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Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften

Körperschaftsteuer Besteuerung Kapitalgesellschaft Gesellschafter
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Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welche Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften in Deutschland anfallen. Insbesondere Existenzgründer bzw. Start-ups, die eine Kapitalgesellschaft gründen wollen, müssen die steuerlichen Grundlagen kennen, auch da es erhebliche Besteuerungsunterschiede gegenüber Personenunternehmen (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) gibt. Die Besteuerung von Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften wird in Deutschland durch das sog. „Trennungsprinzip“ geprägt, das eine getrennte Besteuerung der Gesellschaft einerseits und ihres Gesellschafters andererseits anordnet.

Welche Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften anfallen, wird hauptsächlich durch die Rechtsform des Gesellschafters (z.B. natürliche Person, Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft) sowie durch dessen wirtschaftliche Beziehungen zu seiner Kapitalgesellschaft bestimmt (z.B. Dienst-, Miet- oder Darlehensverträge). Deswegen thematisierte der letzte Teil die Besteuerung der Kapitalgesellschaft. Folglich geht es in diesem Beitrag um die nicht weniger komplizierte Besteuerung des dahinterstehenden Gesellschafters.

Bei Kapitalgesellschaft angestellter Gesellschafter-Geschäftsführer

Ein angestellter Gesellschafter-Geschäftsführer wird seiner Kapitalgesellschaft gegenüber wie ein angestellter Fremd-Geschäftsführer behandelt. Das bedeutet, dass auch der angestellte Gesellschafter-Geschäftsführer wie ein regulärer Arbeitnehmer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 Abs. 1 EStG erzielt und mit dem persönlichen Steuersatz versteuern muss.

Selbstständig für die Kapitalgesellschaft tätiger Gesellschafter-Geschäftsführer

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer muss sich von seiner Kapitalgesellschaft nicht anstellen lassen und auch keine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Er kann auch selbstständig für seine Kapitalgesellschaft tätig werden, bspw. aufgrund eines Beratervertrags.

Die Geschäftsführer-Tätigkeit kann in diesem Fall eine gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes darstellen. Das ist hauptsächlich für die Frage relevant, ob auch Gewerbesteuer zu zahlen ist oder nicht. Handelt es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG, ist keine Gewerbesteuer zu zahlen. Handelt es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG, dagegen schon (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Als selbständige Arbeit erachtet der BFH bspw. eine betriebswirtschaftliche Beratungstätigkeit gegenüber der Kapitalgesellschaft.[1] Einkünfte aus Gewerbebetrieb liegen dagegen vor, wenn keine selbständige Arbeit vorliegt (zur Definition vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Auch wenn die Tätigkeit gewerbesteuerrelevant ist, fällt Gewerbesteuer normalerweise erst dann an, wenn der Gewerbeertrag den Freibetrag von 24.500 € überschreitet, § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG. Die Gewerbesteuer wird größtenteils auf die Einkommensteuer angerechnet, § 35 EStG.

Gesellschafter von Kapitalgesellschaft
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Überlassung von Geld und Wirtschaftsgütern an Kapitalgesellschaften

Steuerliche Anerkennung von Rechtsgeschäften mit Gesellschaftern

Besondere Sorgfalt ist bei Rechtsgeschäften zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft geboten, da hier schnell unerwünschte Steuerfolgen eintreten können. Generell ist es nämlich so, dass das Steuerrecht hohe Anforderungen an die Anerkennung dieser Rechtsgeschäfte stellt. Denn Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften sind zum einen davon abhängig, ob die Rechtsgeschäfte dem Fremdvergleich standhalten.

Zum anderen müssen bei beherrschenden Gesellschaftern eine Reihe weiterer Voraussetzungen erfüllt sein. Ein Gesellschafter gilt in der Regel als beherrschend, wenn er zu mehr als 50% an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und damit einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann, H 8.5 EStH „Beherrschender Gesellschafter – Begriff“. Deswegen wird ein Vertrag mit der Kapitalgesellschaft bei einem beherrschenden Gesellschafter nur dann anerkannt, wenn der Vertrag zivilrechtlich wirksam, klar, eindeutig und im Voraus abgeschlossen sowie tatsächlich durchgeführt wird.[2] Erfüllt der Vertrag diese Kriterien nicht, liegt entweder eine verdeckte Gewinnausschüttung oder eine verdeckte Einlage vor.

Häufig überlässt der Gesellschafter entweder Geld oder Wirtschaftsgüter an seine Kapitalgesellschaft. Vergibt der Gesellschafter ein Darlehen, muss die Vereinbarung typische Elemente eines Darlehensvertrages enthalten, so wie sie auch unter fremden Dritten vereinbart worden wären.[3] Auch wenn das formlos möglich ist, aus Gründen der Beweisvorsorge sollte eine solche Vereinbarung immer schriftlich geschlossen werden. Ein fremdunüblich hoher Zinssatz wird nur in Höhe des angemessenen Teils steuerlich anerkannt, der erhöhte Teil stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar. Beim Gesellschafter werden die Vergütungen korrespondierend besteuert, d.h. als Zinsertrag in Höhe des angemessenen Teils und als verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des unangemessenen Teils. Ausnahmsweise ist ein fremdunüblich geringer Zinssatz steuerlich unproblematisch (unbeachtlicher Gesellschafterbeitrag). Für zu mindestens 10% beteiligte Gesellschafter ist zu beachten, dass der gesonderte Abgeltungsteuertarif keine Anwendung findet, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG.

Betriebsaufspaltung zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft

Überlässt der Gesellschafter Wirtschaftsgüter an seine Kapitalgesellschaft, stellt sich schnell die Frage, ob hier eine sogenannte „Betriebsaufspaltung“ vorliegt. Eine solche liegt u.a. vor, wenn der Gesellschafter (Besitzunternehmen) eine wesentliche Betriebsgrundlage an seine Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zur Nutzung überlässt (sachliche Verflechtung) und sowohl im Besitzunternehmen als auch im Betriebsunternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen kann (personelle Verflechtung), H 15.7 Abs. 4 EStH „Allgemeines“.

Ein in der Praxis häufig anzutreffender Fall ist das im Privateigentum des Gesellschafters stehende Büro- und Geschäftsgebäude, das an die eigene Kapitalgesellschaft vermietet wird. Folge der Betriebsaufspaltung ist insbesondere, dass der Gesellschafter nicht etwa Vermietungseinkünfte erzielt, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Damit stellt das überlassene Grundstück Betriebsvermögen des Besitzunternehmens dar und kann – anders als wenn es weiterhin noch Privatvermögen wäre – nicht nach 10 Jahren ab Anschaffung noch steuerfrei verkauft werden (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Häufig entstehen Betriebsaufspaltungen unbewusst und werden erst im Nachhinein erkannt, was schnell zum Nachteil des Gesellschafters ausfällt. Eine bewusst in Kauf genommene Betriebsaufspaltung kann hingegen sinnvoll sein, insbesondere um Privatvermögen vom haftenden Vermögen der Kapitalgesellschaft zu trennen und somit vor dem Zugriff Dritter zu schützen.

Gewinnausschüttungen an Gesellschafter von Kapitalgesellschaften

Gesellschafter mit Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen

Gewinnausschüttungen führen bei dem Gesellschafter grundsätzlich zu Einkünften aus Kapitalvermögen, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG. Befindet sich die Beteiligung im Privatvermögen, sind die Einnahmen bei Zufluss zu erfassen, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Hierfür ist entscheidend, dass der Gesellschafter die wirtschaftliche Verfügungsmacht erhält, H 11 EStH.

Bei beherrschenden Gesellschaftern findet der Zufluss abweichend im Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses statt.[4] Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung können nicht als Werbungskosten abgezogen werden, § 20 Abs. 9 EStG. Die Einkünfte unterliegen vielmehr dem gesonderten Abgeltungsteuertarif von 25% (ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer), § 32d Abs. 1 EStG. Die Einkommensteuer ist in diesem Fall mit dem Kapitalertragsteuerabzug durch die ausschüttende Kapitalgesellschaft abgegolten, § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG.

Auf Antrag kann die Anwendung des Abgeltungsteuertarifs unterbleiben, wenn der Gesellschafter zu mindestens 25% an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1% beteiligt und beruflich für diese tätig ist sowie einen maßgeblichen unternehmerischen Einfluss nehmen kann, § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG. Wird dieser Antrag gestellt, unterliegen die Gewinnausschüttungen dem sogenannten „Teileinkünfteverfahren“, d.h. sie sind zu 60% steuerpflichtig, damit zusammenhängende Aufwendungen aber auch zu 60% abzugsfähig,       § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG. Dieser Antrag lohnt sich vor allem dann, wenn dem Gesellschafter hohe Werbungskosten entstanden sind.Der steuerpflichtige Teil von 60% wird vom Gesellschafter mit dem persönlichen Steuersatz versteuert. Der Kapitalertragsteuerabzug hat zwar keine Abgeltungswirkung, die Kapitalertragsteuer kann jedoch auf die Einkommensteuer angerechnet werden, § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG.

Alternativ können die Gewinnausschüttungen auch der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, wenn dies zu einer niedrigeren Steuer führt, § 32d Abs. 6 EStG. Weitere Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften fallen in dieser Variante nicht an.

Kapitalertragsteuer für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften
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Gesellschafter mit Anteilen an Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen

Bei Beteiligungen im Betriebsvermögen zählen die Gewinnausschüttungen zur zutreffenden Gewinneinkunftsart, § 20 Abs. 8 EStG. Die Betriebseinnahmen sind bei Realisation zu erfassen, wenn der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung, §§ 4 Abs. 1, 5 EStG) wird. Die Betriebseinnahme ist mit Zufluss zu erfassen, wenn der Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt wird. Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung können als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Ist der Gesellschafter eine natürliche Person (unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft), bestimmt sich der steuerpflichtige Teil nach dem o.g. Teileinkünfteverfahren, §§ 3 Nr. 40 Satz 2 i.V.m. 20 Abs. 8 EStG.

Ist der Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft, bleiben die Beteiligungserträge grundsätzlich steuerfrei, § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG. Aufwendungen in Zusammenhang mit der Beteiligung können dennoch vollständig als Betriebsausgaben abgezogen werden, § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG. Allerdings gelten 5% der Bezüge als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG. Bleibt die Dividende damit effektiv zu 95% steuerfrei, spricht man vom sogenannten „Schachtelprivileg“.

War der Gesellschafter zu Jahresbeginn allerdings nicht zu mindestens 10% am Grund- oder Stammkapital der Kapitalgesellschaft beteiligt, tritt grundsätzlich keine Steuerbefreiung ein, § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG. Eine fast identische Regelung besteht auch bei der Gewerbesteuer, nur dass hier eine Mindestbeteiligung von 15% zu Jahresbeginn vorgesehen ist, §§ 8 Nr. 5 i.V.m. 9 Nr. 2a und 7 GewStG. Sind die Beteiligungserträge voll steuerpflichtig, weil die Mindestbeteiligungsquoten nicht eingehalten werden, spricht man von sogenannten „Streubesitzdividenden“.

Der Kapitalertragsteuerabzug hat im Betriebsvermögen zwar keine Abgeltungswirkung, die Kapitalertragsteuer kann jedoch auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer angerechnet werden, § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG bzw. § 31 Abs. 1 KStG i.V.m. § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG. In dieser Variante besteht also zumindest die Möglichkeit, dass kaum Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften anfallen, wenn die Anteilseigner selbst Kapitalgesellschaften sind und wesentlich beteiligt sind.

Veräußerung der Anteile an Kapitalgesellschaften

Gesellschafter mit Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen

Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bei einer Beteiligungsquote von < 1% zählen im Privatvermögen grundsätzlich zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und unterliegen dem Abgeltungsteuertarif von 25% (ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer), § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32d Abs. 1 EStG. Nicht in allen Fällen unterliegen Veräußerungsgewinne der Kapitalertragsteuer. Wurde der Steuerabzug vorgenommen, hat er eine Abgeltungswirkung, § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG. Folglich ist der Veräußerungsgewinn zwingend in der Einkommensteuererklärung anzugeben, wenn kein Steuerabzug vorgenommen wurde, § 32d Abs. 3 EStG.

Ein Veräußerungsverlust kann nur mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden, § 20 Abs. 6 EStG. Bei Bedarf muss für eine depotübergreifende Verlustverrechnung (d.h. Aktien-Verlusttöpfe einer deutschen Bank) bis spätestens zum 15.12. des betreffenden Jahres eine Verlustbescheinigung bei der depotführenden Bank beantragt werden, § 43a Abs. 3 Satz 5 EStG.

Der Abgeltungsteuertarif findet keine Anwendung, wenn ein Veräußerungsgewinn nach § 20 Abs. 8 EStG einer Gewinneinkunftsart zuzuordnen ist, § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG. Dies kann auch bei Beteiligungen im Privatvermögen der Fall sein. Der Veräußerungsgewinn zählt zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1% an der Kapitalgesellschaft beteiligt war, § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG. Die Ermittlung der Steuerauswirkungen ist in diesem Fall etwas diffiziler.

Einerseits kann für einen Veräußerungsgewinn ein begünstigender Freibetrag gewährt werden (vgl. § 17 Abs. 3 EStG), andererseits ist ein entstehender Veräußerungsverlust ggf. nicht steuerwirksam (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG). Der Veräußerungsgewinn und damit zusammenhängende Aufwendungen bzw. ein abzugsfähiger Veräußerungsverlust sind jeweils zu 60% zu berücksichtigen, §§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a, 3c Abs. 2 EStG. Der steuerpflichtige Teil unterliegt dem persönlichen Steuersatz. Ein Veräußerungsverlust kann im Normalfall nach den allgemeinen Regeln mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden. In dieser Variante fallen also Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften an.

Veräußerungsgewinn Gesellschafter von Kapitalgesellschaften
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Gesellschafter mit Anteilen an Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen

Darüber hinaus zählen Veräußerungsgewinne im Betriebsvermögen im Regelfall zu den laufenden Einkünften i.S.d. § 15 EStG. Bei natürlichen Personen (unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft) bestimmt sich der steuerpflichtige Teil nach dem Teileinkünfteverfahren (Gewinne 60% steuerpflichtig, Verluste 60% steuerwirksam), §§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a, 3c Abs. 2 EStG.

Abweichend davon zählt die Veräußerung einer 100%-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Veräußerung eines Teilbetriebs, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Der Veräußerungsgewinn ist in diesem Fall ggf. steuerlich begünstigt (vgl. §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 1 und 3 EStG). Zudem kommt ebenfalls das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung, §§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b, 3c Abs. 2 EStG. Folglich unterliegt der steuerpflichtige Teil dem persönlichen Steuersatz und ein Veräußerungsverlust kann nach den allgemeinen Regeln mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden.

Demgegenüber bleibt der Veräußerungsgewinn insgesamt steuerfrei, wenn der Gesellschafter selbst eine Kapitalgesellschaft ist, § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG. Jedoch gelten 5% des Veräußerungsgewinns als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe, § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG. Der Veräußerungsgewinn bleibt damit effektiv zu 95% steuerfrei. Mit der Veräußerung im Zusammenhang stehende Aufwendungen bleiben hingegen vollständig abzugsfähig, § 8b Abs. 3 Satz 2 KStG. Ein Veräußerungsverlust wirkt sich steuerlich dagegen nicht aus, § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG.

Der Kapitalertragsteuerabzug hat im Betriebsvermögen zwar keine Abgeltungswirkung, die Kapitalertragsteuer kann jedoch auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer angerechnet werden, § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG bzw. § 31 Abs. 1 KStG i.V.m. § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG. In dieser Variante fallen also zumindest dann fast keine Steuern für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften an, wenn die Anteilseigner selbst Kapitalgesellschaften sind.


[1]               Vgl. BFH v. 20.10.2010, VIII R 34/08, BFH/NV 2011, S. 585.

[2]               Vgl. Rengers, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 156. EL 2021, § 8 KStG Rn. 110.

[3]               Vgl. BFH v. 29.10.1997, I R 24/97, BStBl. II 1998, S. 573.

[4]               Vgl. Ratschow, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 156. EL 2021, § 20 EStG Rn. 42.

Steuern für Kapitalgesellschaften

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Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welche Steuern für Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, UG oder AG) in Deutschland anfallen. Insbesondere Existenzgründer bzw. Start-ups, die eine Kapitalgesellschaft gründen wollen, müssen die steuerlichen Grundlagen kennen, auch da es erhebliche Besteuerungsunterschiede gegenüber Personenunternehmen (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) gibt.

Die Besteuerung von Kapitalgesellschaften basiert in Deutschland auf dem sog. „Trennungsprinzip“, welches eine getrennte Besteuerung der Gesellschaft einerseits und ihres Gesellschafters andererseits anordnet. Das resultiert aus dem Umstand, dass Kapitalgesellschaften als selbstständige Steuersubjekte behandelt werden und einer eigenen Steuerart, nämlich der Körperschaftsteuer unterliegen, § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG.

Dieses wichtige Besteuerungsprinzip wird uns noch im Laufe dieser Beitragsreihe begleiten. Wegen des Trennungsprinzips geht es in diesem Teil erst einmal nur um die Besteuerung der Kapitalgesellschaft selbst, im nächsten dann um die Besteuerung des dahinterstehenden Gesellschafters.

