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Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen
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Die Frage nach der optimalen Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen und nicht nur Gründer, auch wenn das oft anders wahrgenommen wird. Richtig ist, dass jeder Gründer sich die Frage stellen muss, welche Rechtsform zu seinem Start-up passt. Vergessen wird dabei aber, dass eine einmal gewählte Rechtsform abhängig von der Unternehmensentwicklung im Zeitverlauf auch unpassend werden kann.

Entwickelt sich ein etabliertes Unternehmen aus den ursprünglichen Zielen und Rahmenbedingungen für die Rechtsformwahl hinaus, sollte ein Rechtsformwechsel in Betracht gezogen werden. Wächst ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft bspw. sehr schnell, steigen auch die Haftungsrisiken und der Wechsel in eine haftungsbeschränkte Rechtsform wird sinnvoll, um das Privatvermögen abzusichern. Umgekehrt kann es auch sinnvoll sein, ein geschrumpftes Unternehmen mit einer verwaltungsintensiven Rechtsform (z.B. GmbH & Co. KG, AG) in eine einfacher handhabbare Rechtsform zurückzuführen.

Hierbei gibt es Vorgänge innerhalb und außerhalb des Umwandlungsrechts bzw. Umwandlungssteuerrechts. Umgekehrt sollten sich aber auch schon Gründer von Anfang an diese Fragen stellen und für ihr Start-up die richtige Rechtsform wählen, damit vermeidbare spätere Umwandlungen verhindert werden. Die Rechtsformwahl betrifft also Gründer und etablierte Unternehmen. Auf die Besteuerung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften wird bewusst verzichtet, da hierzu künftig Blogposts folgen werden.

Leitungs- und Kontrollbefugnis bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Bei Personenunternehmen (d.h. Einzelunternehmen und Personengesellschaften wie GbR, OHG, KG) steht die Leitungsbefugnis grundsätzlich nur den vollhaftenden Inhabern zu, §§ 709 Abs. 1, 714 BGB und §§ 114 Abs 1, 115 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB. Der nur beschränkt haftende Kommanditist bei der KG ist hingegen von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen, §§ 164, 170 HGB. Diesem kann zwar aus steuerlichen Gründen eine Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis eingeräumt werden (sog. „entprägte KG“), gesetzlich vorgesehen ist das aber nicht. Dem Kommanditisten stehen jedoch Informations- und in besonderen Fällen auch Widerspruchsrechte zu, §§ 164, 166 HGB. Keinesfalls möglich ist bei Personenunternehmen aber, dass außenstehende Dritte die Geschäftsführung oder Vertretung übernehmen.[1]

Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, UG, AG) ist das anders, da sie eigenständige Rechtssubjekte sind und eigene Geschäftsführungs- und Vertretungsorgane benötigen. Die GmbH und die UG als Unterform (§ 5a GmbHG) werden im Außenverhältnis durch den Geschäftsführer vertreten, §§ 6, 35 GmbHG. Dies kann ein Gesellschafter oder ein Dritter sein.[2] Bei der AG nimmt der Vorstand die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse wahr, §§ 76 – 78 AktG.

Kontrollbefugnisse im eigentlichen Sinne sind besonders dann relevant, wenn Gesellschafter und Geschäftsführer nicht identisch sind. Das Institut der Gesellschafterversammlung gibt es zwar auch bei Personengesellschaften, ist jedoch nicht explizit gesetzlich geregelt, da hier die Inhaber normalerweise selbst alle Entscheidungen treffen. Bei Kapitalgesellschaften besteht hingegen ein größeres Kontrollbedürfnis, insbesondere wenn fremde Dritte die Geschäfte führen. Bei der GmbH und der AG gibt es deswegen ausdrückliche gesetzliche Regelungen zur Gesellschafterversammlung bzw. Hauptversammlung, die umfassende Kontroll- bzw. Mitbestimmungsrechte haben, § 119 AktG. Diese Organe bilden ihren Willen grundsätzlich durch die (qualifizierte) Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wofür wiederum grundsätzlich der Umfang der Geschäftsanteile bzw. Aktien maßgebend ist, §§ 46, 47 Abs. 1 und 2 GmbHG, §§ 133, 134 AktG.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, Leitungs- und Kontrollbefugnis
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Haftung bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Bei Personenunternehmen haften die Inhaber in vollem Umfang mit ihrem Betriebs- und Privatvermögen, §§ 128, 161 HGB. Die Haftung des Kommanditisten ist auf seine Einlage beschränkt, soweit diese tatsächlich geleistet ist, § 171 Abs. 1 HGB. Jedoch kann die Rückzahlung der Einlage eines Kommanditisten zum Wiederaufleben der persönlichen Haftung führen, § 172 HGB.

Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung hingegen auf das Eigenkapital beschränkt. Bei der GmbH beträgt das Mindeststammkapital 25.000 €, § 5 Abs. 1 GmbHG. Bei der AG beträgt das Mindestgrundkapital 50.000 €, 7 AktG. Ist dieses erbracht, entfällt die persönliche Haftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, § 13 Abs. 2 GmbHG. Haftungsrisiken bestehen hier hauptsächlich in der Phase bis zur Eintragung der GmbH oder AG in das Handelsregister, da diese solange noch nicht besteht, § 11 Abs. 1 GmbHG und § 41 Abs. 1 Satz 1 AktG.

  • Vorgründungsgesellschaft: Solange der notarielle Gesellschaftsvertrag (§ 2 Abs. 1 GmbHG) bzw. die notarielle Satzung (§ 23 Abs. 1 AktG) noch nicht geschlossen ist, liegt eine sog. „Vorgründungsgesellschaft“ vor, die ihrem Wesen nach ein Personenunternehmen ist. In dieser Phase besteht deswegen eine unbeschränkte Haftung mit dem Betriebs- und Privatvermögen.
  • Vorgesellschaft: Ist zwar der notarielle Gesellschaftsvertrag geschlossen, ist die GmbH oder AG aber noch nicht in das Handelsregister eingetragen, besteht eine sogenannte „Handelndenhaftung“ nach § 11 Abs. 2 GmbHG bzw. § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG. Wer vor der Handelsregistereintragung im Namen der Gesellschaft handelt, haftet persönlich.

Das Stammkapital ist bei der GmbH in Geschäftsanteile (§ 5 Abs. 2 und 3 GmbHG) und bei der AG in Aktien (§ 8 AktG) gegliedert. Der Gesellschafter übernimmt durch seine Einlage den Geschäftsanteil bzw. die Aktie, was grundsätzlich auch den Umfang seiner Rechte und Pflichten begründet. Neben Bareinlagen sind auch Sacheinlagen zulässig (§ 5 Abs. 4 GmbHG, § 27 Abs. 1 und 2 AktG), wobei diese wegen Bewertungsschwierigkeiten und des Risikos einer Differenzhaftung bei Überbewertung (§ 9 GmbHG, § 36a Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 AktG analog) häufig vermieden werden.

Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Bei Einzelunternehmen trägt der Geschäftsinhaber alleine alle Chancen und Risiken der Unternehmung. Bei Personengesellschaften haben hingegen alle Gesellschafter eine gemeinsame Zweckförderungspflicht, § 705 BGB i.V.m. §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB. Zur Eigenkapitalbildung werden deswegen regelmäßig Bar- oder Sacheinlagen geleistet.[3] Diese werden meist auf festen Kapitalkonten geführt, an welche die Vermögens- und Verwaltungsrechte der Gesellschafter anknüpfen.[4] Die festen Kapitalkonten bestimmen deswegen den Anteil am Gewinn, Verlust und Auseinandersetzungsguthaben sowie den Umfang der Stimmrechte.[5]

Hinweis: Bei Personengesellschaften haben sich die gesetzlichen Regelungen zur Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven nicht durchsetzen können. In der Praxis hat sich die o.g. Annäherung an die Regelungen bei Kapitalgesellschaften mit festen Kapitalanteilen entwickelt. Dies ist nun auch im neuen Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vorgesehen (MoPeG).[6] Auf die Darstellung der bisherigen Rechtslage wurde hier deswegen bewusst verzichtet.

Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften stimmt die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile / Aktien mit dem Stammkapital bzw. Grundkapital überein, weshalb der Anteil auch die Beteiligungsquote eines Gesellschafters festlegt, § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG, § 8 Abs. 4 AktG. Das Beteiligungsverhältnis bestimmt den Anteil am Gewinn und Liquidationserlös, §§ 29 Abs. 3, 72 GmbHG und §§ 60, 271 Abs. 2. Auch daran zeigt sich: Die Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, insbesondere bei der Erweiterung des Gesellschafterkreises. Denn neue externe Eigenkapitalgeber bevorzugen eindeutige gesetzliche Regelungen zum Anteil am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven
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Finanzierungsmöglichkeiten bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Einzelunternehmen haben nur einen Eigenkapitalgeber. Abhängig von dessen Bonität und Vorhaben gibt es ggf. auch Fremdkapitalgeber wie Banken. Der Zugang zu Kapital ist jedoch im Regelfall sehr limitiert.

Bei Personengesellschaften ist das meistens sehr ähnlich, doch mit der Anzahl der Gesellschafter verbessert sich in der Regel auch der Zugang zu Fremdkapital. Das verdeutlicht auch die Tatsache, dass es in Deutschland sehr große Personengesellschaften gibt. Dominiert wird der Anteil der Großunternehmen in Deutschland gleichwohl von Kapitalgesellschaften.

Kapitalgesellschaften

Kleine Kapitalgesellschaften wie z.B. die UG oder kleine GmbHs stehen vor einem ähnlichen Problem wie Einzelunternehmen, da sie im Regelfall nur einen Gesellschafter haben. Die Banken verlangen deswegen bei der Fremdkapitalvergabe vom Gesellschafter selbst noch Sicherheiten wie bspw. eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Der theoretische Vorteil einer Haftungsbegrenzung besteht deswegen bei Fremdkapitalaufnahme in der Praxis nicht.

Die Finanzierung für Kapitalgesellschaften ist also nicht per se einfacher als für Personenunternehmen. In der Praxis werden aber insbesondere für visionäre Geschäftsideen mit skalierenden Geschäftsmodellen eher Kapitalgesellschaften gewählt. Unternehmen, die auf Wachstum ausgelegt sind, haben einen besseren Zugang zum grauen Kapitalmarkt. Sie sind für Investoren, bspw. für Venture Capital und Business Angels oder Seedfinanzierungen bzw. Crowdfunding deutlich interessanter.

Für externe Investoren, die als Eigenkapitalgeber neu aufgenommen werden, sind aufgrund der Haftungsbeschränkung nur Kapitalgesellschaften wirklich attraktiv. Die Veräußerbarkeit des Investments ist in der Regel nicht nur gesellschaftsrechtlich einfacher als bei Personengesellschaften. Je größer die Kapitalgesellschaft ist und je kapitalistischer diese aufgestellt ist, desto einfacher ist der Anteil auch veräußerbar (sog. Fungibilität). Während gerade kleine Beteiligungen von geringem Wert nur schwer veräußerbar sind, gibt es bei börsennotierten AGs einen regulierten Markt dafür. Es besteht dann auch Zugang zum Anleihemarkt zur Fremdkapitalaufnahme.

Die Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, da sie bspw. einen hohen Finanzierungsbedarf bei der Erreichung der Unternehmensziele unterstützen muss.

Publizitätspflichten bei der Rechtsformwahl

Grundsatz

Die Publizitätspflichten sind nicht völlig unabhängig von der Rechtsform, doch je größer das Unternehmen, desto mehr Publizitätspflichten kommen hinzu. Je größer das Unternehmen, desto unwichtiger wird die Rechtsform folglich für den Umfang der Publizitätspflichten. Zu den Publizitätspflichten zählen insbesondere die Erstellung und Veröffentlichung eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses, ggf. zzgl. Anhang und Lagebericht.

