Fehler bei Start-ups vermeiden
Bei der Existenzgründung werden häufig die gleichen Fehler begangen, die Start-ups vermeiden sollten. Denn ob eine Existenzgründung erfolgreich verläuft, hängt zu einem wesentlichen Teil von einer guten Vorbereitung ab, die aber nicht immer gegeben ist. Anhand ausgewählter Aspekte geben wir angehenden Start-ups Hinweise zur erfolgreichen Existenzgründung.
Die Motivation für eine Existenzgründung reicht vom Weg aus der Arbeitslosigkeit bis hin zur Kündigung des sicheren Arbeitsverhältnisses zur Verwirklichung des eigenen Lebenstraums. Dieser Weg bringt immer unternehmerische Risiken und Chancen mit sich: Eine Existenzgründung kann scheitern, aber der Mut kann sich auch lohnen.
Fehler 1: Nicht wissen, ob man ein Unternehmertyp ist
Der Weg in die Selbstständigkeit ist oft steinig und mit vielen herausfordernden Entscheidungen verbunden. Es braucht daher nicht nur fachliches Know-How, sondern auch eine persönliche Eignung, um als Unternehmer erfolgreich zu sein. Deswegen sollte jeder angehende Existenzgründer vorher offen und ehrlich mit sich selbst sein und sich kritisch hinterfragen:
- Bin ich entscheidungsfreudig und fällt es mir leicht, Entscheidungen zu treffen?
- Treffe ich auch unter Stress und bei mehreren Problemen auf einmal sinnvolle Entscheidungen?
- Bin ich kontaktfreudig und komme mit Dritten schnell ins Gespräch?
- Komme ich damit zurecht, langfristig erheblich mehr zu arbeiten als in einem Anstellungsverhältnis, auch wenn ich am Anfang weniger verdiene?
- Verkrafte ich Rückschläge und kann ich meine Ziele auch danach noch motiviert weiterverfolgen?
- Bin ich dazu in der Lage, Situationen realistisch einzuschätzen und auf Anpassungsbedarf flexibel und entschieden zu reagieren?
- Habe ich ein Umfeld, das mich unterstützt und mir Rückhalt gibt?
Wer auf eine dieser Fragen mit „Nein“ antwortet, muss sich überlegen, ob das ein Hinderungsgrund für die Existenzgründung ist. Kontaktfreudigkeit ist bspw. weniger wichtig, wenn das Geschäftsmodell nicht auf direktem Kundenkontakt basiert. Fehlende Entscheidungsfreude kann sich dagegen kein Unternehmer erlauben. Viele Entscheidungen müssen getroffen werden und nicht alle werden richtig sein, entscheiden muss der Existenzgründer aber selbst. Einer der wesentlichsten Fehler, die Start-ups vermeiden sollten, ist also die Gründung, ohne der richtige Persönlichkeitstyp dafür zu sein.
Fehler 2: Kein Businessplan
Jede Branche und jedes Unternehmen ist individuell, weshalb jede Existenzgründung auch eine individuelle Beschreibung des Geschäftsmodells und der unternehmensindividuellen Faktoren verdient. Es gibt hierzu keine gesetzlichen Vorschriften und erfahrungsgemäß wird ein Businessplan oft auch erst angefordert, wenn ein Bankkredit benötigt wird.
Dennoch hilft ein professioneller Businessplan dabei, das Geschäftsvorhaben genau zu analysieren, das Potential und die Marktstellung zu beurteilen sowie die finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Aspekte einzuordnen. Ein Businessplan sollte z.B. auf folgende Aspekte eingehen:
- Darstellung der Geschäftsidee und der Zielgruppe,
- Recherche zum Markt-Potential und zur Konkurrenz,
- Identifizierung von Alleinstellungs-Merkmalen und Festlegung einer Strategie zur Erreichung der Zielgruppe,
- Festlegung kurz-, mittel- und langfristiger Ziele,
- rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. branchenbedingte Besonderheiten, behördliche Erlaubnisse und Auflagen, Datenschutz etc.),
- steuerliche Rahmenbedingungen (z.B. branchenbedingte Besonderheiten, bestimmte Steuerarten, rechtsformspezifische Besteuerung etc.),
- Betriebsorganisation (z.B. optimale Rechtsformwahl, Standortwahl, innerbetriebliche Zuständigkeiten etc.),
- Finanzplanung (insb. Ermittlung des Finanzbedarfs für Investitionen, Planung des Geschäftsverlaufs unter realistischen Rahmenbedingungen, d.h. Cash-Flow-Rechnung, Gewinn- und Verlust-Rechnung und Bilanz mit Planwerten),
- Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte.
Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Ein Gründer-Team plante, Waren zu importieren und über einen eigenen Online-Shop in Deutschland zu verkaufen. Die Gründer hatten bereits eine Gewerbe-Anmeldung abgegeben, ein Online-Shop-System aufgebaut und Investitionen getätigt, als sie sich die Frage nach der Besteuerung ihres Vorhabens stellten. Dabei wurde klar, dass die Gründer die Verzollung des Warenimports und die Belastung mit Einfuhr-Umsatzsteuer nicht bedacht hatten. Die Kalkulation des Unternehmens war damit plötzlich hinfällig und das Geschäftsmodell unrentabel. Die Existenzgründung war gescheitert.
Mit einem Businessplan wäre das nicht passiert. Start-ups, die vorher planen, vermeiden später eher Fehler und erleben seltener böse Überraschungen.
Fehler 3: Falsches Kostenbewusstsein (Kosten vs. Investition)
Jede Existenzgründung kostet Geld und kann je nach Vorhaben auch schon zu Beginn einen Umfang annehmen, der einen Gründer erst einmal überwältigt und abschreckt. Der erste Gedanke, der hier naheliegt, ist natürlich: Vermeintlich unnötige Kosten sparen und mehr Tätigkeiten selbst übernehmen. Das ist ein Punkt, der durchaus Sinn machen kann, aber nicht immer angebracht ist und zu Ende gedacht wird. Hier gibt es quantitative und qualitative Aspekte.
Start-ups sollten es vermeiden, Zeit zu verschenken und Geld verdienen
Ein Unternehmer muss genug Zeit haben, um sich auf das eigentliche Geschäft zu konzentrieren, nämlich mit dem eigenen Unternehmen Geld zu verdienen. Je mehr Zusatz-Arbeiten der Gründer unternimmt, die keinen Umsatz generieren, desto weniger Zeit bleibt effektiv noch für das Geld verdienen übrig. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sollte sich ein Unternehmer gezielt von Zusatz-Arbeiten entlasten und Kosten für externe Dienstleister als das betrachten, was sie sind: Eine Investition in das eigene Unternehmen.
Nur auf diesem Weg kann der Unternehmer die gesparte Zeit auch zum Geld verdienen nutzen und die Kosten für die externen Dienstleister amortisieren. Dennoch kann man manche Arbeiten auch ganz gezielt selbst übernehmen, z.B. weil am Anfang noch genügend Zeit zur Verfügung steht oder man ein Verständnis oder Gefühl für die Arbeiten entwickeln möchte.
Fehler durch Qualitäts-Mängel kosten Start-ups auch Geld
Entscheidet sich ein Unternehmer, eine Tätigkeit selbst zu übernehmen, muss er sich auch die Frage stellen, ob er selbst über die notwendigen Kenntnisse verfügt, um diese Tätigkeiten auf dem für ihn nötigen Qualitäts-Niveau auszuführen. Vielen Gründern ist aber gar nicht bewusst, wie teuer Qualitäts-Mängel werden können.