Fremdvergleich zwischen Kapitalgesellschaften und Gesellschaftern

Der wesentlichste Unterschied zur Besteuerung von Personenunternehmen besteht darin, dass sich die Kapitalgesellschaft und der Gesellschafter wie fremde Dritte gegenüber stehen und genauestens darauf geachtet werden muss, dass dieser Fremdvergleichsgrundsatz auch eingehalten wird.

Das wird bspw. am Vergleich mit den Entnahmen und Einlagen bei Personenunternehmen deutlich. Damit können Einzelunternehmer oder Gesellschafter von Personengesellschaften (Mitunternehmer) flexibel Betriebsvermögen (bspw. Geld, Waren und Dienstleistungen) in ihr Privatvermögen überführen. Entnahmen und Einlagen gibt es in dieser Form bei Kapitalgesellschaften jedoch nicht. Denn ein fremder Dritter würde auch nicht zulassen, dass sich eine andere Person ohne Gegenleistung am eigenen Betriebsvermögen bedient. Umgekehrt würde ein fremder Dritter ohne Gegenleistung auch nichts in ein fremdes Betriebsvermögen einbringen.

Steuern für Kapitalgesellschaften Fremdvergleich
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Immer wenn also die Frage „Würden fremde Dritte unter vergleichbaren Umständen genauso handeln?“ verneint wird, liegt meistens auch eine unangemessene Vermögensverschiebung zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter vor. Das Körperschaftsteuerrecht erkennt unangemessene Vermögensverschiebungen in der Regel nicht an. Stattdessen werden die Steuerfolgen fingiert, die sich ergeben hätten, wenn alle Beteiligten sich wie fremde Dritte zueinander verhalten hätten. Man spricht in diesem Fällen von „verdeckten Gewinnausschüttungen“ und „verdeckten Einlagen“, § 8 Abs. 3 Satz 2 und 3 KStG.

Es gibt zahlreiche Konstellationen, die Anlass für die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen (bspw. Gesellschaft trägt private Kosten, zu hohe Gehaltszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer) oder verdeckter Einlagen (bspw. Gesellschafter trägt Kosten der Gesellschaft) sind. Es gibt aber aufgrund der theoretischen Konzeption dieser Rechtsinstitute auch einige Ausnahmen. Ohne steuerliche Auswirkung bleibt bspw., wenn der Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft Wirtschaftsgüter verbilligt  oder kostenfrei zur Verfügung stellt oder der Gesellschafter-Geschäftsführer ein zu geringes Gehalt vereinbart. Das Thema ist jedoch komplex und streitanfällig bei den Finanzbehörden. Auf die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes muss stets geachtet werden.

Relevante Steuern für Kapitalgesellschaften

Die relevanten Steuern für Kapitalgesellschaften setzen sich im Wesentlichen aus der Körperschaft- und der Gewerbesteuer zusammen.

Die Körperschaftsteuer beträgt 15% vom zu versteuernden Einkommen, § 23 Abs. 1 KStG. Das zu versteuernde Einkommen ist wirtschaftlich gesehen der steuerliche Gewinn, der nach den besonderen  Vorschriften für Kapitalgesellschaften modifiziert wurde. Zum Körperschaftsteuersatz fällt zusätzlich Solidaritätszuschlag i.H.v. 5,5% an, sodass sich insoweit eine zusätzliche Steuerbelastung von 0,825% des zu versteuernden Einkommens ergibt (= 15% x 5,5%).

Daneben unterliegen Kapitalgesellschaften auch der Gewerbesteuer, § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 GewStG. Der Gewerbeertrag ist die Ausgangsgröße für die Gewerbesteuer, wirtschaftlich gesehen also der steuerliche Gewinn, der nach den gewerbesteuerlichen Vorschriften modifiziert wurde. Die Gewerbesteuer berechnet sich auf Basis eines Steuermessbetrags, der 3,5% des Gewerbeertrags beträgt, § 11 Abs. 1 und 2 GewStG. Während die Ermittlungsweise des Steuermessbetrags bis hierhin für alle Gewerbebetriebe identisch ist, hängt die endgültige Höhe der Gewerbesteuer dann noch von dem Gewerbesteuer-Hebesatz ab, der von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich ist, § 16 Abs. 1 GewStG. Bei einem Hebesatz von 400% beträgt die Gewerbesteuer nominell 14% (= 3,5% Gewerbeertrag x 400%), was lange Zeit auch in etwa dem durchschnittlichen Gewerbesteuer-Hebesatz in Deutschland entsprach.[1]

Der kumulierte nominelle Steuersatz einer Kapitalgesellschaft beträgt damit insgesamt rund 29,825% (15% Körperschaftsteuer + 0,825% Solidaritätszuschlag + 14% Gewerbesteuer).

Hinweis: Kapitalgesellschaften sind Formkaufleute i.S.d. § 6 HGB, d.h. sie sind schon von Gesetzes wegen zur Erstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet, der mindestens aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung besteht (s. unser Blog-Beitrag zur Rechtsformwahl unter Punkt 5.3). Damit ist eine doppelte Buchführung nach den gesetzlichen Vorschriften erforderlich, die Gründer keinesfalls unterschätzen dürfen (s. unser Blog-Beitrag zu Steuern für Personenunternehmen unter Punkt 2.2). Der Gewinn / Verlust gem. Handelsbilanz ist Ausgangsgröße für den steuerlichen Gewinn, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 1 KStG.

Gewinnausschüttungen an Gesellschafter von Kapitalgesellschaften

Die erzielten Unternehmensgewinne gelangen erst durch Gewinnausschüttungen auf die Ebene des Gesellschafters. Das kann sowohl offen als auch verdeckt (s. Einführung) erfolgen. Offene Gewinnausschüttungen sind Ausschüttungen, die auf den gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsvorschriften beruhen.[2] Verdeckte Gewinnausschüttungen sind Vermögensminderungen oder verhinderte Vermögensmehrungen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst (d.h. nicht fremdüblich) sind, sich auf den Gewinn ausgewirkt haben und nicht auf den gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsvorschriften beruhen, R 8.5 Abs. 1 KStR. Egal ob offen oder verdeckt, Gewinnausschüttungen sind bei der Kapitalgesellschaft nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig und dürfen das Einkommen nicht mindern, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 KStG. Dies gilt auch für den Gewerbeertrag, § 7 Satz 1 GewStG.

Die Kapitalgesellschaft ist dazu verpflichtet, für Rechnung des Gesellschafters 25% der Gewinnausschüttung (zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) als Kapitalertragsteuer einzubehalten, anzumelden und an das Finanzamt abzuführen.

Steuern für Kapitalgesellschaften Gewinnausschüttung an Gesellschafter
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Umgang mit Verlusten bei Kapitalgesellschaften

Die Gesellschafter dürfen die Verluste der Kapitalgesellschaft nicht nutzen, das würde gegen das Trennungsprinzip verstoßen. Nur die Kapitalgesellschaft selbst darf die Verluste nutzen, die sie erlitten hat. In Verlustsituationen ist diese Sperrwirkung ein Nachteil gegenüber Personenunternehmen, insbesondere wenn der Gesellschafter selbst einkommensteuerpflichtige Einkünfte erzielt.

Entstehen in einem Steuerjahr Verluste, können diese im Rahmen der Körperschaftsteuer bis zu einem Betrag von 10 Mio. EUR in das letzte Steuerjahr zurückgetragen und mit dortigen Gewinnen verrechnet werden (Verlustrücktrag), § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG. Dieser Verlustrücktrag gilt aber nicht für die Gewerbesteuer.

Danach noch nicht ausgeglichene Verluste werden vom Finanzamt gesondert festgestellt und können mit Gewinnen in den Folgejahren verrechnet werden (Verlustvortrag), § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG, § 10a Satz 6 GewStG. Dabei sind die besonderen Regeln der sog. „Mindestbesteuerung“ zu beachten. Demnach können Verlustvorträge nur bis zur Höhe von 1 Mio. € (Sockelbetrag) unbegrenzt mit Gewinnen verrechnet werden, darüber hinaus nur in Höhe von maximal 60% des den Sockelbetrag noch übersteigenden Restgewinns, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG, § 10a Satz 6 GewStG.

Das Trennungsprinzip wird nur in Ausnahmefällen wie bei Gesellschafterwechseln durchbrochen. Nicht genutzte Verluste können vollständig untergehen, wenn ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt, also insbesondere wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50% des gezeichneten Kapitals auf einen neuen Gesellschafter übergehen, § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG, § 10a Satz 10 GewStG. Diese Norm ist jedoch sehr umstritten, da die Rechtfertigungsgründe des Gesetzgebers für eine so tiefgreifende Ausnahme vom Trennungsprinzip als nicht ausreichend angesehen werden.

Ausblick zu Steuern für Kapitalgesellschaften

Der Bundestag hat am 21.05.2021 beschlossen, das Körperschaftsteuerrecht zu modernisieren. Die daraus zu erwartenden Änderungen sind in diesem Blog-Beitrag nicht enthalten, da die Änderungen zum Redaktionsschluss noch nicht final fest standen.[3]


[1] S. hier.

[2] Vgl. Rengers, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 156. EL 2021, § 8 KStG Rn. 190.

[3] Vgl. https://dserver.bundestag.de/btd/19/286/1928656.pdf.

Steuern für Personenunternehmen

Steuern für Personenunternehmen, Einkommensteuer, Gewerbesteuer
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Welche Steuern für Personenunternehmen anfallen, d.h. Einzelunternehmen und Personengesellschaften, ist eine der häufigsten Fragen von Start-ups. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften sind die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer relevant. Wer Einzelunternehmer ist, erzielt höchstpersönlich einen Gewinn oder Verlust aus seinem Unternehmen und muss diesen auch selbst versteuern.

Bei Personengesellschaften ist das anders. Denn sie sind keine Steuersubjekte und deswegen auch nicht selbst einkommensteuerpflichtig. Personengesellschaften sind ertragsteuerlich transparent. Das bedeutet, dass sie nur für die Qualifikation und Ermittlung der Einkünfte erforderlich sind, welche den Mitgesellschaftern (sog. Mitunternehmer) anteilig zugerechnet werden. Das erfolgt im Rahmen der sog. „einheitlichen und gesonderten Feststellung“, §§ 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AO. Diesen anteiligen Gewinn und Verlust versteuern die Mitunternehmer im Rahmen der eigenen Einkommensteuererklärung selbst (Transparenzprinzip). Lediglich die Gewerbesteuer zahlt die Personengesellschaft selbst, § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG.

Dieser Blogpost verschafft einen Überblick darüber, welche Steuern für Personenunternehmen bei den Ertragsteuern relevant sind und welche Steuer-Aspekte zu beachten sind.

Qualifikation der Einkünfte von Personenunternehmen

Ob für eine Tätigkeit nur Einkommensteuer oder auch Gewerbesteuer anfällt, ist von der erzielten Gewinneinkunftsart abhängig, die sich wiederum aus der Qualifikation der Einkunftsart ergibt. Ausgangspunkt dieser Frage ist § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG, wo die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs definiert sind:

  • Selbstständige Tätigkeit (d.h. weisungsfrei),
  • nachhaltige Tätigkeit (d.h. mit Wiederholungsabsicht),
  • Gewinnerzielungsabsicht,
  • Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (d.h. mit Außenwirkung),
  • Tätigkeit zählt nicht als Land- und Forstwirtschaft i.S.d. § 13 EStG, Ausübung eines freien Berufs oder als selbständige Arbeit i.S.d. § 18 EStG.

Während Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die Ausnahme sind, kommen Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG häufiger vor. Als selbständige Arbeit werden grundsätzlich nur wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten angesehen, welchen eine gewisse akademische oder schöpferische Gestaltungshöhe zugesprochen wird. Das betrifft in aller Regel die sogenannten „Katalogberufe“ oder vergleichbare Tätigkeiten, zu welchen bspw. Steuerberater, Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten, Journalisten etc. zählen, § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Eine dieser Alternativen muss vorliegen, wobei im Zweifelsfall immer Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzunehmen sind. Dafür gibt es auch kein Wahlrecht, diese Einstufung nimmt das Finanzamt vor. Ein Steuerberater kann hier bei Zweifelsfällen argumentativ unterstützen, jedoch geben hier die Finanzämter den Takt vor. Die Frage der Einkünftequalifikation ist zentral bei den Steuern für Personenunternehmen.

Gewinnermittlung und Buchführung für Personenunternehmen

Buchführung für Personenunternehmen

Die Einkünfte sind bei einem Unternehmen immer der Gewinn, § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dafür müssen besondere Aufzeichnungen geführt werden, wobei es

  • die „doppelte Buchführung“ mit umfassendem Regelwerk und
  • die „einfache Buchführung“ mit erheblichen Vereinfachungen gibt.

Warnung: Viele Gründer sind der Auffassung, dass es sich hierbei um sehr einfache Tätigkeiten handelt, die man selbst übernehmen kann. Diese Auffassung ist jedoch eher ein Ergebnis des gelungenen Marketings der Anbieter von Buchführungs-Software. Richtig ist, dass die Buchführungstechnik („Wie muss ich buchen?“) einfach erlernt werden kann. Entscheidend für den Buchungsvorgang ist jedoch nicht die Buchungstechnik, sondern das Verständnis der Rechtslage („Was muss ich buchen?“). Das Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Einkommensteuer-, Gewerbe- und Körperschaftsteuerrecht, vor allem aber das Umsatzsteuerrecht (Umsatzsteuer-Voranmeldungen basieren auf der Buchführung) wirklich zu verstehen, die Rechtsänderungen zu verfolgen und die richtigen Konsequenzen zu ziehen, unterschätzen Start-ups leider regelmäßig erheblich.

Steuern für Personenunternehmen, Buchführung, Buchhaltung
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Doppelte Buchführung

Grundsätzlich wird der Gewinn durch einen Betriebsvermögensvergleich ermittelt, § 4 Abs. 1 EStG. Dafür ist die sogenannte „doppelte Buchführung“ erforderlich, d.h.

  • entweder es besteht wegen der Kaufmannseigenschaft nach den handelsrechtlichen Vorschriften gem. §§ 238 ff HGB i.V.m. § 140 AO eine Buchführungspflicht
  • oder es besteht eine eigenständige steuerrechtliche Buchführungspflicht nach § 141 AO für Nicht-Kaufleute.

Eine doppelte Buchführung ist aufwändiger als die einfache Buchführung, da sie explizit gesetzlich geregelt ist und eigenen Regeln folgt, die sich aus unterschiedlichen Gesetzen ergeben (insb. handelsrechtliche Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung wie etwa Periodenabgrenzung, Vorsichtsprinzip, Stichtagsprinzip etc.). Die doppelte Buchführung schließt mindestens mit der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ab.

Praxishinweis: Kleinunternehmen mit einem Gewinn bis 60.000 € bzw. Umsatzerlösen bis 600.000 € sind grundsätzlich nicht zu einer doppelten Buchführung verpflichtet, § 241a HGB, § 141 Abs. 1 AO. Darauf lässt sich manchmal gezielt Einfluss nehmen.

Einfache Buchführung

Besteht keine Pflicht zur doppelten Buchführung, wird der Gewinn durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, d.h. eine „einfache Buchführung“, § 4 Abs. 3 EStG. Auch für die einfache Buchführung gibt es eigene Regeln (insb. Zufluss-Abfluss-Prinzip) und auch hier müssen Aufzeichnungen geführt werden. Wie diese Aufzeichnungen zu führen sind, ist jedoch nicht geregelt, sodass im Grunde auch eine Excel-Tabelle hierfür reicht.

Praxishinweis: Bei der doppelten Buchführung wäre eine Excel-Tabelle hingegen ein so gravierender Mangel, dass sie direkt verworfen würde. Daran zeigen sich die Erleichterungen der einfachen Buchführung.

