der Gesellschafter anknüpfen.[4] Die festen Kapitalkonten bestimmen deswegen den Anteil am Gewinn, Verlust und Auseinandersetzungsguthaben sowie den Umfang der Stimmrechte.[5]

Hinweis: Bei Personengesellschaften haben sich die gesetzlichen Regelungen zur Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven nicht durchsetzen können. In der Praxis hat sich die o.g. Annäherung an die Regelungen bei Kapitalgesellschaften mit festen Kapitalanteilen entwickelt. Dies ist nun auch im neuen Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vorgesehen (MoPeG).[6] Auf die Darstellung der bisherigen Rechtslage wurde hier deswegen bewusst verzichtet.

Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften stimmt die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile / Aktien mit dem Stammkapital bzw. Grundkapital überein, weshalb der Anteil auch die Beteiligungsquote eines Gesellschafters festlegt, § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG, § 8 Abs. 4 AktG. Das Beteiligungsverhältnis bestimmt den Anteil am Gewinn und Liquidationserlös, §§ 29 Abs. 3, 72 GmbHG und §§ 60, 271 Abs. 2. Auch daran zeigt sich: Die Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, insbesondere bei der Erweiterung des Gesellschafterkreises. Denn neue externe Eigenkapitalgeber bevorzugen eindeutige gesetzliche Regelungen zum Anteil am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven
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Finanzierungsmöglichkeiten bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Einzelunternehmen haben nur einen Eigenkapitalgeber. Abhängig von dessen Bonität und Vorhaben gibt es ggf. auch Fremdkapitalgeber wie Banken. Der Zugang zu Kapital ist jedoch im Regelfall sehr limitiert.

Bei Personengesellschaften ist das meistens sehr ähnlich, doch mit der Anzahl der Gesellschafter verbessert sich in der Regel auch der Zugang zu Fremdkapital. Das verdeutlicht auch die Tatsache, dass es in Deutschland sehr große Personengesellschaften gibt. Dominiert wird der Anteil der Großunternehmen in Deutschland gleichwohl von Kapitalgesellschaften.

Kapitalgesellschaften

Kleine Kapitalgesellschaften wie z.B. die UG oder kleine GmbHs stehen vor einem ähnlichen Problem wie Einzelunternehmen, da sie im Regelfall nur einen Gesellschafter haben. Die Banken verlangen deswegen bei der Fremdkapitalvergabe vom Gesellschafter selbst noch Sicherheiten wie bspw. eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Der theoretische Vorteil einer Haftungsbegrenzung besteht deswegen bei Fremdkapitalaufnahme in der Praxis nicht.

Die Finanzierung für Kapitalgesellschaften ist also nicht per se einfacher als für Personenunternehmen. In der Praxis werden aber insbesondere für visionäre Geschäftsideen mit skalierenden Geschäftsmodellen eher Kapitalgesellschaften gewählt. Unternehmen, die auf Wachstum ausgelegt sind, haben einen besseren Zugang zum grauen Kapitalmarkt. Sie sind für Investoren, bspw. für Venture Capital und Business Angels oder Seedfinanzierungen bzw. Crowdfunding deutlich interessanter.

Für externe Investoren, die als Eigenkapitalgeber neu aufgenommen werden, sind aufgrund der Haftungsbeschränkung nur Kapitalgesellschaften wirklich attraktiv. Die Veräußerbarkeit des Investments ist in der Regel nicht nur gesellschaftsrechtlich einfacher als bei Personengesellschaften. Je größer die Kapitalgesellschaft ist und je kapitalistischer diese aufgestellt ist, desto einfacher ist der Anteil auch veräußerbar (sog. Fungibilität). Während gerade kleine Beteiligungen von geringem Wert nur schwer veräußerbar sind, gibt es bei börsennotierten AGs einen regulierten Markt dafür. Es besteht dann auch Zugang zum Anleihemarkt zur Fremdkapitalaufnahme.

Die Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, da sie bspw. einen hohen Finanzierungsbedarf bei der Erreichung der Unternehmensziele unterstützen muss.