Viele Unternehmer gehen bspw. davon aus, dass es sich bei der Buchführung um Arbeiten von sehr einfacher Art handelt, die sie selbst übernehmen können. Dabei wird aber aus Unkenntnis nicht berücksichtigt, dass die Buchführung einer Vielzahl gesetzlicher Vorgaben folgt und daher nicht nur eine Buchführungs-Software, sondern auch eine Kenntnis der Buchungs-Technik und der sich laufend ändernden gesetzlichen Vorgaben erforderlich ist. Die betroffenen Rechtsbereiche, die sich auf die Rechnungslegung auswirken, sind nicht nur auf das Steuerrecht beschränkt, sondern können auch das Handelsrecht sowie ergänzende branchen- und rechtsformspezifische Besonderheiten umfassen.
Sämtliche regelmäßigen betrieblichen Steuererklärungen basieren auf der Buchführung, d.h. diese ist das Herzstück. Wird aber eine fehlerhafte Buchführung zugrunde gelegt, sind die Besteuerungsgrundlagen entweder zu hoch oder zu niedrig. Diese Fehler haben immer Ihren Preis. Sind die Besteuerungsgrundlagen zu hoch, zahlt der Unternehmer zu viele Steuern. Sind die Besteuerungsgrundlagen zu niedrig, stellt sich unweigerlich die Frage, ob nur ein steuerstrafrechtlich unbeachtliches Versehen oder eine Steuerordnungswidrigkeit bzw. schlimmstenfalls eine Steuerstraftat im Raum steht. Zu bedenken ist dabei auch, dass sich Fehler häufig über mehrere Jahre wiederholen, sodass hier auch empfindliche finanzielle Strafzahlungen bzw. erhebliche finanzielle Schäden entstehen können. Diese Fehler sollten Start-ups unbedingt vermeiden.
Vor diesem Hintergrund sollte die Buchführung in der Regel besser in die Hand eines Experten gegeben werden. Wer daran spart, spart oft an der falschen Stelle. Ein Beispiel aus der Immobilienbranche verdeutlicht den Grundgedanken: Der Bauherr hat nur dann lange Freude an seinem neuen Haus, wenn das Fundament durch eine professionelle Baufirma errichtet wurde.
Start-ups sollten Kostendenken vermeiden und Investitionen erkennen
Wer gemeinhin von Kosten spricht, der meint damit: Das Geld ist weg. Diese Denkweise geht davon aus, dass einer Geldzahlung entweder kein oder nur ein geringer Gegenwert gegenübersteht. Dieser Ansatz ist aber oft wenig zielführend. Viel spannender ist die Frage, welcher Gegenwert der Geldzahlung gegenübersteht. Gibt es einen Gegenwert, handelt es sich vielmehr um eine Investition.
Jeder Unternehmer muss Investitionen tätigen und Investitionsentscheidungen treffen, ganz besonders am Anfang. Denn eine Unternehmensgründung erfordert Wachstum und Wachstum kostet immer Geld. Das ist am Beginn des Lebenszyklus eines Unternehmens auch völlig normal. Wichtig ist eher, schneller die kritische Größe zu erreichen, um die Gewinnschwelle zu überschreiten.
Bei unternehmerischen Entscheidungen müssen Kosten und Nutzen also bewusst gegeneinander abgewogen werden, um den Investitionswert zu ergründen. Dabei hilft oft schon die simple Frage: „Was kostet es mich, wenn ich diese Entscheidung nicht treffe?“
Fehler 4: Keine Experten hinzuziehen
Ein professioneller Businessplan hilft nur bedingt, wenn er unvollständig oder fehlerhaft ist. Ob das der Fall ist, kann man oft jedoch nicht auf den ersten Blick erkennen. Denn viele Punkte des Businessplans sind Neuland für Gründer, welche insbesondere die rechtliche und steuerliche, oft aber auch die betriebswirtschaftliche Seite der Existenzgründung noch nicht einschätzen können. Davon abgesehen können aber auch branchenspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen sein, bei welchen Existenzgründern einfach noch Erfahrung fehlt.