Ein Jahresabschluss muss von Kaufleuten aufgestellt werden, § 242 Abs. 1 HGB. Dieser besteht aus der Handelsbilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung, § 242 Abs. 3 HGB. Wer Kaufmann ist, das bestimmt sich nach den §§ 1 – 6 HGB.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, Publizitätspflichten
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Personenunternehmen

Wer einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb betreibt, muss als Ist-Kaufmann i.S.d. § 1 HGB auch einen Jahresabschluss aufstellen. Erfahrungsgemäß besteht hier jedoch ein Beurteilungsspielraum, sodass ein Einzelunternehmer in der Praxis sehr lange um die Publizitätspflichten nach dem HGB herumkommt. Wer sich dennoch als Kaufmann ins Handelsregister eintragen lässt, wird spätestens mit der Eintragung zum Kaufmann (sog. Kannkaufmann, §§ 2, 3 HGB).

Darüber hinaus ist zwischen der GbR und den sog. Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) zu unterscheiden. Die Personenhandelsgesellschaften sind bereits nach dem gesetzlichen Leitbild Kaufleute, immerhin handelt es sich um Rechtsgebilde des Handelsrechts. Da mehrere Kapitalgesellschaften gemeinsam eine OHG oder KG bilden können, gibt es Sondervorschriften für kapitalistische Personenhandelsgesellschaften (vgl. § 264a HGB). Eine GbR ist demgegenüber per Definition nur eine Vorstufe der OHG, wenn sie ein nicht in kaufmännischer Weise eingerichtetes Gewerbe betreibt. Denn die Vorschriften der GbR gelten für die Personenhandelsgesellschaften entsprechend, §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB. Die GbR ist demnach nicht publizitätspflichtig.

Kapitalgesellschaften:

Diese sind schon von Gesetzes wegen Kaufleute (§ 13 Abs. 3 GmbHG, § 3 Abs. 1 AktG) und deswegen unabhängig von ihrer Größe zur Erstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet. Sie müssen den Jahresabschluss grundsätzlich um einen Anhang und Lagebericht ergänzen, wobei für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften zusätzliche Bestandteile hinzukommen, § 264 Abs. 1 HGB. Es bestehen jedoch größenabhängige Erleichterungen, §§ 264 Abs. 1 Satz 5, 274a, 276, 288 HGB.

Fazit zur Rechtsformwahl

Bei der Rechtsformwahl gibt es nicht nur für Gründer einiges zu bedenken, die Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen. Die Rechtsform sollte von Anfang an zu den eigenen Unternehmenszielen passen. Die Rechtsform sollte aber auch überdacht werden, wenn sie für die eigenen Unternehmensziele nicht mehr zweckmäßig ist. Jeder Unternehmer möchte am Ende den größtmöglichen Gewinn nach Steuern erzielen. Auf dem Weg dorthin kann es viele Stolpersteine geben, die sich auch aus der Rechtsform ergeben. Einflussfaktoren sind:

  • Leitungs- und Kontrollbefugnisse,
  • Haftungsverhältnisse,
  • die Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven,
  • der Zugang zu neuem Kapital für Finanzierungszwecke,
  • der Umfang der Publizitätspflichten,
  • sowie Besteuerungsaspekte.

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[1] Vgl. Rawert, in: Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 114 Rn. 24; Schmidt, in: Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 125 Rn. 5.

[2] Vgl. Goette, in: Fleischer/Goette, MüKo GmbHG, 2015, § 6 Rn. 57.

[3] Vgl. Grunewald, in: Schmidt, MüKo HGB, 2012, § 161 Rn. 29; Schmidt, in Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 105 Rn. 179.

[4] Vgl. Grunewald, in: Schmidt, MüKo HGB, 2012, § 167 Rn. 19; Priester, in Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 120 Rn. 101 ff.

[5] Vgl. Grunewald, in: Schmidt, MüKo HGB, 2012, § 167 Rn. 19; Priester, in Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 120 Rn. 103.

[6] S. hier.