Publizitätspflichten bei der Rechtsformwahl

Grundsatz

Die Publizitätspflichten sind nicht völlig unabhängig von der Rechtsform, doch je größer das Unternehmen, desto mehr Publizitätspflichten kommen hinzu. Je größer das Unternehmen, desto unwichtiger wird die Rechtsform folglich für den Umfang der Publizitätspflichten. Zu den Publizitätspflichten zählen insbesondere die Erstellung und Veröffentlichung eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses, ggf. zzgl. Anhang und Lagebericht.

Ein Jahresabschluss muss von Kaufleuten aufgestellt werden, § 242 Abs. 1 HGB. Dieser besteht aus der Handelsbilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung, § 242 Abs. 3 HGB. Wer Kaufmann ist, das bestimmt sich nach den §§ 1 – 6 HGB.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, Publizitätspflichten
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Personenunternehmen

Wer einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb betreibt, muss als Ist-Kaufmann i.S.d. § 1 HGB auch einen Jahresabschluss aufstellen. Erfahrungsgemäß besteht hier jedoch ein Beurteilungsspielraum, sodass ein Einzelunternehmer in der Praxis sehr lange um die Publizitätspflichten nach dem HGB herumkommt. Wer sich dennoch als Kaufmann ins Handelsregister eintragen lässt, wird spätestens mit der Eintragung zum Kaufmann (sog. Kannkaufmann, §§ 2, 3 HGB).

Darüber hinaus ist zwischen der GbR und den sog. Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) zu unterscheiden. Die Personenhandelsgesellschaften sind bereits nach dem gesetzlichen Leitbild Kaufleute, immerhin handelt es sich um Rechtsgebilde des Handelsrechts. Da mehrere Kapitalgesellschaften gemeinsam eine OHG oder KG bilden können, gibt es Sondervorschriften für kapitalistische Personenhandelsgesellschaften (vgl. § 264a HGB). Eine GbR ist demgegenüber per Definition nur eine Vorstufe der OHG, wenn sie ein nicht in kaufmännischer Weise eingerichtetes Gewerbe betreibt. Denn die Vorschriften der GbR gelten für die Personenhandelsgesellschaften entsprechend, §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB. Die GbR ist demnach nicht publizitätspflichtig.

Kapitalgesellschaften:

Diese sind schon von Gesetzes wegen Kaufleute (§ 13 Abs. 3 GmbHG, § 3 Abs. 1 AktG) und deswegen unabhängig von ihrer Größe zur Erstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet. Sie müssen den Jahresabschluss grundsätzlich um einen Anhang und Lagebericht ergänzen, wobei für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften zusätzliche Bestandteile hinzukommen, § 264 Abs. 1 HGB. Es bestehen jedoch größenabhängige Erleichterungen, §§ 264 Abs. 1 Satz 5, 274a, 276, 288 HGB.

Fazit zur Rechtsformwahl

Bei der Rechtsformwahl gibt es nicht nur für Gründer einiges zu bedenken, die Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen. Die Rechtsform sollte von Anfang an zu den eigenen Unternehmenszielen passen. Die Rechtsform sollte aber auch überdacht werden, wenn sie für die eigenen Unternehmensziele nicht mehr zweckmäßig ist. Jeder Unternehmer möchte am Ende den größtmöglichen Gewinn nach Steuern erzielen. Auf dem Weg dorthin kann es viele Stolpersteine geben, die sich auch aus der Rechtsform ergeben. Einflussfaktoren sind:

  • Leitungs- und Kontrollbefugnisse,
  • Haftungsverhältnisse,
  • die Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven,
  • der Zugang zu neuem Kapital für Finanzierungszwecke,
  • der Umfang der Publizitätspflichten,
  • sowie Besteuerungsaspekte.

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[1] Vgl. Rawert, in: Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 114 Rn. 24; Schmidt, in: Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 125 Rn. 5.

[2] Vgl. Goette, in: Fleischer/Goette, MüKo GmbHG, 2015, § 6 Rn. 57.

[3] Vgl. Grunewald, in: Schmidt, MüKo HGB, 2012, § 161 Rn. 29; Schmidt, in Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 105 Rn. 179.

[4] Vgl. Grunewald, in: Schmidt, MüKo HGB, 2012, § 167 Rn. 19; Priester, in Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 120 Rn. 101 ff.

[5] Vgl. Grunewald, in: Schmidt, MüKo HGB, 2012, § 167 Rn. 19; Priester, in Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 120 Rn. 103.

[6] S. hier.