Das ist auch der Grund, weshalb bereits bei der Gründung Experten in die Vorbereitungen zum Geschäftsmodell einbezogen werden sollten. Zum einen hilft das, teure Fehler zu vermeiden. Zum anderen kann es aber auch helfen, das Geschäftsmodell zu verbessern. Für Gründer, die mit Ihrem Unternehmen Mitglied einer Kammer werden (bspw. IHK oder HWK), sind bspw. die regionalen Niederlassungen gute Anlaufstellen. Darüber hinaus bieten bspw. auch Existenzgründer-Netzwerke (bspw. an Hochschulen) oft eine Existenzgründungsberatung an. In rechtlichen bzw. steuerlichen Fragen dürfen hingegen nur zugelassene Rechtsanwälte bzw. Steuerberater beraten. Gute Informationsquellen mit vielen weiterführenden Informationen bieten aber bspw. auch die Wirtschaftsministerien des Bunds und der Länger (s. bspw. das Existenzgründungsportal des Bundeswirtschaftsministeriums). Auch Banken (bspw. lokale Sparkassen und Volksbanken) können gute Ansprechpartner sein.
Es kann aber auch sinnvoll sein, Gründungsberater zu beauftragen und den Businessplan durch einen Experten erstellen zu lassen, damit keine Fehlinvestitionen getätigt werden. Auch Gründungsberater kosten Geld, jedoch ist das eine Investition in das eigene Unternehmen. Zudem besteht ggf. die Möglichkeit, hierfür eine staatliche Förderung in Anspruch zu nehmen. Start-ups sollten also den Fehler vermeiden, keine externe Hilfe anzunehmen.
Fehler 5: Sich nicht über Förderprogramme informieren
Nicht vergessen werden darf, dass es in Deutschland zahlreiche Förderprogramme gibt, die Unternehmen ggf. in Anspruch nehmen können. Unter Umständen fallen damit faktisch sogar überhaupt keine Kosten an, wenn bspw. eine kostenpflichtige Gründungsberatung gefördert werden kann. Da aber Förderprogramme oftmals vorsehen, dass ein Antrag bereits vor der Umsetzung eines förderfähigen Projekts gestellt werden muss, wäre ein übereiltes Handeln fehl am Platz. Existenzgründer sollten hier gezielt planen und sich vorab informieren, um ihre potentiellen Förderprivilegien nicht zu verlieren.
Die verfügbaren Förderprogramme unterstützen junge Unternehmen bei der Finanzierung ihrer Geschäftsvorhaben. Das geschieht entweder in der Form von Fremd-, Eigenkapital oder Zuschüssen. Fremdkapital kann zu Sonder-Konditionen von der KfW bezogen werden, wobei eine direkte Beantragung nicht möglich ist. Stattdessen ist immer eine Hausbank erforderlich, die das Vorhaben begleiten möchte und die einen KfW-geförderten Kredit beantragt. Eigenkapital durch externe Mitgesellschafter ist seltener zu bekommen und steht auch hauptsächlich nur Technologie-Start-ups zur Verfügung (bspw. coparion, High-Tech Gründerfonds). Zuschüsse sind im Rahmen der BAFA-Förderung möglich.
Fehler 6: Sozialversicherung und Altersvorsorge vernachlässigen
Es sollte nicht notwendig sein, diesen Punkt hervorzuheben, er ist es aber. Die eigene Absicherung im Rahmen der Sozialversicherung und Altersvorsorge ist Pflicht und es kann sich später sehr rächen, sich darum nicht gekümmert zu haben. Jeder altert, kann schwer erkranken oder einen Unfall haben und deswegen bspw. auch an der Ausübung seines Berufs gehindert sein. Eine Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherung gehört zu den Mindestabsicherungen eines verantwortungsvollen Unternehmers.
Ob eine zusätzliche Absicherung durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder andere Erwerbsunfähigkeitsversicherungen notwendig ist, das muss jeder Unternehmer für sich selbst entscheiden. Die Praxis zeigt, dass es hier öfter zu Streitigkeiten über die potentielle Leistungspflicht des Versicherers kommt, sodass hier ggf. sogar noch der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung bei einem anderen Versicherer sinnvoll sein kann. Die Unternehmer hinter Start-ups sollten also den Fehler vermeiden, die eigene Absicherung zu vernachlässigen.