Grundsatz der zeitnahen Besteuerung

Steuern für Personenunternehmen fallen grundsätzlich unabhängig davon an, ob Gewinne aus dem Unternehmen entnommen werden (Grundsatz der zeitnahen Besteuerung). Auch bei Personengesellschaften werden Gewinnanteile ungeachtet dessen ob sie entnommen oder in der Gesellschaft belassen werden, im Jahr der Entstehung auf Ebene der Gesellschafter versteuert.[1]

Besonderheiten für Personengesellschaften

Gewerblichkeit ist der Regelfall

Steuern für Personenunternehmen werden dann kompliziert, wenn Personengesellschaften betroffen sind. Die Gesellschafter einer gewerblich tätigen GbR, OHG oder KG (sogenannte Mitunternehmerschaft) erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Die Gesellschafter müssen nach vorgegebenen steuerlichen Kriterien unternehmerisch tätig sein, damit sie als Mitunternehmer zählen:

  • Mitunternehmerinitiative: Die Gesellschafter entfalten Mitunternehmerinitiative, wenn sie unternehmerischen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Personengesellschaft nehmen können, z.B. durch Mitwirkungs-, Informations- und Kontrollrechte.
  • Mitunternehmerrisiko: Die Gesellschafter tragen Mitunternehmerrisiko, wenn sie an den Chancen und Risiken ihres Gewerbebetriebs wirtschaftlich teilhaben,

Personengesellschaften sind im Regelfall gewerblich tätig, wenn sie nicht nur ihr eigenes Vermögen verwalten. Das zeigt sich auch daran, dass es für Personengesellschaften Sondervorschriften gibt, durch die Einkünfte aus anderen Einkunftsarten in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden:

  • Abfärbetheorie: Wird nur teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, gelten sämtliche Einkünfte als gewerblich, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
  • Gewerblich geprägte Personengesellschaft: Die Tätigkeit einer GmbH & Co. KG gilt dagegen stets als gewerblich, wenn die GmbH Komplementärin ist und nur diese oder Nichtgesellschafter zur Geschäftsführung befugt sind, § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.
Steuern für Personenunternehmen, Gewerbe, Gewerbebetrieb
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Umfang des Betriebsvermögens

Das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft umfasst das Gesamthandsvermögen und das Sonderbetriebsvermögen, R 4.2 Abs. 2 Satz 1 EStR. Das steuerliche Gesamthandsvermögen umfasst grundsätzlich das handelsrechtliche Betriebsvermögen.[2] Zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen zählen Wirtschaftsgüter, die im zivilrechtlichen Eigentum der Mitunternehmer stehen und unmittelbar dem Betrieb der Mitunternehmerschaft (Sonderbetriebsvermögen I) bzw. unmittelbar der Begründung oder Stärkung der Mitunternehmerstellung  (Sonderbetriebsvermögen II) dienen, R 4.2 Abs. 2 Satz 2 EStR.

Beispiel: A und B sind Mitunternehmer der AB-OHG. Die AB-OHG betreibt eine Unternehmensberatung in einer Gewerbeimmobilie, die A gehört. B hat der AB-OHG ein Darlehen zur weiteren Geschäftsexpansion gewährt. Die Wirtschaftsgüter Immobilie und Darlehen dienen unmittelbar dem Betrieb der AB-OHG. Sie stellen Sonderbetriebsvermögen I der Gesellschafter A (Immobilie) und B (Darlehen) dar.

Gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen können alle Wirtschaftsgüter sein, die objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, den Gewerbebetrieb der Mitunternehmerschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder die Mitunternehmerstellung (Sonderbetriebsvermögen II) zu fördern, R 4.2 Abs. 2 Satz 3 EStR. Im Rahmen der Steuerbilanz sind die gesamthänderisch gebundenen Wirtschaftsgüter in einer Gesamthandsbilanz und das Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer in Sonderbilanzen als Betriebsvermögen auszuweisen.[3]

Von den Sonderbilanzen sind die Ergänzungsbilanzen zu unterscheiden. In bestimmten Konstellationen ist es möglich, dass das Kapitalkonto eines Mitunternehmers in der Gesamthandsbilanz nicht mit seinem tatsächlichen steuerlichen Eigenkapital übereinstimmt.[4] In diesen Fällen werden Ergänzungsbilanzen gebildet, um die Wertansätze einzelner Wirtschaftsgüter für den betreffenden Mitunternehmer wertmäßig zu korrigieren.[5]

Beispiel: B hatte sich vor einigen Jahren in das Unternehmen des A eingekauft, woraus die AB-OHG entstanden ist. B hatte dem A einen Kaufpreis gezahlt, der vollständig auf einen Geschäftswert (Kundenbeziehungen) entfallen ist. Da B alleine einen Teil des Geschäftswerts gekauft hat, ist dieser wertmäßig in der Ergänzungsbilanz des B zu erfassen.

Steuern für Personenunternehmen, Betriebsvermögen
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Zweistufige Gewinnermittlung

Der Gewinnanteil eines Mitunternehmers umfasst seinen Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 HS 1 EStG.[6] Daneben gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Sondervergütungen, welche die Mitunternehmer für Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen haben, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 HS 2 EStG.[7] Zivilrechtliche Austauschverträge zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern sind steuerlich nicht anzuerkennen, weshalb die Sondervergütungen den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft nicht mindern dürfen.[8]

Beispiel: Die AB-OHG aus dem obigen Beispiel erzielt einen handelsrechtlichen Jahresüberschuss von 100 TEUR. Davon abgezogen sind bereits Geschäftsführungsvergütungen von jeweils 50 TEUR für A und B. Handelsrechtlich bleibt es zwar beim Jahresüberschuss von 100 TEUR, steuerlich erhöht sich der Gewinn aber um die Tätigkeitsvergütungen, da diese nicht abzugsfähig sind. Der steuerliche Gewinn beträgt 200 TEUR (= 100 TEUR + 50 TEUR + 50 TEUR) und entfällt je zu 50% auf A und B.

Die mitunternehmerischen Einkünfte umfassen daneben alle Einnahmen und Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers (Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben).[9]

Beispiel: Die AB-OHG hat A 20 TEUR für die Immobilienmiete an B 5 TEUR für die Darlehenszinsen gezahlt. A sind im Zusammenhang mit seiner Immobilie 10 TEUR Kosten entstanden, B hatte keine Kosten. Da die Vergütungen an A und B aus ihrem Sonderbetriebsvermögen I resultieren, erhöhen diese als Sonderbetriebseinnahmen den steuerlichen Gewinn der Mitunternehmerschaft (A 20 TEUR + B 5 TEUR). A darf dafür auch seine Kosten als Sonderbetriebsausgaben abziehen (A ./. 10 TEUR). Der Gewinnanteil von A erhöht sich per Saldo um 10 TEUR (20 TEUR ./. 10 TEUR) und der Gewinnanteil von B um 5 TEUR).

Die Gewinnermittlung erfolgt zweistufig. Auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung wird der gesamthänderisch erzielte Steuerbilanzgewinn entsprechend der Beteiligungsverhältnisse einschließlich etwaiger Ergänzungsbilanzen auf die Mitunternehmer verteilt.[10]

Beispiel zur 1. Stufe: Der steuerliche Gewinn der AB-OHG aus dem obigen Beispiel beträgt 200 TEUR, wovon jeweils 50% auf A und B entfallen. B sind durch die Abschreibung seines Geschäftswerts aus der Ergänzungsbilanz Aufwendungen von ./. 10 TEUR entstanden. Die Gewinnanteile aus der ersten Stufe lauten: A 100 TEUR und B 90 TEUR (100 TEUR ./. TEUR).

Auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung werden die Sondervergütungen, Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben bei den einzelnen Mitunternehmern berücksichtigt.[11]

Beispiel zur 2. Stufe: Die Gewinnanteile von A und B erhöhen sich um die o.g. Sonderbilanzergebnisse, d.h. bei A um + 10 TEUR auf insgesamt 110 TEUR und bei B um 5 TEUR auf insgesamt 95 TEUR. Diese Gewinne müssen A und B versteuern.

 Beträge in TEURAB-OHGdavon Adavon B
+Jahresüberschuss Handelsbilanz1005050
+Tätigkeitsvergütung Geschäftsführung1005050
./.Abschreibung Geschäftswert B10010
=1. Stufe19010090
+Mieteinnahmen A20200
./.Aufwendungen Immobilie A10100
+Zinseinnahmen B505
=2. Stufe15105
=Steuerlicher Gewinn20511095
Zusammenfassendes Beispiel Gewinnermittlung Mitunternehmerschaft

Verlustnutzung nur beim Mitunternehmer

Sollte dem Mitunternehmer kein Gewinn, sondern ein Verlust zugerechnet werden, so kann auch ein Verlustabzug i.S.d. § 10d EStG nur in der Einkommen- / Körperschaftsteuererklärung des Gesellschafters selbst berücksichtigt werden.[12] Der einem Kommanditisten zuzurechnende Verlustanteil darf hingegen nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen oder nach § 10d EStG abgezogen werden, soweit für ihn ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG. Die Verlustverrechnung bei Kommanditisten ist also nicht uneingeschränkt möglich.

Unterliegt der Gesellschafter selbst der Gewerbesteuer, werden Verlustanteile aus Mitunternehmerschaften für den Gewerbeertrag nicht berücksichtigt, § 8 Nr. 8 GewStG.

Gewerbesteuer für Personenunternehmen

Freibetrag für Personenunternehmen

Bei den Steuern für Personenunternehmen ist meistens auch die Gewerbesteuer wichtig. Denn ob eine gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes vorliegt, ist hauptsächlich für die Frage relevant, ob auch Gewerbesteuer zu zahlen ist oder nicht. Handelt es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG, ist keine Gewerbesteuer zu zahlen. Handelt es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG, dagegen schon, § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Das umfasst auch die gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft, deren Gesamtgewinn Ausgangsgröße für die Ermittlung der Gewerbesteuer ist.[13] Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ist bei Personenunternehmen ein Freibetrag von 24.500 € zu berücksichtigen, § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG.

Besonderheiten für Gewerbeverluste bei Personengesellschaften

Ein Gewerbeverlust i.S.d. § 10a GewStG kann hierbei nur dann berücksichtigt werden, wenn die Personengesellschaft im Verlustabzugsjahr im Vergleich zum Verlustentstehungsjahr Unternehmensidentität aufweist.[14] Eine weitere Voraussetzung ist die Unternehmeridentität, wonach ein Mitunternehmer nur dann Verluste nutzen darf, wenn ihm diese selbst entstanden sind.[15]

Gewerbesteueranrechnung für Personenunternehmen

Ist der Gesellschafter eine natürliche Person, kann die vom Einzelunternehmer oder der Personengesellschaft gezahlte Gewerbesteuer auf die tarifliche Einkommensteuer angerechnet werden, soweit sie anteilig auf gewerbliche Einkünfte entfällt, § 35 Abs. 1 EStG. Es wird die Gewerbesteuer zugrunde gelegt, welche sich bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 400% auf Basis des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags für den Gesellschafter ergeben würde, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG. Die Gewerbesteueranrechnung  ist  auf  die  tatsächlich  zu  zahlende  Gewerbesteuer beschränkt, § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG.

Unterliegt der Gesellschafter selbst der Gewerbesteuer, so werden Gewinnanteile an einer Mitunternehmerschaft bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht berücksichtigt, § 9 Nr. 2 GewStG.

Veräußerung / Aufgabe von Personenunternehmen

Die Veräußerung eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Daneben führt auch die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Die Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Mitunternehmeranteils ist der Veräußerung gleichgestellt, § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG. Der Veräußerungsgewinn wird jeweils nach Maßgabe von § 16 Abs. 2 EStG ermittelt. Ist der Veräußerer eine natürliche Person, ist der Veräußerungsgewinn unter den Voraussetzungen der §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 1 und 3 EStG steuerlich begünstigt. Entsteht dabei ein Veräußerungsverlust, so kann dieser nach § 10d EStG auf Ebene des Gesellschafters mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden. Der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils zählt nicht zu dem Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft, soweit er auf eine natürliche Person entfällt, § 7 Satz 2 Nr. 1 und 2 EStG.

Steuern für Personenunternehmen, Veräußerung, Aufgabe
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Fazit für Personenunternehmen

Steuern für Personenunternehmen unterliegen anderen Regeln als bei Kapitalgesellschaften. Tatsächlich sind die Steuern für Personenunternehmen vergleichsweise einfach beherrschbar, wenn es sich um Einzelpersonen handelt, die ein Einzelunternehmen betreiben. Reicht die Gewinnermittlung in Form einer einfachen Buchführung im Rahmen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung, ist der steuerliche Verwaltungsaufwand geringer, da weniger Sonderregelungen zu beachten sind. Für Gründer ist das die einfachste Rechtsform, um ihr Unternehmen zu betreiben.

Komplizierter werden Steuern für Personenunternehmen, wenn Personengesellschaften vorliegen und / oder die Gewinnermittlung in Form einer doppelten Buchführung inklusive Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung vorzunehmen ist. Gründer sollten eine doppelte Buchführung nicht selbst übernehmen, da sie die Vielzahl der rechtlichen Hintergründe des Handels-, Gesellschafts- und Steuerrechts nur selten überblicken können. Hier hilft ein Steuerberater, genauso wie bei Steuererklärungen für Personengesellschaften. Diese weisen eine ganze Reihe an steuerlichen Besonderheiten auf und zählen ertragsteuerlich zu den kompliziertesten Rechtsformen in Deutschland.

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[1] Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Personengesellschaften, 2013, S. 34.

[2] Vgl. Zimmermann/Hottmann/Kiebele et al., Personengesellschaft, 2013, S. 111.

[3] Vgl. Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 15 EStG Rz. 242.

[4] Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Personengesellschaften, 2013, S. 91.

[5] Vgl. ebenda.

[6] Vgl. Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 15 EStG Rz. 486.

[7] Vgl. ebenda.

[8] Vgl. Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 15 EStG Rz. 487.

[9] Vgl. Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 15 EStG Rz. 529.

[10] Vgl. Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Personengesellschaften, 2013, S. 62.

[11] Vgl. ebenda.

[12] Vgl. Schlenker, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 10d EStG Rz. 47.

[13] Vgl. Zimmermann/Hottmann/Kiebele et al., Personengesellschaft, 2013, S. 384.

[14] Vgl. Drüen, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 10a GewStG Rz. 45.

[15] Vgl. Drüen, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 157. EL 2021, § 10a GewStG Rz. 61.

Mezzanine-Kapital

Mezzanine-Kapital
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Mezzanine-Kapital ermöglicht eine hochflexible Kapitalisierung von Unternehmen außerhalb der regulären Bankenfinanzierung und ist insbesondere bei Venture Capital und im Crowdfunding beliebt. Mezzanine-Kapital ist kein eigenständiges Finanzierungsinstrument, sondern ein Oberbegriff für zahlreiche Finanzierungsformen, die Elemente von Eigenkapital und Fremdkapital aufweisen.[1] Diese sind hochflexibel gestaltbar und können so strukturiert werden, dass sie beim Rating, bilanziell, wirtschaftlich, rechtlich oder steuerlich entweder Eigenkapital oder Fremdkapital darstellen.

Da diese Einstufung unabhängig voneinander nach jeweils eigenen Kriterien erfolgt, kann ein mezzanines Finanzierungsinstrument bspw. beim bankinternen Rating als Eigenkapital eingestuft werden und steuerlich dennoch Fremdkapital sein, sodass die Zinsaufwendungen als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Es handelt sich demnach um einen Baustein in der Unternehmensfinanzierung, der helfen kann, die Aufnahme von zusätzlichem oder günstigerem Fremdkapital zu erleichtern.[2] Darüber hinaus sind auch erhebliche Steuervorteile möglich, die wir in künftigen Blogposts näher beleuchten werden.

Definition von Mezzanine-Kapital

Der Begriff des „Mezzanine-Kapitals“ leitet sich aus dem italienischen Wort „mezzanino“ ab, das in der Architektur ein Zwischengeschoss zwischen zwei Hauptgeschossen bezeichnet.[3] Im übertragenen Sinne stellen das Eigenkapital und das Fremdkapital die Hauptgeschosse in der Unternehmensfinanzierung dar, während „Mezzanine-Kapital aus architektonischer Sicht“ eine Zwischenstellung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital einnimmt.[4]

Mezzanine-Kapital wird weder gesetzlich, noch in der Wissenschaft oder Finanzierungspraxis einheitlich definiert.[5] Mezzanine-Kapital wird auch als „Hybrid-Kapital“ bezeichnet, wenngleich beide Begrifflichkeiten weitestgehend synonym verwendet werden.[6]

Erscheinungsformen von Mezzanine-Kapital

Übliche Erscheinungsformen von Mezzanine-Kapital sind Nachrangdarlehen, partiarische Darlehen, Verkäuferdarlehen, typisch und atypisch stille Gesellschaften, Wandel- und Optionsanleihen sowie Genussrechte.[7] Teilweise werden auch Gesellschafterdarlehen, Vorzugsaktien und Hochzinsanleihen genannt.[8] Da es sich bei der typischen und atypischen Unterbeteiligung um eine Variante der stillen Gesellschaft handelt, zählt diese auch zum Mezzanine-Kapital.

Einige Erscheinungsformen sind für die Gestaltungspraxis interessanter als andere. Denn nicht jedes Finanzierungsinstrument ist gleich flexibel. Meist nur für Finanzierungszwecke interessant sind bspw. Verkäufer- oder Gesellschafterdarlehen, Vorzugsaktien oder Hochzinsanleihen. Der Hauptbeweggrund für Nachrangdarlehen sind meistens eher insolvenzrechtliche Aspekte (Darlehen mit Rangrücktrittsvereinbarung[9]). Ebenso ist auch das Verkäuferdarlehen nur ein Darlehen, bei dem der Verkäufer dem Käufer unter Vereinbarung eines Rangrücktritts den Kaufpreis stundet.[10] Für Vorzugsaktien wiederum ist der Anwendungsbereich rechtsformspezifisch so stark eingeschränkt, dass diese Finanzierungsform in der Gestaltungspraxis kaum eine Rolle spielt.

Gemeinsamkeiten von Mezzanine-Kapital[11]

Eigenkapital oder Fremdkapital?

Die Literatur hat Schwierigkeiten damit, Eigenkapital oder Fremdkapital griffig zu definieren, da es mehrere Betrachtungsweisen dazu gibt. Die meines Erachtens einzig sinnvolle Betrachtung ist die rechtliche:

  • Eigenkapital: Wer (Mit-)Eigentümer eines Unternehmens ist, stellt ihm haftendes Kapital zur Verfügung, nämlich Eigenkapital. Nur wer Gesellschafter ist, kann Eigenkapital zur Verfügung stellen, z.B. als Einlage, Zeichnung von Geschäftsanteilen oder in Form von Stammaktien / Vorzugsaktien. Wer Eigentümer ist, trägt in vollem Umfang Chancen und Risiken der Unternehmung.
  • Fremdkapital: Wer einem Unternehmen als Nicht-Eigentümer Kapital zur Verfügung stellt, will dieses wieder zurückerhalten und für die Kapitalüberlassung eine Vergütung (d.h. einen Zins) erhalten.

Beim Mezzanine-Kapital wird der Kapitalgeber (abgesehen von Vorzugsaktien) kein Gesellschafter / Miteigentümer des finanzierten Unternehmens. Stattdessen handelt es sich um eine Finanzierung auf Grundlage schuldrechtlicher Verträge. Aus rechtlicher Sicht ist Mezzanine-Kapital deswegen fast immer Fremdkapital.

Befristung

Mezzanine-Kapital weist wie Fremdkapital typischerweise eine begrenzte Vertragslaufzeit sowie Kündigungsrechte auf. Mezzanine-Kapital wird meistens nicht länger als 5-10 Jahre bereitgestellt.[12] Es bestehen stets Kündigungsrechte.[13] Mezzanine-Kapital ist in dieser Hinsicht fremdkapitalnah, wenngleich dieses durch sehr lange oder unbefristete Laufzeiten wirtschaftlichem Eigenkapital angenähert wird.[14]

Nachrangigkeit

Eigenkapital ist haftendes Kapital, weshalb Ansprüche der Gesellschafter im Insolvenzverfahren nachrangig gegenüber Gläubigeransprüchen bedient werden.[15] Diese Funktion erfüllt der Nachrang des Mezzanine-Kapitals.[16] Entsprechende Rangrücktrittsvereinbarungen können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein.[17] Die Nachrangigkeit des  Mezzanine-Kapitals nähert dieses wirtschaftlich dem Eigenkapital an.[18]

Mezzanine-Kapital Nachrang Rang Risiko
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Erfolgsabhängige & teilweise endfällige Vergütung

Nur Eigenkapitalgeber profitieren an den Chancen und Risiken des Unternehmens. Diese Funktion erfüllt beim Mezzanine-Kapital die Beteiligung am Gewinn, Verlust oder an den stillen Reserven.[19] Übliche Vergütungsbestandteile sind eine laufende und endfällige Verzinsung sowie eine „Kicker“-Komponente am Laufzeitende.[20] Ein „Equity-Kicker“ räumt Mezzanine-Kapitalgebern Wandlungs- bzw. Optionsrechte am Unternehmen ein, wodurch diese Anteile erwerben können.[21]

Ein „Non-Equity-Kicker“ ist eine zusätzliche erfolgsabhängige Vergütungskomponente.[22] Da der Mezzanine-Kapitalgeber aufgrund seiner nachrangigen Ansprüche ein höheres Risiko als ein klassischer Fremdkapitalgeber trägt, stehen ihm höhere Vergütungen zu.[23] Meist werden Zahlungen auf das Laufzeitende verlagert, um die jährliche Liquidität des Kapitalnehmers zu schonen.[24]

Keine ausdrücklichen Mitwirkungsrechte

Eigenkapital vermittelt einem Gesellschafter zahlreiche Mitwirkungsbefugnisse, die einem Fremdkapitalgeber nicht zustehen (z.B. Geschäftsführungs-, Vertretungs- und Stimmrechte). Zwar begründen mezzanine Finanzierungsformen keine Mitwirkungsrechte, es können aber Stimm- und Kontrollrechte vereinbart werden.[25] Bei Stimmrechtslosigkeit rückt das Mezzanine-Kapital wirtschaftlich in die Nähe des Fremdkapitals.[26]

Bedeutung der Einordnung als Eigenkapital oder Fremdkapital

Mezzanine-Kapital im Rating

Banken sind als klassische Fremdkapital-Geber daran interessiert, die vollständige Rückzahlung ihrer Darlehen sicherzustellen. Sie bevorzugen deswegen Sicherheiten und einen höheren Rang als andere Kapitalgeber. Beim bankinternen Rating kann Mezzanine-Kapital ganz oder teilweise als Eigenkapital behandelt werden, wenn bspw. Sicherheiten fehlen (Normalfall) und ein sehr niedriger Insolvenzrang vereinbart ist. Die Einstufung als wirtschaftliches Eigenkapital  basiert auf den individuellen  Kriterien  der  Banken und  erfolgt  unabhängig von dem handelsbilanziellen Ausweis.[27]

Mezzanine-Kapital in der Handelsbilanz

Die handelsrechtliche Einordnung ist nicht gesetzlich geregelt.[28] Das IDW hat in einer Stellungnahme zur Bilanzierung von Genussrechten jedoch folgende Kriterien für den Eigenkapitalausweis festgelegt:[29]

  • Nachrangigkeit,
  • erfolgsabhängige Vergütung,
  • Verlustbeteiligung bis zur vollen Höhe und
  • Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung.

Die Bilanzierung sämtlicher mezzaniner Finanzierungsformen orientiert sich an diesen Grundsätzen.[30] Insofern eignet sich Mezzanine-Kapital bei einem Ausweis als Eigenkapital auch zur Verbesserung der handelsbilanziellen Kapitalstruktur.[31]

Mezzanine-Kapital Bilanz Bilanzierung Handelsbilanz Steuerbilanz
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Mezzanine-Kapital in der Steuerbilanz

Grundsätzlich hat die handelsrechtliche Einordnung von Mezzanine-Kapital auch Geltung für das Steuerrecht, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG.[32] Aufgrund verschiedener steuerlicher Sonderregelungen wird in der Literatur vielfach die Auffassung vertreten, dass dieser Grundsatz durchbrochen werden kann, sodass die handelsrechtliche und die steuerliche Qualifikation auseinanderfallen.[33] Mezzanine-Kapital soll demnach zwar handelsrechtliches Eigenkapital darstellen können, für steuerliche Zwecke jedoch wie Fremdkapital behandelt werden.[34] Diese Auffassung ist mittlerweile hochumstritten, nachdem sich beim Ausweis von steuerlichen Eigenkapital-Genussrechten in 2018 ein Meinungsstreit entfacht hat.[35]

Hat eine mezzanine Finanzierungsform steuerlich Fremdkapitalcharakter, sind die Aufwendungen beim Unternehmen abzugsfähig, bei einem steuerlichen Eigenkapitalcharakter nicht.[36] Da es keine Legaldefinition[37]  des Eigenkapitals im Steuerrecht gibt, muss eine Abgrenzung zwischen den einzelnen  mezzaninen Finanzierungsformen stattfinden, da unterschiedliche Regeln für die steuerliche Einordnung als Eigen- oder Fremdkapital gelten.[38] Entfernt sich eine Ausgestaltung zu weit von dem jeweiligen Idealtypus, besteht das Risiko einer Falscheinordnung und unerwünschten steuerlichen Konsequenzen.[39]

Einsatzbereiche von Mezzanine-Kapital

Finanzierungsfunktion

Für alle mezzaninen Finanzierungsformen gilt, dass diese aufgrund der flexiblen Ausgestaltungsmöglichkeiten situationsabhängig für verschiedene Finanzierungsvorhaben wie die Gründungsfinanzierung, das Unternehmenswachstum oder Unternehmensnachfolgen eingesetzt werden können.[40] Mezzanine-Kapital verbessert grundsätzlich die Kapitalausstattung und Liquidität, ohne den Gesellschafterkreis zu verändern.[41] Allerdings ist es teurer als ein Bankkredit und zudem befristet.[42]

Gründungs- und Innovationsfinanzierung

Die Finanzierung junger, innovativer Unternehmen gestaltet sich meist als sehr schwierig, da Banken die Risiken scheuen und Venture-Capital-Geber sich oftmals auf größere Projekte konzentrieren.[43] Vor diesem Hintergrund greifen vorwiegend junge Unternehmen auf das sogenannte „Crowdinvesting“ zurück, bei welchem sich über das Internet eine Vielzahl von Investoren bereits mit relativ geringen Geldbeträgen an einem Investitionsvorhaben beteiligen können.[44] Kapitalgeber wollen hierbei eine hohe Rendite bei einem möglichst geringen Risiko erzielen, während die Kapitalnehmer das Risikokapital aufnehmen wollen, ohne den Kapitalgebern Mitwirkungsbefugnisse einzuräumen.[45] Hierfür eignen sich mezzanine Finanzierungsformen in besonderem Maße.[46] Zumindest vor Einführung der Prospektpflicht dominierte insbesondere das partiarische Darlehen den Crowdinvesting-Markt.[47]

Mezzanine-Kapital Crowdfunding
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Venture Capital Investoren erhalten Sonderrechte durch Mezzanine-Kapital

Für Investoren ist Mezzanine-Kapital dahingehend attraktiv, dass es Sonderrechte sichern kann, die ein Darlehen alleine nicht gewähren könnte (bspw. Wandlungs-, Options- und Vorkaufsrechte für eine spätere Gesellschafterstellung). Insbesondere bei der Finanzierung großer Start-Ups erfreuen sich mezzanine Finanzierungsformen deswegen großer Beliebtheit.

Mezzanine-Kapital ist hochverzinsliche Investment-Alternative

Für Investoren ist Mezzanine-Kapital zudem attraktiv, weil es eine erheblich höhere Verzinsung gegenüber anderen Kapitalanlagen rechtfertigt. Eine Vergütung zwischen 7,5% und 25% p.a. war für Mezzanine-Kapital keine Seltenheit.[48] Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase wird das zwar noch einmal geprüft werden müssen, zweistellige Renditen sind bei entsprechender Ausgestaltung dennoch realistisch.

Steuergestaltung

Mezzanine-Kapital ist ein hervorragendes Steuergestaltungsinstrument, bspw. durch

  • Schenkung einer verzinslichen typisch stillen Beteiligung im Familienkreis (Familiensplitting),
  • die Verrechnung von GmbH-Verlusten auf Gesellschafterebene mithilfe der atypisch stillen Gesellschaft,
  • die gezielte Nutzung vorteilhafter Steuerregelungen wie etwa die 95%-ige Steuerbefreiung für Schachteldividenden (§ 8b Abs. 1 und 5 KStG, § 8 Nr. 5 i.V.m. § 9 Nr. 2a GewStG) mit Eigenkapital-Genussrechten.

Unternehmensnachfolge

Die Unternehmensnachfolge ist eine komplexe Herausforderung, welche einen Unternehmer zumeist überfordert und dazu führt, dass eigene Finanzierungs- und Liquiditätsinteressen vernachlässigt werden.[49] Mezzanine Finanzierungsformen bieten hierbei den Vorteil, dass ein Unternehmer sich selbst oder nicht als Unternehmensnachfolger eingesetzte Familienmitglieder am Unternehmen beteiligen kann, um eine finanzielle Versorgung sicherzustellen.[50] Andererseits kann Mezzanine-Kapital wie im Fall der stillen Gesellschaft dazu eingesetzt werden, den Nachwuchs früh an das eigene Unternehmen zu binden und die Unternehmensnachfolge langfristig vorzubereiten.[51] Durch vorweggenommene Erbfolge können die Erben zudem am Unternehmen beteiligt werden, ohne dass diesem Liquidität entzogen wird.[52]

Mezzanine-Kapital Unternehmensnachfolge
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Fazit

Mezzanine-Kapital beschreibt eine Reihe verschiedener Finanzierungsformen, die Elemente von Eigenkapital und Fremdkapital aufweisen. Dazu zählen bspw. die stille Gesellschaft, das partiarische Darlehen und Genussrechte. Die meisten mezzaninen Finanzierungsformen können individuell gestaltet und strukturiert werden, damit der erwünschte Effekt erzielt wird (bspw. besseres Rating bei der Bank). Mezzanine Finanzierungsformen dienen vorrangig der Finanzierung, aber außerhalb der regulären Bankenfinanzierung.

Es sind hauptsächlich Wagniskapitalgeber und Investoren, die Unternehmen mit Mezzanine-Kapital ausstatten, aber auch für Gesellschafter handelt es sich um interessante Finanzierungsalternativen zum Gesellschafterdarlehen oder als Mittel zur Unternehmensnachfolge. Durch die Wahl der passenden mezzaninen Finanzierungsform die Besteuerung zu gestalten, macht Mezzanine-Kapital auch steuerlich sehr attraktiv.

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[1] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 197 f; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 1.

[2] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 213; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 23.

[3] Vgl. Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 1.

[4] Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 1.

[5] Vgl. Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 519; Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 197; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 1; Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 10.

[6] Vgl. Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 519.

[7] Vgl. stellvertretend Everling/Trieu, Mezzanine Finanzierung, 2006, S. 90.

[8] Vgl. stellvertretend Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 204; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 16.

[9] Vgl. Beuchert/Redeker, Eigenkapital und Fremdkapital, 2013, S. 314; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 100; Wagner, Mezzanine Finanzierung, 2006, S. 246.

[10] Vgl. stellvertretend Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 16, 107, 194.

[11] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 199 f; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 3. Siehe hierzu ausführlich Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 531 ff.

[12] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 200; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 3.

[13] Vgl. hierzu ausführlich Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 532 ff.

[14] Vgl. Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 11.

[15] Vgl. Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 535.

[16] Vgl. Schmeisser/Clausen, DStR 2008, S. 688.

[17] Vgl. Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 535.

[18] Vgl. Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 11.

[19] Vgl. ebenda.

[20] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 208; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 7;

[21] Vgl. Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 208; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 9.

[22] Vgl. ebenda.

[23] Vgl. Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 5.

[24] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 200; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 3; Föcking, Mezzanine Finanzierung, 2006, S. 31.

[25] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 201; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 4.

[26] Vgl. Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 11.

[27] Vgl. Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 521. Für die Rating-Kriterien siehe auch Gerdes, BC 2006, S. 57 ff.

[28] Vgl. Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 525.

[29] Vgl. IDW, HFA 1/1994, WPg 1994, S. 420.

[30] Vgl. Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 526; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 124 f.

[31] Vgl. Föcking, Mezzanine Finanzierung, 2006, S. 33.

[32] Vgl. Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 154.

[33] Vgl. ebenda.

[34] Vgl. Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 528.

[35] Vgl. FM Nordrhein-Westfalen v. 18.08.2018, S 2133-000036-V B 1, DB 2018, S. 1762; OFD Nordrhein-Westfalen v. 19.07.2018, S 2742-2016/0009 St 131, s. hier.

[36] Vgl. Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 154 f.

[37] Vgl. Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 111.

[38] Vgl. Bock, DStR 2005, S. 1068.

[39] Vgl. ebenda.

[40] Vgl. Hinz, Mezzanine Finanzierung, 2006, S. 37 ff.

[41] Vgl. Gleske/Laudenklos, Unternehmensfinanzierung, 2014, S. 520; Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 213; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 23; Golland/Gelhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch, BB-Spezial 2005, S. 2; Golland, Mezzanine Finanzierung, 2006, S. 74; Pape, DStR 2003, S. 953.

[42] Vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 214 f; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 25; Schmeisser/Clausen, DStR 2008, S. 689.

[43] Vgl. Beck, Crowdinvesting, 2014, S. 13.

[44] Vgl. Beck, Crowdinvesting, 2014, S. 13. Siehe hierzu auch Herr/Bantleon, DStR 2015, S. 533 ff.

[45] Vgl. Beck, Crowdinvesting, 2014, S. 70.

[46] Vgl. Fox/Müllerleile/Joenssen, CF 2015, S. 1 ff; Beck, Crowdinvesting, 2014, S. 138 ff.

[47] Vgl. Nietsch/Eberle DB 2014, S. 2575; Weitnauer/Parzinger, GWR 2013, S. 153.

[48] Vgl. Losch, Bilanzierung und Besteuerung in Krise und Insolvenz, 2019, D Rn. 692; Wöhe/Bilstein/Ernst et al., Finanzierung, 2013, S. 210 f; Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 6; Eilers/Ottermann, Unternehmensteuerrecht, 2008, § 8 Rn. 39 Fn. 69.

[49] Vgl. Demuth, BB 2006, S. 8 f.

[50] Vgl. Brokamp/Ernst/Hollasch et al., Mezzanine-Finanzierungen, 2008, S. 44 f; Demuth, BB 2006, S. 9.

[51] Vgl. Demuth, kösdi 2015, S. 19483; Keul, MüHdb Gesellschaftsrecht II, 2014, § 72 Rn. 36.

[52] Vgl. Keul, MüHdb Gesellschaftsrecht II, 2014, § 72 Rn. 37.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen
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Die Frage nach der optimalen Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen und nicht nur Gründer, auch wenn das oft anders wahrgenommen wird. Richtig ist, dass jeder Gründer sich die Frage stellen muss, welche Rechtsform zu seinem Start-up passt. Vergessen wird dabei aber, dass eine einmal gewählte Rechtsform abhängig von der Unternehmensentwicklung im Zeitverlauf auch unpassend werden kann.

Entwickelt sich ein etabliertes Unternehmen aus den ursprünglichen Zielen und Rahmenbedingungen für die Rechtsformwahl hinaus, sollte ein Rechtsformwechsel in Betracht gezogen werden. Wächst ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft bspw. sehr schnell, steigen auch die Haftungsrisiken und der Wechsel in eine haftungsbeschränkte Rechtsform wird sinnvoll, um das Privatvermögen abzusichern. Umgekehrt kann es auch sinnvoll sein, ein geschrumpftes Unternehmen mit einer verwaltungsintensiven Rechtsform (z.B. GmbH & Co. KG, AG) in eine einfacher handhabbare Rechtsform zurückzuführen.

Hierbei gibt es Vorgänge innerhalb und außerhalb des Umwandlungsrechts bzw. Umwandlungssteuerrechts. Umgekehrt sollten sich aber auch schon Gründer von Anfang an diese Fragen stellen und für ihr Start-up die richtige Rechtsform wählen, damit vermeidbare spätere Umwandlungen verhindert werden. Die Rechtsformwahl betrifft also Gründer und etablierte Unternehmen. Auf die Besteuerung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften wird bewusst verzichtet, da hierzu künftig Blogposts folgen werden.

Leitungs- und Kontrollbefugnis bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Bei Personenunternehmen (d.h. Einzelunternehmen und Personengesellschaften wie GbR, OHG, KG) steht die Leitungsbefugnis grundsätzlich nur den vollhaftenden Inhabern zu, §§ 709 Abs. 1, 714 BGB und §§ 114 Abs 1, 115 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB. Der nur beschränkt haftende Kommanditist bei der KG ist hingegen von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen, §§ 164, 170 HGB. Diesem kann zwar aus steuerlichen Gründen eine Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis eingeräumt werden (sog. „entprägte KG“), gesetzlich vorgesehen ist das aber nicht. Dem Kommanditisten stehen jedoch Informations- und in besonderen Fällen auch Widerspruchsrechte zu, §§ 164, 166 HGB. Keinesfalls möglich ist bei Personenunternehmen aber, dass außenstehende Dritte die Geschäftsführung oder Vertretung übernehmen.[1]

Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, UG, AG) ist das anders, da sie eigenständige Rechtssubjekte sind und eigene Geschäftsführungs- und Vertretungsorgane benötigen. Die GmbH und die UG als Unterform (§ 5a GmbHG) werden im Außenverhältnis durch den Geschäftsführer vertreten, §§ 6, 35 GmbHG. Dies kann ein Gesellschafter oder ein Dritter sein.[2] Bei der AG nimmt der Vorstand die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse wahr, §§ 76 – 78 AktG.

Kontrollbefugnisse im eigentlichen Sinne sind besonders dann relevant, wenn Gesellschafter und Geschäftsführer nicht identisch sind. Das Institut der Gesellschafterversammlung gibt es zwar auch bei Personengesellschaften, ist jedoch nicht explizit gesetzlich geregelt, da hier die Inhaber normalerweise selbst alle Entscheidungen treffen. Bei Kapitalgesellschaften besteht hingegen ein größeres Kontrollbedürfnis, insbesondere wenn fremde Dritte die Geschäfte führen. Bei der GmbH und der AG gibt es deswegen ausdrückliche gesetzliche Regelungen zur Gesellschafterversammlung bzw. Hauptversammlung, die umfassende Kontroll- bzw. Mitbestimmungsrechte haben, § 119 AktG. Diese Organe bilden ihren Willen grundsätzlich durch die (qualifizierte) Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wofür wiederum grundsätzlich der Umfang der Geschäftsanteile bzw. Aktien maßgebend ist, §§ 46, 47 Abs. 1 und 2 GmbHG, §§ 133, 134 AktG.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, Leitungs- und Kontrollbefugnis
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Haftung bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Bei Personenunternehmen haften die Inhaber in vollem Umfang mit ihrem Betriebs- und Privatvermögen, §§ 128, 161 HGB. Die Haftung des Kommanditisten ist auf seine Einlage beschränkt, soweit diese tatsächlich geleistet ist, § 171 Abs. 1 HGB. Jedoch kann die Rückzahlung der Einlage eines Kommanditisten zum Wiederaufleben der persönlichen Haftung führen, § 172 HGB.

Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung hingegen auf das Eigenkapital beschränkt. Bei der GmbH beträgt das Mindeststammkapital 25.000 €, § 5 Abs. 1 GmbHG. Bei der AG beträgt das Mindestgrundkapital 50.000 €, 7 AktG. Ist dieses erbracht, entfällt die persönliche Haftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, § 13 Abs. 2 GmbHG. Haftungsrisiken bestehen hier hauptsächlich in der Phase bis zur Eintragung der GmbH oder AG in das Handelsregister, da diese solange noch nicht besteht, § 11 Abs. 1 GmbHG und § 41 Abs. 1 Satz 1 AktG.

  • Vorgründungsgesellschaft: Solange der notarielle Gesellschaftsvertrag (§ 2 Abs. 1 GmbHG) bzw. die notarielle Satzung (§ 23 Abs. 1 AktG) noch nicht geschlossen ist, liegt eine sog. „Vorgründungsgesellschaft“ vor, die ihrem Wesen nach ein Personenunternehmen ist. In dieser Phase besteht deswegen eine unbeschränkte Haftung mit dem Betriebs- und Privatvermögen.
  • Vorgesellschaft: Ist zwar der notarielle Gesellschaftsvertrag geschlossen, ist die GmbH oder AG aber noch nicht in das Handelsregister eingetragen, besteht eine sogenannte „Handelndenhaftung“ nach § 11 Abs. 2 GmbHG bzw. § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG. Wer vor der Handelsregistereintragung im Namen der Gesellschaft handelt, haftet persönlich.

Das Stammkapital ist bei der GmbH in Geschäftsanteile (§ 5 Abs. 2 und 3 GmbHG) und bei der AG in Aktien (§ 8 AktG) gegliedert. Der Gesellschafter übernimmt durch seine Einlage den Geschäftsanteil bzw. die Aktie, was grundsätzlich auch den Umfang seiner Rechte und Pflichten begründet. Neben Bareinlagen sind auch Sacheinlagen zulässig (§ 5 Abs. 4 GmbHG, § 27 Abs. 1 und 2 AktG), wobei diese wegen Bewertungsschwierigkeiten und des Risikos einer Differenzhaftung bei Überbewertung (§ 9 GmbHG, § 36a Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 AktG analog) häufig vermieden werden.

Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Bei Einzelunternehmen trägt der Geschäftsinhaber alleine alle Chancen und Risiken der Unternehmung. Bei Personengesellschaften haben hingegen alle Gesellschafter eine gemeinsame Zweckförderungspflicht, § 705 BGB i.V.m. §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB. Zur Eigenkapitalbildung werden deswegen regelmäßig Bar- oder Sacheinlagen geleistet.[3] Diese werden meist auf festen Kapitalkonten geführt, an welche die Vermögens- und Verwaltungsrechte der Gesellschafter anknüpfen.[4] Die festen Kapitalkonten bestimmen deswegen den Anteil am Gewinn, Verlust und Auseinandersetzungsguthaben sowie den Umfang der Stimmrechte.[5]

Hinweis: Bei Personengesellschaften haben sich die gesetzlichen Regelungen zur Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven nicht durchsetzen können. In der Praxis hat sich die o.g. Annäherung an die Regelungen bei Kapitalgesellschaften mit festen Kapitalanteilen entwickelt. Dies ist nun auch im neuen Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vorgesehen (MoPeG).[6] Auf die Darstellung der bisherigen Rechtslage wurde hier deswegen bewusst verzichtet.

Kapitalgesellschaften

Bei Kapitalgesellschaften stimmt die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile / Aktien mit dem Stammkapital bzw. Grundkapital überein, weshalb der Anteil auch die Beteiligungsquote eines Gesellschafters festlegt, § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG, § 8 Abs. 4 AktG. Das Beteiligungsverhältnis bestimmt den Anteil am Gewinn und Liquidationserlös, §§ 29 Abs. 3, 72 GmbHG und §§ 60, 271 Abs. 2. Auch daran zeigt sich: Die Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, insbesondere bei der Erweiterung des Gesellschafterkreises. Denn neue externe Eigenkapitalgeber bevorzugen eindeutige gesetzliche Regelungen zum Anteil am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven
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Finanzierungsmöglichkeiten bei der Rechtsformwahl

Personenunternehmen

Einzelunternehmen haben nur einen Eigenkapitalgeber. Abhängig von dessen Bonität und Vorhaben gibt es ggf. auch Fremdkapitalgeber wie Banken. Der Zugang zu Kapital ist jedoch im Regelfall sehr limitiert.

Bei Personengesellschaften ist das meistens sehr ähnlich, doch mit der Anzahl der Gesellschafter verbessert sich in der Regel auch der Zugang zu Fremdkapital. Das verdeutlicht auch die Tatsache, dass es in Deutschland sehr große Personengesellschaften gibt. Dominiert wird der Anteil der Großunternehmen in Deutschland gleichwohl von Kapitalgesellschaften.

Kapitalgesellschaften

Kleine Kapitalgesellschaften wie z.B. die UG oder kleine GmbHs stehen vor einem ähnlichen Problem wie Einzelunternehmen, da sie im Regelfall nur einen Gesellschafter haben. Die Banken verlangen deswegen bei der Fremdkapitalvergabe vom Gesellschafter selbst noch Sicherheiten wie bspw. eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Der theoretische Vorteil einer Haftungsbegrenzung besteht deswegen bei Fremdkapitalaufnahme in der Praxis nicht.

Die Finanzierung für Kapitalgesellschaften ist also nicht per se einfacher als für Personenunternehmen. In der Praxis werden aber insbesondere für visionäre Geschäftsideen mit skalierenden Geschäftsmodellen eher Kapitalgesellschaften gewählt. Unternehmen, die auf Wachstum ausgelegt sind, haben einen besseren Zugang zum grauen Kapitalmarkt. Sie sind für Investoren, bspw. für Venture Capital und Business Angels oder Seedfinanzierungen bzw. Crowdfunding deutlich interessanter.

Für externe Investoren, die als Eigenkapitalgeber neu aufgenommen werden, sind aufgrund der Haftungsbeschränkung nur Kapitalgesellschaften wirklich attraktiv. Die Veräußerbarkeit des Investments ist in der Regel nicht nur gesellschaftsrechtlich einfacher als bei Personengesellschaften. Je größer die Kapitalgesellschaft ist und je kapitalistischer diese aufgestellt ist, desto einfacher ist der Anteil auch veräußerbar (sog. Fungibilität). Während gerade kleine Beteiligungen von geringem Wert nur schwer veräußerbar sind, gibt es bei börsennotierten AGs einen regulierten Markt dafür. Es besteht dann auch Zugang zum Anleihemarkt zur Fremdkapitalaufnahme.

Die Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, da sie bspw. einen hohen Finanzierungsbedarf bei der Erreichung der Unternehmensziele unterstützen muss.

Publizitätspflichten bei der Rechtsformwahl

Grundsatz

Die Publizitätspflichten sind nicht völlig unabhängig von der Rechtsform, doch je größer das Unternehmen, desto mehr Publizitätspflichten kommen hinzu. Je größer das Unternehmen, desto unwichtiger wird die Rechtsform folglich für den Umfang der Publizitätspflichten. Zu den Publizitätspflichten zählen insbesondere die Erstellung und Veröffentlichung eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses, ggf. zzgl. Anhang und Lagebericht.

Ein Jahresabschluss muss von Kaufleuten aufgestellt werden, § 242 Abs. 1 HGB. Dieser besteht aus der Handelsbilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung, § 242 Abs. 3 HGB. Wer Kaufmann ist, das bestimmt sich nach den §§ 1 – 6 HGB.

Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen, Publizitätspflichten
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Personenunternehmen

Wer einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb betreibt, muss als Ist-Kaufmann i.S.d. § 1 HGB auch einen Jahresabschluss aufstellen. Erfahrungsgemäß besteht hier jedoch ein Beurteilungsspielraum, sodass ein Einzelunternehmer in der Praxis sehr lange um die Publizitätspflichten nach dem HGB herumkommt. Wer sich dennoch als Kaufmann ins Handelsregister eintragen lässt, wird spätestens mit der Eintragung zum Kaufmann (sog. Kannkaufmann, §§ 2, 3 HGB).

Darüber hinaus ist zwischen der GbR und den sog. Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) zu unterscheiden. Die Personenhandelsgesellschaften sind bereits nach dem gesetzlichen Leitbild Kaufleute, immerhin handelt es sich um Rechtsgebilde des Handelsrechts. Da mehrere Kapitalgesellschaften gemeinsam eine OHG oder KG bilden können, gibt es Sondervorschriften für kapitalistische Personenhandelsgesellschaften (vgl. § 264a HGB). Eine GbR ist demgegenüber per Definition nur eine Vorstufe der OHG, wenn sie ein nicht in kaufmännischer Weise eingerichtetes Gewerbe betreibt. Denn die Vorschriften der GbR gelten für die Personenhandelsgesellschaften entsprechend, §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB. Die GbR ist demnach nicht publizitätspflichtig.

Kapitalgesellschaften:

Diese sind schon von Gesetzes wegen Kaufleute (§ 13 Abs. 3 GmbHG, § 3 Abs. 1 AktG) und deswegen unabhängig von ihrer Größe zur Erstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet. Sie müssen den Jahresabschluss grundsätzlich um einen Anhang und Lagebericht ergänzen, wobei für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften zusätzliche Bestandteile hinzukommen, § 264 Abs. 1 HGB. Es bestehen jedoch größenabhängige Erleichterungen, §§ 264 Abs. 1 Satz 5, 274a, 276, 288 HGB.

Fazit zur Rechtsformwahl

Bei der Rechtsformwahl gibt es nicht nur für Gründer einiges zu bedenken, die Rechtsformwahl betrifft auch etablierte Unternehmen. Die Rechtsform sollte von Anfang an zu den eigenen Unternehmenszielen passen. Die Rechtsform sollte aber auch überdacht werden, wenn sie für die eigenen Unternehmensziele nicht mehr zweckmäßig ist. Jeder Unternehmer möchte am Ende den größtmöglichen Gewinn nach Steuern erzielen. Auf dem Weg dorthin kann es viele Stolpersteine geben, die sich auch aus der Rechtsform ergeben. Einflussfaktoren sind:

  • Leitungs- und Kontrollbefugnisse,
  • Haftungsverhältnisse,
  • die Beteiligung am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven,
  • der Zugang zu neuem Kapital für Finanzierungszwecke,
  • der Umfang der Publizitätspflichten,
  • sowie Besteuerungsaspekte.

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[1] Vgl. Rawert, in: Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 114 Rn. 24; Schmidt, in: Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 125 Rn. 5.

[2] Vgl. Goette, in: Fleischer/Goette, MüKo GmbHG, 2015, § 6 Rn. 57.

[3] Vgl. Grunewald, in: Schmidt, MüKo HGB, 2012, § 161 Rn. 29; Schmidt, in Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 105 Rn. 179.

[4] Vgl. Grunewald, in: Schmidt, MüKo HGB, 2012, § 167 Rn. 19; Priester, in Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 120 Rn. 101 ff.

[5] Vgl. Grunewald, in: Schmidt, MüKo HGB, 2012, § 167 Rn. 19; Priester, in Schmidt, MüKo HGB, 2011, § 120 Rn. 103.

[6] S. hier.

Die Spielregeln der Steuergestaltung

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Gelingende Steuergestaltung braucht Spielregeln. Denn niemand zahlt gerne Steuern, aber niemand kommt einfach so darum herum. Das brachte schon Benjamin Franklin auf den Punkt („Nichts in dieser Welt ist sicher, außer dem Tod und den Steuern.“) Doch manchmal ist es möglich, Einfluss auf die Besteuerung zu nehmen und die Steuereffekte aktiv zu gestalten. Zahlreiche umstrittene Steuergestaltungsmodelle in den letzten Jahren haben allerdings verdeutlicht, dass der Grat zwischen einer legalen Gestaltung und einer illegalen Steuerverkürzung sehr schmal sein kann (bspw. Goldfinger-Modell, Cum-Ex-Geschäfte).

Steuergestaltung kann also auch etwas heikel sein, sodass wir hier aus unserer Sicht ein paar grundsätzliche Spielregeln benennen werden, die man für eine erfolgreiche Gestaltung einhalten sollte.

Was ist Steuergestaltung? 

Was Steuergestaltung überhaupt ist, das ist eine durchaus spannende Frage. Eine konkrete gesetzliche Definition gab es nämlich lange Zeit nicht, bis schließlich 2019 die „Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ eingeführt wurde.

Spricht man von Steuergestaltung, so ist damit normalerweise gemeint, unter Einhaltung der Steuerrechtslage die Steuerbelastung zu reduzieren. Diese Definition ist sehr griffig und einfach, lässt aber viele Facetten außer Acht. Manchmal ist es bspw. nicht möglich, eine Steuerbelastung final zu reduzieren, sondern nur hinauszuzögern und auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Ebenso bleibt außer Acht, dass eine Steuerprävention durch aktive Vermeidung nachteiliger Steuerregelungen ein wichtiger Gestaltungsbaustein ist. Was würde die beste Steuerersparnis im Nachhinein nützen, wenn eine Steuerbelastung von Anfang an vermeidbar gewesen wäre?

Es lohnt sich also, das Thema differenzierter zu betrachten. Diesen Weg ist auch der Gesetzgeber gegangen, der mit der eingangs erwähnten Gesetzesänderung in 2019 eine Definition in § 138d Abs. 3 Satz 1 AO geschaffen hat. Eine Steuergestaltung zielt demnach auf folgende Steuerwirkungen ab:

  1. Steuererstattungen erhalten,
  2. Steuervergütungen gewähren oder erhöhen,
  3. Steueransprüche entfallen lassen oder verringern,
  4. Entstehung von Steueransprüchen verhindern,
  5. Steueransprüche zeitlich in andere Besteuerungszeiträume verlagern,
  6. Steueransprüche zeitlich auf andere Besteuerungszeitpunkte verlagern.

Fairerweise sei hier erwähnt, dass es dem Gesetzgeber nicht darum ging, mit dieser Neuregelung eine allgemeingültige Definition für Steuergestaltungen zu schaffen (Hintergrund war die Umsetzung der DAC-6-Richtlinie der EU). Die Regelung liefert aber wichtige Anhaltspunkte dafür, worauf eine Steuergestaltung im Kern abzielt: Dem Steuerpflichtigen einen Steuervorteil verschaffen.

Dieser Steuervorteil kann darin bestehen, Steuerzahlungen final oder temporär zu reduzieren bzw. Steuererstattungen final oder temporär zu generieren, negative Steuerfolgen präventiv zu vermeiden oder abzumildern bzw. positive Steuerfolgen aktiv in Anspruch zu nehmen oder aufrechtzuerhalten.

Es existiert in der Praxis eine ganze Reihe konkreter Ansätze zur Steuergestaltung in den unterschiedlichsten Fallkonstellationen. Die Interessen des Steuerpflichtigen und der Finanzbehörden stehen sich dabei aber völlig gegensätzlich gegenüber. Wichtig ist also, dass ein Gestaltungsansatz auch gut umsetzbar ist bzw. durchsetzbar bleibt. Deswegen braucht gelingende Steuergestaltung Spielregeln.

Steuergestaltung
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Spielregel Nr. 1: Kenne deine Steuerpflichten

Es mag fast schon banal klingen, aber es ist eine Grundvoraussetzung im Rahmen des Steuergestaltungsprozesses, die eigenen Steuerpflichten zu kennen. Denn das Steuerrecht knüpft immer an einen Sachverhalt des Geschäfts- oder Privatlebens an, der ggf. eine bestimmte Steuerfolge auslöst. Nur wer seine Steuerpflichten kennt, kann auch beurteilen, ob es überhaupt Steuergestaltungspotential gibt und welche Ansatzmöglichkeiten bestehen. Wer das nicht selbst einschätzen kann, dem hilft ein fachkundiger Experte. Ein guter Steuerberater nimmt sich deswegen auch die Zeit, den Sachverhalt genau zu erfassen und die Steuerfolgen aufzuzeigen.

Praxisbeispiel: Eine Kapitalgesellschaft veräußert eine fremdfinanzierte Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft mit Gewinn. Der Gewinn bleibt effektiv zu 95% körperschaft- und gewerbesteuerfrei, § 8b Abs. 2 und 3 KStG i.V.m. § 7 Satz 1 GewStG. Die Darlehenszinsen sind trotzdem zu 100% als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig, § 8b Abs. 3 Satz 2 KStG i.V.m. § 7 Satz 1 GewStG. Allenfalls sind die Darlehenszinsen gewerbesteuerlich ggf. teilweise als Hinzurechnungsbetrag zu berücksichtigen, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Diese Steuerfolgen sind schon sehr vorteilhaft und können allenfalls noch punktuell optimiert werden.

Spielregel Nr. 2: Du musst Steuern zahlen, um diese zu sparen

Um Steuern zu sparen, müssen erst einmal Steuern gezahlt werden. Denn fallen jetzt oder in der Zukunft erst gar keine Steuern an, gibt es auch nichts mehr zu optimieren. Dieser Punkt hängt also sehr eng mit der Spielregel Nr. 1 zusammen.

Praxisbeispiel: Ein Immobilienkauf löst in der Regel Grunderwerbsteuer aus, aber nicht immer. Findet der Grundstücksverkauf z.B. zwischen Ehegatten statt, ist der Erwerb nach § 3 Nr. 4 GrEStG grunderwerbsteuerfrei. In so einem Fall gibt es bei dieser Steuerart nichts mehr zu optimieren.

Spielregel Nr. 3: Kenne dein Gestaltungsziel

Nur wenn du weißt, was du mit einer Steuergestaltung erreichen willst, kannst du zu Ansatzmöglichkeiten recherchieren oder deinem Steuerberater einen Beratungsansatz liefern. Es passiert wenn überhaupt nur sehr selten, dass du mit einer Gestaltung gleichzeitig mehrere Steuervorteile erreichst (s.o.). Hier solltest du vorab festlegen, was du wirklich möchtest.

Praxisbeispiel: Ein Einzelunternehmer plant in 2022 Investitionen und benötigt Liquidität. Er wird wegen eines Gewinns in 2021 Einkommen- und Gewerbesteuer zahlen (s. Spielregel Nr. 2). Die Voraussetzungen für einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG sind gegeben, weshalb der Einzelunternehmer künftige Abschreibungen auf die Investitionen bereits teilweise steuermindernd nach 2021 vorverlagert. Er kann somit zwar die Steuerbelastung 2021 mindern und Liquidität freisetzen, muss unter gleichen Bedingungen aber in 2022 Steuern nachzahlen.

Steuergestaltung, Steueroptimierung, Finanzierungsziel
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Spielregel Nr. 4: Gestalten kann man nur vorher, hinterher gibt es nur noch Schadensbegrenzung

Eine für Steuerberater frustrierende, in der Praxis aber leider sehr oft anzutreffende Problematik ist, dass Steuerpflichtige sich über Steuern erst Gedanken machen, wenn das lang geplante Vorhaben schon umgesetzt wurde. Das ist insofern ein Problem, als sich im Steuerrecht einmal eingetretene Rechtsfolgen nur selten wieder vollständig revidieren lassen. Der Steuerberater kann in diesen Fällen dann nur noch Schadensbegrenzung betreiben. Deswegen braucht Steuergestaltung Spielregeln, um zu funktionieren.

Für wirtschaftlich besonders bedeutsame Vorhaben mit hohen Steuerauswirkungen oder sehr unsicherer steuerlicher Behandlung kann es sinnvoll sein, nach § 89 Abs. 2 AO eine kostenpflichtige verbindliche Auskunft beim zuständigen Finanzamt einzuholen. Das funktioniert jedoch nur im Vorfeld, bevor der Sachverhalt verwirklicht wurde. Steuerpflichtige, die sich erst im Nachhinein mit der Besteuerung auseinandersetzen, sabotieren sich selbst, da sie sich Ihre Gestaltungsoptionen nehmen.

Praxisbeispiel: Die Kinder übernehmen die Schulden Ihrer verarmten und hoch verschuldeten Eltern. Dass dies eine Schenkung an die Eltern ist, für die nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG bei jedem Elternteil nur ein Freibetrag von 20.000 EUR je Kind zur Verfügung steht und somit schnell Schenkungsteuer auslöst, wird aber übersehen. Da die Eltern die Schenkungsteuer nicht leisten könnten, würde das Finanzamt gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG an die Kinder herantreten. Je nachdem wie hoch die Schenkung ausfällt, könnte die noch anfallende Schenkungsteuer das noch vorhandene Familienvermögen übersteigen.

Spielregel Nr. 5: Verrechne dich nicht

Du solltest auf jeden Fall realistisch bleiben und kritisch hinterfragen, ob all die „Steuergestaltungen“ auf dem Markt so sensationell und einzigartig sind, wie sie dargestellt werden. Die Sache hat immer einen Haken und es ist keineswegs so, dass Steuervorteile in deinem Fall garantiert sind (bspw. Holdingstrukturen). Ein seriös arbeitender Steuerberater zeigt dir nicht nur die Vorteile, sondern auch die Nachteile einer Gestaltung auf, um dir eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu geben. Im Interesse des Mandanten gehört es auch dazu, auf nichtsteuerliche Vor- und Nachteile hinzuweisen. Diese können für die Entscheidung wichtiger sein, als der Steuereffekt selbst. Was bringt dir bspw. eine Steuergestaltung, wenn dich die Umsetzung mehr kostet als die Steuervorteile, die du daraus erwarten kannst?

Praxisbeispiel: Ein Einzelunternehmer hat einen persönlichen Steuersatz von 40%. Um Steuern zu sparen, nimmt er ein Darlehen auf, das er eigentlich nicht benötigt und zahlt 10.000 EUR Zinsen jährlich. Er freut sich über eine Steuerersparnis von 40% des Zinsbetrags, d.h. 4.000 EUR jährlich. Da er jedoch 10.000 EUR an die Bank zahlt, wird er jährlich nach Abzug des Steuervorteils um 6.000 EUR ärmer. Die Darlehensaufnahme war zwar steueroptimal, aber wirtschaftlich gesehen keine sinnvolle Entscheidung.

Spielregel Nr. 6: Steueroptimierung ist ein Grundrecht, solange du es nicht übertreibst

Wer zu viel will und nur aus Gründen der Steuerersparnis besonders kreativ wird, riskiert die steuerliche Anerkennung des Gestaltungsansatzes. Die Finanzbehörden haben es nämlich in der Praxis relativ einfach, unter Berufung auf § 42 AO den „Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten“ zu untersagen. Damit sind unangemessene rechtliche Gestaltungen gemeint, durch die ein gesetzlich nicht vorgesehener Steuervorteil erzielt wird. Es gibt also auch gesetzliche Spielregeln für Steuergestaltung.

§ 42 AO ist eine Korrekturnorm, durch die der Besteuerung anstelle der „unangemessenen“ Gestaltung die „angemessene“ Gestaltung zugrunde gelegt wird. Ein Ausweg aus dieser Rechtsfolge ist, dass der Steuerpflichtige außersteuerliche Gründe (bspw. wirtschaftliche Gründe) für die von ihm gewählte Gestaltung nachweist.

Von einer Gestaltung nur zum Zweck der Steuerersparnis ist deswegen klar abzuraten. Es ist in der Literatur nämlich sehr umstritten, wie genau § 42 AO anzuwenden ist und mit Leben gefüllt wird.[1] Das ist in der Praxis oft ein strategischer Vorteil für die Finanzbehörden, die erst einmal ohne größere Hindernisse eine potentielle Steuergestaltung ablehnen können. Sollten die Argumente des Steuerberaters nicht angenommen werden, kann oft nur noch auf dem Finanzrechtsweg eine Anerkennung erreicht werden. Dieses Risiko und die damit verbundenen Zusatzkosten müssen daher von Anfang an berücksichtigt werden.

Die Finanzämter sind zwar nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden. In der Praxis hat der Steuerpflichtige bei einer so unklaren Norm wie § 42 AO jedoch nicht viel entgegenzusetzen, wenn das Finanzamt eine Gestaltung ablehnt und sachlichen Argumenten nicht zugänglich ist. Im Übrigen hätte ein Finanzbeamter selbst dann nicht viel zu befürchten, wenn Steuern bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen falsch festgesetzt werden. Es liegt in einem solchen Fall nämlich keine strafbare Rechtsbeugung vor (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 17.04.1986, 3 Ws 176/86).

Dem Steuerpflichtigen ist es nicht verboten, seine Steuersituation zu optimieren. Ganz im Gegenteil, steueroptimierende Gestaltung ist ein Grundrecht im Rahmen des Art. 2 Abs. 1 GG.[2] Gestaltungen nur zur Steueroptimierung sind es jedoch nicht, das verbietet der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, Art. 3 Abs. 1 GG. Man sollte also nicht nur steuerliche Gründe dafür haben, warum man ein Vorhaben umsetzt und das auch dokumentieren können.

Spielregel Nr. 7: Bleibe transparent

Diese zählt zu den wichtigsten Spielregeln der Steuergestaltung. Denn in der Einleitung wurde bereits deutlich, dass einige Gestaltungsmodelle, die in der Vergangenheit (zumindest von einem Teil der Beraterschaft) als legal erachtet wurden, heute als strafbare Steuerhinterziehung gelten. Es handelt sich hier zugegebenermaßen um Extremfälle, doch es verdeutlicht, dass ein „zu Viel“ an Gestaltung problematisch ist.

Das ist sicher ein eigenes Feld und hätte für sich genommen das Potential, ein ganzes Buch zu füllen. Deswegen möchte ich an dieser Stelle nur einen besonders problematischen Punkt hervorheben. Grundsätzlich unproblematisch sind Gestaltungen, die sich eindeutig aus dem Gesetz ergeben bzw. zu welchen es keine zwei Meinungen gibt, auch keine abweichende Auffassung der Finanzverwaltung.

Vielen Steuerpflichtigen ist nicht bewusst, dass sie dazu verpflichtet sein können, die in der Steuererklärung gemachten bzw. nicht gemachten Angaben gegenüber dem Finanzamt zu erläutern. Die Finanzverwaltung kann eingereichte Steuererklärungen automationsgestützt ohne das manuelle Eingreifen eines Finanzbeamten veranlagen, wenn sie den Weg dafür eröffnet hat, § 155 Abs. 4 AO. Das manuelle Eingreifen eines Finanzbeamten erfolgt insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige durch ein Freitextfeld ergänzende Angaben in der Steuererklärung gemacht hat, § 155 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 150 Abs. 7 Satz 1 AO. D.h. die Steuererklärung wird im Normalfall maschinell veranlagt, außer das Freitextfeld wird befüllt. In der Einkommensteuererklärung 2020 befindet sich dieses Freitextfeld bspw. in der Anlage ESt1A, Zeile 45, Kennziffer 175. Dieses Freitextfeld wirkt damit in zwei Richtungen:

  1. Schutz des Steuerpflichtigen: Der Steuerpflichtige kann dem Finanzamt mitteilen, dass bestimmte Sachverhalte noch nicht berücksichtigt wurden, obwohl sie zu berücksichtigen wären und dies durch einen Finanzbeamten prüfen lassen (bspw. richtiges Feld nicht gefunden, um abzugsfähige Kosten einzutragen).
  2. Schutz des Fiskus: Vertritt der Steuerpflichtige bspw. eine für ihn günstige Rechtsauffassung, die aber vom Gesetz, der Rechtsprechung oder der Auffassung der Finanzverwaltung abweicht, muss er dies kenntlich machen. Macht er dies nicht, nimmt er in Kauf, sich durch die automationsgestützte Veranlagung seiner Steuererklärung einen für ihn günstigen Steuerbescheid zu erschleichen, den er bei einer transparenten Offenlegung gegenüber dem Finanzamt ggf. nicht erhalten hätte. Da dem Finanzamt damit die Möglichkeit genommen wird, eine Gegenposition einzunehmen, kann die nicht bzw. nicht vollständig vorgenommene Mitteilung der abweichenden Rechtsauffassung schnell eine steuerstrafrechtliche Relevanz haben.[3]

Eine „Steuergestaltung“, die nur deswegen funktioniert, weil man dem Finanzamt nichts von seiner strittigen Rechtsauffassung erzählt, ist also keine Steuergestaltung, sondern schnell eine Steuerhinterziehung. Transparenz ist hier das oberste Gebot.

Die Praxis zeigt übrigens, dass sich die Finanzämter in vielen Fällen einer fundierten, gut begründeten abweichenden Rechtsauffassung anschließen. Ein Vorteil dieses transparenten Vorgehens ist zudem, dass das Finanzamt keine Möglichkeit mehr hat, später unter Berufung auf eine vermeintliche Unkenntnis den Steuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern.

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Spielregel Nr. 8: Akzeptiere, dass eine Gestaltung nicht immer möglich ist

Wenn du jetzt den Eindruck hast, dass Steuergestaltung enge Grenzen hat und es viele Dinge zu beachten gibt, hast du Recht. Du solltest auf jeden Fall akzeptieren, dass der Gesetzgeber manchmal keine Steuergestaltungen zulässt oder diese erschwert und es daher oft nicht möglich ist, rechtssicherere Steuergestaltungen umzusetzen.

Ein Steuerberater ist übrigens dazu verpflichtet, nur sichere bzw. risikoadäquate Steuergestaltungen zu empfehlen. Eine mit einem hohen Risiko des Scheiterns erkaufte Steuergestaltung eignet sich nur für Steuerpflichtige, die dieses Risiko eingehen wollen. Wenn du dich zu den Spielregeln der Steuergestaltung beraten lassen willst, vereinbare einen Termin mit uns.


[1] Vgl. Ratschow, in: Klein, AO, 2020, § 42 Rn. 10 ff zur Darstellung der Rechtslage.

[2] Vgl. Lenz/Gerhard, BB 2007, S. 2431.

[3] Vgl. Schmid/Ntamadaki, DStR 2019, S. 1713 ff.

Besteuerung von Twitch-Donations

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Die Frage nach der Besteuerung von Twitch-Donations wird ausgesprochen häufig gestellt. Es kursieren dazu leider viele Halbwahrheiten im Netz. Konkrete Antworten gibt es nur selten und wenn, dann wird regelmäßig die Umsatzbesteuerung außer Acht gelassen. Dafür gibt es auch einen guten Grund. Die Frage nach der Besteuerung von Twitch-Donations ist deswegen so spannend, da sie nicht pauschal beantwortet werden kann und insbesondere bei der Umsatzsteuer zahlreiche Probleme aufwirft.

Donations gibt es nicht nur bei Twitch, sondern bspw. auch bei YouTube, doch zum besseren Verständnis bleiben wir bei diesem Beispiel. Die Idee von Twitch ist, dass die Nutzer Videospiele online spielen und die Community das Gameplay live und hautnah miterleben kann. Die Plattform ist interaktiv ausgestaltet und erlaubt

  • Gruppenchats mit dem Streamer,
  • kostenpflichtige Kanal-Abonnements,
  • freiwillige „Spendenzahlungen“ (Donations) an den Streamer.

Der Twitch-Streamer freut sich darüber zwar, aber hier fangen die ersten steuerlichen Irritationen an. Freiwillige Geldzahlungen könnten vielleicht eine Schenkung sein, sind aber bestimmt nicht einkommensteuer- oder gewerbesteuerpflichtig und ganz sicher nicht umsatzsteuerpflichtig, oder?

Die schlechte Nachricht vorweg: Die Besteuerung von Twitch-Donations richtet sich nach den allgemeinen Regelungen. Denn hier gelten keine besonderen Ausnahmen gegenüber anderen Einnahmen auch. Wie das konkret stattfindet, dazu gibt es sicher nicht nur eine Meinung, zumal Twitch-Donations in der Fachliteratur bislang nicht ernstzunehmend diskutiert wurden. Ebenso fehlt Rechtsprechung zu diesem Thema. Unsere Praxiserfahrungen aus einer Betriebsprüfung sind in diesen Beitrag eingeflossen.

Sind Twitch-Donations eine Schenkung oder eine Betriebseinnahme?

Erhält ein inländischer Twitch-Streamer eine Donation, könnte diese grundsätzlich eine Schenkung unter Lebenden sein (sog. freigebige Zuwendung, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), wenn sie keine einkommen- und gewerbesteuerpflichtige Betriebseinnahme darstellt. Diese „Entweder-Oder“-Schlussfolgerung ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz, dass keine unzulässige Doppelbesteuerung vorliegen darf.

In diesem Fall lässt sich die Frage jedoch eindeutig beantworten. Wer eine Donation zahlt, will den Streamer nicht beschenken, sondern dessen Unterhaltungswert würdigen. Wer als Streamer einen Weg dafür einrichtet, Geldzahlungen über eine Plattform entgegenzunehmen, will sich auch nicht „beschenken“ lassen, sondern Geld damit verdienen. Der Twitch-Streamer bietet Entertainment und überlässt es dem Zuschauer, ob und wie viel dieser dafür zahlt, das gehört zum Geschäftsmodell der Plattform. Kaum ein Twitch-Streamer könnte es sich auf Dauer leisten, ganz ohne Gegenleistung umfassenden Content anzubieten. Im Ergebnis nimmt ein Twitch-Streamer Donations also zur Einkünfteerzielung an und erzielt damit Betriebseinnahmen.

Echte Spenden darf zudem nur entgegennehmen, wer beim Finanzamt das dafür vorgesehene Anerkennungsverfahren erfolgreich durchlaufen hat. Gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke lassen sich mit Twitch kaum verwirklichen.

Trinkgelder können einkommensteuerfrei sein, Twitch-Donations auch?

Da nun geklärt ist, dass Donations eine Betriebseinnahme darstellen, stellt sich die Frage nach der Ertragsbesteuerung. Die Tätigkeit von Twitch-Streamern ist als gewerblich zu klassifizieren, d.h. sie erzielen einkommen- und gewerbesteuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG.

Wer sich im Einkommensteuerrecht etwas näher auskennt, hat aber vielleicht schon einmal davon gehört, dass Trinkgelder steuerfrei sein können. Nicht unberechtigt ist also die Frage, ob auch Donations steuerfrei sein können, immerhin handelt es sich hier ja auch um freiwillige Geldleistungen, die über die erforderliche Gegenleistung hinaus gezahlt werden. Dazu lohnt es sich, den Gesetzestext zu lesen:

§ 3 Nr. 51 EStG: „Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist;“

Der Gesetzestext macht es schon deutlich, die Steuerbefreiung für Trinkgelder gilt nur für Arbeitnehmer, nicht aber für Unternehmer. Nur in Ausnahmefällen wird es angestellte Twitch-Streamer geben, die für Ihren Arbeitgeber streamen und die Donations behalten dürfen. In einem solchen Fall wäre die Steuerbefreiung unseres Erachtens zu gewähren. Für einen gewerblich tätigen Twitch-Streamer gilt das jedoch nicht. Hier stellen auch „Trinkgelder“ voll steuerpflichtige Betriebseinnahmen dar.[1] Die Besteuerung von Twitch-Donations ist bis hierhin eindeutig.

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Hinweis: In Einzelfällen ist sicher denkbar, dass ein nicht über Twitch tätiger Streamer mit Donation-Einnahmen auch eine Tätigkeit aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG ausübt.

Die Umsatzsteuer bei Twitch-Donations ist ein heikles Thema

Zweifel an der Steuerbarkeit von Twitch-Donations

Die Besteuerung von Twitch-Donations wird bei der Umsatzsteuer kompliziert. Denn es gibt Zweifel an der Steuerbarkeit. Demnach setzt ein umsatzsteuerrelevanter Vorgang voraus, dass ein Leistungsaustausch vorliegt, d.h. eine innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, Abschn. 1.1 Abs. 1 Satz 2 und 3 UStAE. Leistung in diesem Sinne wäre der Content des Streamers, Gegenleistung die Donation des Spenders. Wenn jedoch jemand freiwillig Geld zahlt und dafür nicht mehr erhält als jemand, der überhaupt nichts zahlt, drängt sich ein solcher wechselseitiger Zusammenhang und eine innere Verknüpfung nicht zwangsläufig auf.

Auch der EuGH hatte einmal in einer ähnlichen Konstellation zu entscheiden. Hier ging es um das Straßenmusiker-Urteil in der Sache „Tolsma“.[2] Der EuGH hielt die Zahlungen der Passanten jedoch für keine Gegenleistung an den Straßenmusiker für dessen musikalische Darbietung. Begründet wurde das damit, dass die Zahlungen freiwillig waren und dass nicht zwangsläufig ein wechselseitiger Zusammenhang gegeben war. Manche Passanten legten nämlich bspw. aus sozialen Gründen zwar Geld in die Sammelbüchse, gingen jedoch weiter. Manche Passanten zahlten nichts, hörten sich die Musik aber an. Deswegen ist es unseres Erachtens auch zweifelhaft, ob Donations für sich genommen überhaupt umsatzsteuerbar, sprich umsatzsteuerrelevant sind.

Im Ergebnis wird jedoch in vielen Fällen trotzdem eine Umsatzsteuerpflicht der Donations gegeben sein, da der Twitch-Streamer im Regelfall noch kostenpflichtige Zusatz-Leistungen anbietet, insbesondere Subs (Kurzform für „Subscriptions“, d.h. kostenpflichtige Abonnements des Channels). Der Anreiz für einen Abonnenten, hierfür Geld auszugeben, besteht darin, dem Twitch-Streamer näher zu sein als andere. Der Streamer muss dafür aber auch Zusatz-Leistungen anbieten, bspw. durch bessere Interaktionsmöglichkeiten zwischen Abonnenten und Streamer gegenüber Nicht-Abonnenten (bspw. Zusatz-Rechte im Chat, exklusive Community-Events).

In so einem Fall besteht unzweifelhaft eine innere Verknüpfung zwischen Leistung (Abo) und Gegenleistung (Abo-Gebühr). Werden dann zusätzlich noch Donations von Abonnenten geleistet, muss dieses freiwillige Zusatz-Entgelt grundsätzlich auch in die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage der Abo-Gebühr einbezogen werden, § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Die Finanzverwaltung stellt das unter Verweis auf die BFH-Rechtsprechung ausdrücklich klar.[3] Wenn jedoch Nicht-Abonnenten Donations leisten, ist hier keine solche Verknüpfung gegeben.

Heißt das jetzt, dass Donations von Abonnenten umsatzsteuerrelevant sind und Donations von Nicht-Abonnenten nicht? Unseres Erachtens ja. Allerdings muss der Streamer seine Twitch-Donations auch so sauber auftrennen können, um dem Finanzamt gegenüber einen Nachweis zu führen. Die Besteuerung von Twitch-Donations hängt deswegen bei der Umsatzsteuer sehr von den vorhandenen Nachweisen ab.

Ort der Leistungsausführung für Twitch-Donations und elektronische Leistungen

Ob ein Leistungsaustausch und damit eine Umsatzsteuerrelevanz vorliegt, hängt nicht nur vom Leistungsaustausch ab, sondern von weiteren Tatbestandsmerkmalen. Wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, spricht man von der sogenannten „Steuerbarkeit“:

  1. Leistung (Streaming-Leistungen sind sonstige Leistungen),
  2. durch einen Unternehmer (Streamer sind im Regelfall Unternehmer),
  3. im Inland (das ist nach umsatzsteuerlichen Regeln zu bestimmen),
  4. gegen Entgelt (Leistungsaustausch erforderlich, s.o.),
  5. im Rahmen seines Unternehmens (liegt vor).

Probleme bereitet hier das Kriterium „im Inland“, denn die Ortsbestimmung ist komplex und nur wenn eine Leistung auch in Deutschland als ausgeführt gilt, kann ein Steueranspruch des deutschen Fiskus bestehen. Es ist ein wesentliches Merkmal von Livestreams und Videos, dass diese auf elektronischem Wege über das Internet abgerufen werden. Gerade im Bereich von Gameplay-Inhalten darf unterstellt werden, dass diese von Privatpersonen (bzw. Unternehmern außerhalb ihres Unternehmens, d.h. ebenso privat) konsumiert werden. Das steht auch in Übereinstimmung mit dem geltenden EU-Recht. Denn nach Art. 18 Abs. 2 MwStVO darf der Streamer davon ausgehen, dass der Zuschauer eine Privatperson ist, solange keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vorgelegt wird.

Daher wäre als Ortsbestimmung der sonstigen Leistung der Wohnsitz, gewöhnliche Aufenthaltsort oder Sitz des Zuschauers maßgebend, § 3a Abs. 5 Satz 1 und 2 Nr. 3 UStG. Sprich, sitzt der Zuschauer eines deutschen Streamers in Österreich, müsste der Streamer sich normalerweise in Österreich umsatzsteuerlich registrieren und dort österreichische Umsatzsteuer zahlen. Glücklicherweise wurde dies innerhalb der EU mit der Einführung des sog. MOSS-Verfahrens (Mini One Stop Shop, § 18h UStG) vereinfacht. Im Inland ansässige Unternehmer können Ihre ausländischen Umsatzsteuerpflichten durch eine besondere Steuererklärung beim deutschen Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erfüllen.[4]

Regelmäßig besteht jedoch keine verlässliche Möglichkeit nachzuvollziehen, wo die Zuschauer ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthaltsort oder Sitz haben. Typischerweise treten die Zuschauer zudem mit einem Pseudonym auf.

Wenig hilfreich ist es da auch, dass die oben zitierte Rechtsnorm in § 3a Abs. 5 Satz 3 UStG noch einen Schwellenwert für die Ortsbestimmung definiert. Die Norm wurde gerade erst im Rahmen der Neuregelungen zum MOSS-Verfahren erweitert. Sie regelt im Kern Folgendes:

  • Der Twitch-Streamer versteuert sämtliche Twitch-Umsätze in Deutschland, wenn
  • er nur in einem EU-Staat steuerlich ansässig ist
  • und sämtliche elektronisch erbrachten Leistungen (d.h. nicht nur Donations) an Zuschauer im EU-Ausland im letzten Jahr weniger als 10.000 € netto betragen haben,
  • und der Schwellenwert von 10.000 € netto im aktuellen Kalenderjahr nicht überschritten wird.
  • Innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 UStG (bspw. aus Merchandise-Verkäufen) sind in die Schwellenwert-Berechnung einzubeziehen.

Die Norm legt damit in einer unnötig komplizierten Art und Weise fest, dass sich die Ortsbestimmung für Streaming-Leistungen nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG richtet, wenn die Ortsbestimmung für auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen nicht angewandt wird. Mit anderen Worten: Betreibt der Twitch-Streamer sein Unternehmen von Deutschland aus, muss er die elektronisch erbrachten Umsätze auch in Deutschland versteuern, solange diese 10.000 € netto nicht überschreiten.

Der Twitch-Streamer kann auch beim Finanzamt darauf verzichten, den Schwellenwert anzuwenden, ist dafür dann aber mindestens zwei Kalenderjahre an diese Entscheidung gebunden, § 3a Abs. 5 Satz 4 und 5 UStG. Der Twitch-Streamer würde damit direkt von Anfang an zum MOSS-Verfahren optieren.

Praxishinweis: Kleinunternehmer haben hier kaum Vorteile. Die Kleinunternehmerregelung gilt nämlich nur für in Deutschland steuerpflichtige Umsatzerlöse. Das bedeutet, dass ein Twitch-Streamer unabhängig davon, ob er in Deutschland Kleinunternehmer ist, im Ausland zur Abführung von Umsatzsteuer verpflichtet sein kann, außer er gilt auch dort als Kleinunternehmer.[5]

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Konsequenzen für die Besteuerung von Twitch-Donations

Die vorangegangenen Ausführungen haben schon deutlich gemacht, wie komplex das Thema der Umsatzsteuer sein kann. Im Zweifel sollte bei der Besteuerung von Twitch-Donations in der Praxis der sichere Weg gewählt werden.

Es gibt berechtigte Zweifel an der Umsatzsteuerbarkeit von Donations in solchen Fällen, in welchen ein Zusammenhang mit umsatzsteuerpflichtigen Leistungen nicht gegeben ist. Wer kostenpflichtige Subs bzw. Zusatzleistungen anbietet, kann unter Umständen schon nicht mehr nachweisen, dass kein Zusammenhang mit umsatzsteuerpflichtigen Leistungen gegeben ist. In diesen Fällen kann es in einer Kosten-Nutzen-Abwägung sinnvoll sein, die Twitch-Donations vollständig der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Davon abzuweichen und bspw. durch Schätzung einen Teil der Twitch-Donations als nicht steuerbar zu behandeln, ist nur mit vollständiger und wahrheitsgemäßer Offenlegung gegenüber dem Finanzamt zu empfehlen. Eine steuerliche Beratung im Einzelfall ist hier dringend zu empfehlen.

Twitch-Donations sollten im Zweifelsfall in Deutschland der Umsatzsteuer unterworfen werden, wenn die Ortsbestimmung für die Zuschauer nicht verlässlich durchgeführt werden kann. Im Rahmen des MOSS-Verfahrens dem richtigen EU-Staat in der richtigen Höhe die Besteuerungsgrundlagen zuzuweisen, ist dann nämlich nicht sachgerecht möglich.

Es kann in bestimmten Situationen dennoch eine Chance sein, die Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen auf die verschiedenen Zuschauerländer zu schätzen oder auf den Schwellenwert zu verzichten, insbesondere wenn elektronisch erbrachte Dienstleistungen in Zuschauerländern umsatzsteuerlich begünstigt werden oder sogar umsatzsteuerfrei bleiben.

Eine solche Schätzung muss jedoch auch begründet werden können. Ein deutschsprachiger Streamer wird außerhalb der DACH-Region kaum Zuschauer haben, ein englischsprachiger Streamer schon eher. Im letzteren Fall lässt sich begründen, weshalb Umsatzerlöse auch oder sogar hauptsächlich auf Nicht-EU-Staaten entfallen und der deutsche Fiskus keinen Steueranspruch hat. Dann könnte ein Verzicht auf den Schwellenwert ggf. sogar zu Steuerersparnissen führen.

Denn für Nicht-EU-Staaten gilt das MOSS-Verfahren nicht. Lässt sich nicht zuverlässig feststellen, in welchen Ländern die Zuschauer ansässig sind, weiß der Streamer auch nicht, in welchem Drittland er sich ggf. umsatzsteuerlich registrieren müsste. Würde der Twitch-Streamer einen Teil seiner Einnahmen deswegen nicht einer ausländischen Umsatzsteuer unterwerfen, müsste das auch der deutsche Fiskus hinnehmen. Hier stößt das Umsatzsteuerrecht nämlich in der Praxis an seine Grenzen. Unabhängig davon würde die ersparte ausländische Umsatzsteuer beim Twitch-Streamer zu höheren Betriebseinnahmen führen, die wiederum in Deutschland der Einkommen- bzw. Gewerbesteuer unterliegen würde.

Für EU-Zuschauerländer gilt dann aber: Wer A sagt, muss auch B sagen, seine deutschen Umsatzsteuerpflichten vollständig erfüllen und die Besteuerungsgrundlagen durch Schätzung auf die EU-Länder aufteilen. Die so geschätzten Twitch-Donations sind dann im Wege des MOSS-Verfahrens in den anderen EU-Ländern der Umsatzbesteuerung unterwerfen.

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Fazit zur Besteuerung von Twitch-Donations

Twitch-Donations unterliegen bei selbständig tätigen Twitch-Streamern in vollem Umfang der Einkommen- und Gewerbesteuer. Die Rechtslage hierzu ist unseres Erachtens eindeutig.

Es gibt jedoch Zweifel daran, ob Twitch-Donations tatsächlich umsatzsteuerbar sind, wie auch die Parallelen zum Straßenmusiker-Urteil des EuGH zeigen. Treten jedoch kostenpflichtige Abonnements (Subs) dazu, sind unseres Erachtens auch die Twitch-Donations umsatzsteuerbar, soweit diese von Abonnenten stammen. Hier gibt es jedoch erhebliche Nachweisprobleme in der Praxis.

Steuerbare Umsatzerlöse können sowohl in Deutschland als auch im Ausland der Umsatzsteuer unterliegen. Dafür kann das spezielle MOSS-Verfahren zur Anwendung kommen. Ist ein Twitch-Streamer Kleinunternehmer, führt das zu Erleichterungen, soweit die Umsatzerlöse in Deutschland umsatzsteuerbar sind. Soweit die Umsatzerlöse im Ausland umsatzsteuerpflichtig sind, haben Kleinunternehmer keine Vorteile gegenüber regulären Unternehmern.

Die Rechtslage ist sehr komplex, es gibt kaum Rechtssicherheit und die Gefahr von Fehlern ist sehr hoch. Twitch-Streamer sollten hierfür steuerliche Beratung in Anspruch nehmen.

Willst auch du dich beraten lassen? Vereinbare deinen Termin.


[1] Vgl. Drüen, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 156. EL 2021, § 4 EStG Rn. 550 „Trinkgelder“.

[2] Vgl. EuGH v. 03.03.1994, C-16/93, HFR 1994, 357 “Tolsma”.

[3] Vgl. Abschn. 1.1 Abs. 1 Satz 8 UStAE; BFH-Urteil v. 17.02.1972, V R 118/71, BStBl. II 1972, S. 405.

[4] S. hier.

[5] Vgl. Schäfer, StB 2019, S. 271.

Steuern für Content Creator bei Social Media

Content Creator
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Steuern für Content Creator bei Social Media sind ein wichtiges Thema, das viele Fragen aufwirft. Klicks, Likes und Shares sind die Währung der sozialen Medien, mit der Influencer, YouTuber, Streamer und andere Content Creator von ihrer Community belohnt werden. Das beginnt meistens als Hobby und nur aus privatem Interesse. Doch was ist zu tun, wenn plötzlich echte Einnahmen, Gratisprodukte oder Geschenke folgen? Wann ist der private Rahmen überschritten und muss das schon versteuert werden?

Die wichtigsten Besteuerungsfragen bei der Nutzung von Social Media werden wir auf unserem Blog analysieren und dir in diesem und weiteren Beiträgen erklären. Wenn du allgemeine Fragen zu diesem Thema hast, schicke sie uns gerne zu, damit wir sie vielleicht schon in einem unserer nächsten Blog-Beiträge beantworten können. Beginnen wir heute mit den Grundlagen.

Nimm das Thema Steuern als Content Creator nicht auf die leichte Schulter

In den letzten Jahren war zu beobachten, dass die Besteuerung von Influencern, YouTubern & Co. immer stärker in den Fokus der Fachliteratur und Finanzämter gerückt ist. In 2020 hat sogar die Online-Taskforce des Bayerischen Landesamts für Steuern ein Merkblatt zur Influencer-Besteuerung herausgegeben.[1] Durch die wachsende Bedeutung des Social-Media-Marketing wird es sicher auch nur eine Frage der Zeit sein, bis sich die Finanzgerichte hier mit den ersten Besteuerungsfragen auseinandersetzen.

Bei den sozialen Medien muss zudem bedacht werden, dass die eigene Reichweite auf Öffentlichkeit beruht: Abonnenten, Content, Product Placements etc. sind prinzipiell für jeden einsehbar, d.h. auch für Finanzämter. Darüber hinaus können Finanzämter bspw. auch über Betriebsprüfungen eurer Geschäftspartner auf eure Tätigkeit aufmerksam werden (sog. Kontrollmitteilungen zwischen Finanzämtern sind üblich). Wer sich also erst auf Anfrage des Finanzamts näher mit dem Thema beschäftigt, hat den richtigen Zeitpunkt wahrscheinlich schon verpasst.

Die Konsequenzen, wenn man seine steuerlichen Pflichten nicht korrekt erfüllt, können sehr unangenehm sein. Sicher kennst du den sehr erfolgreichen YouTuber und Twitch-Streamer MontanaBlack, der in zahlreichen Videos sein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung öffentlich aufgearbeitet und festgestellt hat, dass ihm professionelle Unterstützung durch einen Steuerberater dabei geholfen hätte, von Anfang an Fehler und Ärger zu vermeiden.

Passe bei der Monetarisierung deiner Reichweite auf

Das Thema Steuern wird für dich als Content Creator grundsätzlich erst relevant, wenn du mit deinem Content entweder Einnahmen erzielst oder erzielen willst, wobei hier je nach Steuerart ggf. noch zwischen der sog. Einnahmen- bzw. Einkünfteerzielungsabsicht zu differenzieren ist (dazu in künftigen Blog-Beiträgen mehr).

Die Erzielung von Einnahmen ist nichts anderes als die Monetarisierung deiner Reichweite. Es gibt viele Wege, wie du deine Reichweite monetarisieren kannst und einige hängen auch von der Plattform und deinem Content ab. YouTuber laden Videos hoch und werden an den Youtube-Werbeeinnahmen beteiligt, Influencer mit treuer Community können bspw. Werbe- und Lizenzverträge erhalten, manchmal werden Abonnenten auch kostenpflichtige Subscriptions angeboten etc.[2] Es spielt dabei zunächst auch keine Rolle, ob es sich um direkte Geldflüsse von Followern (bspw. Donations) bzw. Dritten (bspw. Affiliate-Provisionen) an dich handelt oder um Vorteile mit Geldwert (bspw. Gratisprodukte, Gratis-Dienstleistungen), die du erhältst. Ebenso ist es in einem ersten Schritt egal, aus welchem Land diese stammen. Wenn du solche oder ähnliche Vorteile erhältst, sind diese erst einmal steuerrelevant (Besteuerung dem Grunde nach).

Social Media Steuern aufpassen
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Kenne die relevanten Steuerarten und die wichtigsten Verdienst-Grenzen

Eine andere Frage ist dagegen, in welchem Umfang diese der Besteuerung unterliegen (Besteuerung der Höhe nach). Denn auch wenn du mit Social Media Einnahmen erzielst, heißt das nicht zwangsläufig, dass du diese auch vollumfänglich versteuern musst. Steuern für Content Creator betreffen allerdings unterschiedliche Steuerarten. Hier gibt es aber einige wichtige Verdienst-Grenzen, die du im Blick haben musst.

Einkommensteuer für Content Creator:

Einkommensteuer zahlst du auf deinen Gewinn aus der Social-Media-Tätigkeit erst, wenn du zusammen mit anderen Einkünften (bspw. aus einem Anstellungsverhältnis) den jährlichen Grundfreibetrag überschreitest (in 2021: 9.744 €, § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG). Der Gewinn aus der Social-Media-Tätigkeit ergibt sich hierbei im Regelfall aus der Summe der Betriebseinnahmen abzüglich deiner Betriebsausgaben (sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung, § 4 Abs. 3 EStG).

Werden im Haupterwerb Einkünfte aus einem Anstellungsverhältnis bezogen (sog. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, § 19 EStG) und übersteigt der Gewinn aus der Social-Media-Tätigkeit den Betrag von 410 € bzw. 820 € nicht, ist darauf im Regelfall keine bzw. nur eine ermäßigte Einkommensteuer zu zahlen (sog. Härteausgleich). Übersteigt der Gewinn 410 € nicht, bleibt dieser im Normalfall komplett steuerfrei, § 46 Abs. 3 und 5 EStG. Übersteigt der Gewinn zwar die Grenze von 410 €, ist aber geringer als 820 €, fällt zwar Einkommensteuer an, die Steuerbelastung wird aber stufenweise bis zur vollen Steuerbelastung übergeleitet, § 46 Abs. 5 i.V.m. § 70 EStDV. Arbeitnehmer mit geringen Nebeneinkünften werden damit gezielt entlastet.[3]

Gewerbesteuer für Content Creator:

Eine Social-Media-Tätigkeit kann eine gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes darstellen. Das ist hauptsächlich für die Frage relevant, ob auch Gewerbesteuer zu zahlen ist oder nicht. Handelt es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG, ist keine Gewerbesteuer zu zahlen. Handelt es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG, dagegen schon (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG).

Als selbständige Arbeit werden grundsätzlich nur wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten angesehen, welchen eine gewisse akademische oder schöpferische Gestaltungshöhe zugesprochen wird (bspw. Künstler und Journalisten, s. Katalog-Berufe gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Einkünfte aus Gewerbebetrieb liegen dagegen vor, wenn keine selbständige Arbeit vorliegt (zur Definition vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Wichtig für dich zu wissen ist, dass in deinem Fall eine der beiden Alternativen vorliegt. Es gibt dafür auch kein Wahlrecht, diese Einstufung nimmt dein Finanzamt vor. Ein Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit sind vorhandene Marketing- bzw. Werbeeinnahmen.[4]

Auch wenn deine Tätigkeit gewerbesteuerrelevant ist, fällt Gewerbesteuer normalerweise erst dann an, wenn dein Gewerbeertrag den Freibetrag von 24.500 € überschreitet (Freibetrag gilt nur für Personenunternehmen, § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG). Als Gewerbeertrag gilt dein einkommensteuerlicher Gewinn (s. oben), der um verschiedene Hinzurechnungen und Kürzungen korrigiert wurde, § 7 Satz 1 GewStG. Sollte Gewerbesteuer zu zahlen sein, wird diese größtenteils auf deine Einkommensteuer angerechnet, § 35 EStG.

Social Media Content
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Umsatzsteuer für Content Creator:

Wer selbstständig und nachhaltig eine Tätigkeit ausübt und damit Einnahmen erzielt oder erzielen will, ist umsatzsteuerlicher Unternehmer, § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG. Sobald du mit deiner Social-Media-Tätigkeit nicht nur einmalig Einnahmen erzielst oder erzielen willst, bist auch du umsatzsteuerlicher Unternehmer, ganz unabhängig davon, ob du Gewinn erzielen willst oder nicht.

Mit der Unternehmereigenschaft geht im Regelfall einher, dass für betriebliche Einnahmen (d.h. Umsatzerlöse) Umsatzsteuer zu zahlen ist und für betriebliche Ausgaben die gezahlte Umsatzsteuer erstattet werden kann (sog. Vorsteuerabzug). Damit verbunden sind umfangreiche zusätzliche Steuer-, Aufzeichnungs- und Steuererklärungspflichten.

Das Thema der Umsatzsteuer kann insbesondere im Social-Media-Kontext ungemein kompliziert ausfallen, auch wenn der Gesetzgeber für kleine Unternehmen mit einem geringen Geschäftsumfang Erleichterungen geschaffen hat. Soweit deine Umsätze zzgl. der darauf entfallenden Steuer im letzten Kalenderjahr geringer als 22.000 € waren und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigen werden, giltst du als sog. „Kleinunternehmer“ i.S.d. § 19 UStG. In diesem Fall musst du keine Umsatzsteuer für deine Umsatzerlöse zahlen, kannst dafür aber auch keinen Vorsteuerabzug geltend machen und musst nur einmal im Jahr eine Umsatzsteuererklärung abgeben (vgl. insb. § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG).

Bei all diesen Erleichterungen wird aber schnell übersehen, dass auch Kleinunternehmer umsatzsteuerliche Pflichten haben und zur Zahlung von Umsatzsteuer verpflichtet sein können. Besonders hervorzuheben ist hier § 19 Abs. 1 Satz 3 UStG, durch den bspw. die sog. Umkehr der Steuerschuldnerschaft (§ 13b Abs. 5 UStG) weiterhin Anwendung findet. Das hat zur Folge, dass du für die Zahlung der deutschen Umsatzsteuer auf die Dienstleistung eines ausländischen Unternehmers verantwortlich sein kannst, wenn du von diesem eine Dienstleistung in Anspruch nimmst (bspw. Zoom, Canva, Adobe etc.).

Umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer zu sein bedeutet also nicht, dass du dich um die Umsatzsteuer nicht kümmern musst, sondern nur, dass du es damit etwas einfacher hast.

Informiere dich vorher über deine Steuerpflichten oder lasse dich beraten, wenn du unsicher bist

Solltest du deinen Steuerpflichten nicht ordentlich nachkommen, riskierst du nicht nur hohe Steuer- und Zinsnachzahlungen, sondern im schlimmsten Fall sogar Geld- oder Freiheitsstrafen (Steuerordnungswidrigkeiten oder -straftaten). Du solltest dich daher von Anfang an über deine Steuerpflichten informieren (bspw. mit diesem Blog) oder dich von einem Profi beraten lassen. Bitte beachte dabei, dass dein Finanzamt dich bei der Erfüllung deiner Steuerpflichten nicht berät, sondern nur im Rahmen des Notwendigen Auskünfte erteilt, § 89 Abs. 1 Satz 2 AO. Wende dich an einen Steuerberater, wenn du Unterstützung benötigst.

Verpasse auf keinen Fall den richtigen Zeitpunkt, um dein Gewerbe bei deiner Gemeinde bzw. deine selbstständige Tätigkeit beim Finanzamt anzumelden. Dazu bist du nämlich schon bei Beginn bzw. mit Aufnahme deiner Tätigkeit gesetzlich verpflichtet, § 138 Abs. 1 AO. Bitte vergiss nicht, auch den vorgeschriebenen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung an dein Finanzamt zu übermitteln und dich mit den dort abgefragten steuerrelevanten Punkten intensiv zu beschäftigen, um die Fragen korrekt zu beantworten.

Damit du von Anfang an auf der sicheren Seite bist, solltest du außerdem deine Einnahmen und Ausgaben sorgfältig dokumentieren und gewissenhaft Aufzeichnungen dazu führen. Wenn du das richtig erledigst, vermeidest du auch Hinzuschätzungen deines Finanzamts oder andere Steuernachteile für dich. Dazu gehört auch, dass du deine Steuererklärungsfristen einhältst und deine Steuererklärungen rechtzeitig an dein Finanzamt übermittelst (bei jährlich abzugebenden Steuererklärungen hast du im Normalfall bis zum 31.07. des Folgejahres Zeit, § 149 Abs. 2 Satz 1 AO). Wenn du einen Steuerberater mit deinen Steuererklärungen beauftragst, verlängert sich die Abgabefrist sogar auf den 28.02. des übernächsten Jahres, § 149 Abs. 3 AO.

Fazit

Steuern für Content Creator sind ein wichtiges Thema, das keinesfalls unterschätzt werden darf. Wenn du Geld mit Social Media verdienst oder verdienen willst, werden gleich mehrere Steuerarten auf einmal für dich relevant. Einnahmen sind grundsätzlich auch dann steuerpflichtig, wenn sie nicht direkt in Geld gezahlt werden. Gegenläufig dürfen entstandene Kosten gewinnmindernd als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass du deine Einkünfte auch versteuern musst. Hier gibt es mehrere Verdienstgrenzen, die zu beachten sind. Selbst falls du keine Steuern zahlen musst, heißt das aber nicht, dass du deswegen auch keine Steuererklärungen abgeben musst. Insbesondere bei der Umsatzsteuer lauert zudem schnell Fehlerpotential. Kleinunternehmer zu sein ist nur eine Erleichterung bei deinen umsatzsteuerlichen Pflichten und bedeutet nicht, dass du generell keine Umsatzsteuer zahlen musst.

Bitte bedenke zudem, dass deine Tätigkeit öffentlich ist und die Finanzämter ihre Mittel und Wege haben, den Umfang deiner Tätigkeit in Erfahrung zu bringen. Als Content Creator musst du dich um das Thema Steuern kümmern.


[1] Siehe Link.

[2] Vgl. Pinkernell, Besteuerung von Influencern, Youtubern und Bloggern, DWS-Merkblatt Nr. 1882.3, S. 1.

[3] Vgl. Holzner, in: Kirchhof/Kulosa/Ratschow, BeckOK EStG, Stand: 01.01.2021, § 46 Rn. 130.

[4] Vgl. Maier, in: Alber/Arendt/Faber et. al, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Stand: 01.01.2021, Stichwort „Betriebseinnahmen“ Rn. 6.